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       # taz.de -- Raed Saleh und die Vergesellschaftung: Plötzlich Kommunist
       
       > SPD-Fraktionschef Saleh fordert vom Senat mehr Tempo beim Rahmengesetz
       > zur Vergesellschaftung. Die Reaktionen auf den Vorstoß fallen sarkastisch
       > aus.
       
   IMG Bild: Macht jetzt richtig Druck für eine revolutionäre Zeitschiene: SPD-Fraktionschef Raed Saleh
       
       Berlin taz | Raed Saleh entdeckt sein Herz für die Vergesellschaftung von
       Wohnungsunternehmen. Das Land Berlin dürfe nicht „einfach tatenlos
       zuschauen“, wenn Vonovia und andere Konzerne die Mieten in der Stadt, wie
       jüngst angekündigt, um bis zu 15 Prozent erhöhen, erklärte der
       SPD-Fraktionschef am Mittwoch.
       
       Seine Forderung: Es brauche mehr Tempo bei der im Koalitionsvertrag
       vereinbarten Erarbeitung eines Vergesellschaftungsrahmengesetzes. Zumindest
       wolle er „jetzt eine Zeitschiene“ vom Senat sehen, „bis wann ein
       entsprechendes Gesetz als Entwurf ausgearbeitet wird“.
       
       Falls sich der Senat dem verweigere, werde seine SPD-Fraktion „noch in der
       Legislaturperiode selbst parlamentarisch einen Gesetzentwurf vorlegen und
       unserem Koalitionspartner präsentieren“, so Saleh.
       
       Mit dem vor eineinhalb Jahren von CDU und SPD als Regierungsziel
       ausgegebenen Rahmengesetz sollen eigentlich nur „Kriterien für eine
       Vergesellschaftung“ nach Artikel 15 Grundgesetz „definiert“ werden.
       [1][Kritiker:innen sahen darin von Beginn an eine Nebelkerze], um die
       Umsetzung des Volksentscheids „Deutsche Wohnen & Co enteignen“ von 2021 zu
       torpedieren.
       
       ## Opposition zweifelt an Glaubwürdigkeit
       
       Tatsächlich ist seit dem Amtsantritt des Senats im Frühjahr 2023 in der
       Hinsicht nichts passiert. Nicht einmal beim eigenen
       Kriteriendefiniergesetz. Stattdessen erklärte Senatschef Kai Wegner (CDU)
       im April: „Mit mir als Regierendem Bürgermeister wird es Enteignungen von
       Wohnungsunternehmen in dieser Stadt nicht geben. Punkt.“ Kaum anders hatte
       sich in der Vergangenheit die Ex-Regierende und heutige
       SPD-Wirtschaftssenatorin Franziska Giffey geäußert.
       
       Dementsprechend uneuphorisch fallen nun die Reaktionen auf den Vorstoß von
       SPD-Fraktionschef Raed Saleh aus. So erinnert die Grünen-Abgeordnete Katrin
       Schmidberger daran, dass sich die „Dauerregierungspartei SPD“ seit 2021 bei
       allen Versuchen, „aus der Mietpreisspirale herauszukommen“, als
       „Bremsklotz“ erwiesen hätte.
       
       „Es wäre daher allen Mieter:innen geholfen, wenn die SPD nicht nur
       schöne Sommerinterviews gibt, sondern Mieterschutz auch ernsthaft umsetzt“,
       sagt Schmidberger zur taz. Doch selbst hier sei die SPD-Bilanz „mehr als
       mau“, vom längst auf Eis gelegten Thema Vergesellschaftung ganz zu
       schweigen.
       
       Niklas Schenker von der Linken nennt die Ankündigung von Saleh gegenüber
       der taz „geradezu zynisch und wenig glaubwürdig, nachdem die SPD drei Jahre
       die Umsetzung des Volksentscheids verhindert hat“. Sollte es eine ehrliche
       Meinungsänderung der Sozialdemokrat:innen geben, seien die
       Abgeordneten der Linksfraktion „die ersten, die mit größter Freude ein
       Vergesellschaftungsgesetz im Parlament beschließen“, so Schenker.
       
       Ähnlich sarkastisch reagiert man bei der Vergesellschaftungs-Initiative
       Deutsche Wohnen & Co enteignen. „Schön, dass Raed Saleh aufgewacht ist und
       merkt, dass die Mieten steigen“, sagt Sprecher Achim Lindemann zur taz. Wie
       Katrin Schmidberger und Niklas Schenker weist dann auch Lindemann darauf
       hin, [2][dass die SPD als Teil des Senats „die Vergesellschaftung seit 2021
       aktiv blockiert“].
       
       Raed Saleh selbst habe auch nie den Kontakt zu Deutsche Wohnen & Co
       enteignen gesucht oder im Sinne der Initiative gehandelt. Zudem sei die
       Forderung weder ausreichend noch zielführend, so Lindemann: „Anstelle eines
       sinnlosen Rahmengesetzes sollte ein echtes Vergesellschaftungsgesetz
       geschrieben werden.“
       
       An einem solchen arbeitet die Initiative seit einer Weile selbst.
       [3][Spätestens 2025 will man ein fertiges Vergesellschaftungsgesetz
       vorlegen]. Lindemann sagt: „Wir kommen mit unserem Gesetz sehr gut voran.“
       Wenn der Senat den Prozess, wie angenommen, weiter blockiert, will Deutsche
       Wohnen & Co enteignen ein neues Volksbegehren auf Grundlage dieses Gesetzes
       starten. Sollte der anschließende Volksentscheid erfolgreich sein, träte
       das Gesetz sofort in Kraft. Völlig unabhängig von der SPD.
       
       7 Aug 2024
       
       ## LINKS
       
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       ## AUTOREN
       
   DIR Rainer Rutz
   DIR Erik Peter
       
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