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       # taz.de -- Demonstration gegen Gewalt an Frauen: Glaubt den Opfern, nicht Boateng
       
       > Kasia Lenhardts Familie will die Verbreitung eines Bild-Interviews mit
       > Jérôme Boateng verhindern. Vor der Gerichtsverhandlung gibt es eine
       > Soli-Demo.
       
   IMG Bild: Fußballer Jérôme Boateng am 19. Juli im Landgericht München
       
       Berlin taz | Wie macht man auf etwas aufmerksam, das jeden Tag passiert,
       aber meist im Verborgenen bleibt?
       
       Vor dem Kammergericht in Schöneberg steht Zoe Anthea Kraft. Sie ist
       gekommen, um gegen [1][Gewalt gegen Frauen zu demonstrieren, eine Gewalt,
       die Alltag ist.] Jede dritte Frau in Deutschland wird mindestens einmal in
       ihrem Leben Opfer von physischer oder sexualisierter Gewalt. Und fast jeden
       dritten Tag wird eine Frau in Deutschland von ihrem Partner oder Ex-Partner
       getötet.
       
       Im Gerichtssaal, vor dem Kraft steht, wird gleich eine Verhandlung
       stattfinden. Vor Gericht wird jemand stehen, der vor [2][Kurzem in München
       wegen Gewalt an seiner Ex-Partnerin und der Mutter seiner Kinder verurteilt
       wurde]: der Profifußballspieler Jerôme Boateng.
       
       Heute geht es um ein anderes mutmaßliches Opfer. Die Mutter von Boatengs
       [3][Ex-Partnerin Kasia Lenhar][4][dt] kämpft darum, die weitere Verbreitung
       eines Bild-Interviews zu verhindern, in dem Boateng Lenhardt
       diskreditierte, ihr vorwarf, ihn zerstören zu wollen. Lenhardt wurde in
       sozialen Medien mit Hassnachrichten und Drohungen geflutet und beging
       wenige Wochen später Suizid. Die Bild kassierte für das Interview mehrere
       Rügen des Presserats. Boateng hat sich für die Äußerungen bislang nicht
       öffentlich entschuldigt.
       
       Zoe Anthea Kraft erzählt, dass sie in einer vergangenen Beziehung selbst
       Betroffene von häuslicher Gewalt war. Sie habe erlebt, dass ihr sogar im
       Freundeskreis nicht geglaubt wurde, als sie von ihren Erlebnissen
       berichtete. „Das kann gar nicht sein, der ist doch immer so nett“, hätten
       Bekannte gesagt. Solche Erlebnisse würden die Hemmschwelle steigern, sich
       an die Polizei zu wenden. „Glaubt den Opfern!“, fordert sie.
       
       ## Last wird auf dem Opfer abgelegt
       
       Neben Kraft steht auch die Cousine von Boatengs anderem Opfer. [5][Sie hat
       die Gerichtsverhandlung in München verfolgt.] „Mir hat währenddessen
       manchmal der Mund offen gestanden“, berichtet sie. Es habe sie schockiert,
       wie viel Last auf dem Opfer der Gewalt abgelegt wurde. Die Richterin habe
       ihre Cousine gefragt, warum sie ihren gewalttätigen Partner nicht früher
       verlassen habe, und so die Verantwortung für Boatengs Taten auch seinem
       Opfer zugeschoben.
       
       „Das hat was mit mir gemacht“, sagt sie, deswegen ist sie heute hier,
       obwohl sie selbst solche Art von Gewalt nicht erlebt hat. Aber sie weiß,
       dass Betroffene manchmal so verletzt und traumatisiert sind, dass sie
       jemanden anderen brauchen, der für sie einsteht. Genau das will sie vor dem
       Kammergericht in Berlin tun. Sie ist außerdem hier, um sich mit der Familie
       von Lenhardt solidarisch zu zeigen.
       
       Die Gruppe vor dem Gerichtsgebäude ist kleiner als die Anmelderinnen der
       Demonstration gehofft haben, etwa zehn Menschen sind gekommen. Im Kreis
       stehen sie nahe beisammen, überlegen, wie sie jetzt weitermachen. Die
       Entscheidung fällt schnell: Sie werden sich in den Gerichtssaal setzen,
       Platz einnehmen und Präsenz zeigen.
       
       8 Aug 2024
       
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