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       # taz.de -- das portrait: Andreas Toba turnt zum vierten Mal bei Olympischen Spielen
       
   IMG Bild: Findet trotz vieler Verletzungen immer wieder zur Form zurück: Andreas TobaFoto: Marijan Murat/dpa
       
       Er habe noch nie so hart trainiert wie in diesem Jahr, sagt Andreas Toba
       über seine vierte Olympiateilnahme in Paris. Zum ersten Mal war der
       33-jährige Kunstturner aus Hannover 2012 in London dabei, wo er mit der
       Mannschaft einen siebten Platz erreichte. Auch 2016 in Rio de Janeiro
       erreichte die Mannschaft das Finale – weil Toba trotz einer
       Kreuzbandverletzung noch seine Übung am Pauschenpferd turnte. „Ich habe
       überhaupt nicht darüber nachgedacht, was andere denken“, sagt er heute über
       damals. „Für mich stand immer die Mannschaft im Vordergrund. Ich wollte
       unbedingt weiter turnen, damit wir die Punkte bekommen.“ Starke Schmerzen
       hatte er nicht: „Das Knie hat sich instabil angefühlt, aber als ich gemerkt
       habe, dass ich trotzdem noch weiter turnen kann, war klar, dass ich das tun
       muss.“ Der Einsatz zahlte sich aus, die deutsche Mannschaft erreichte das
       Finale, in dem Toba nicht mehr turnen konnte. Seitdem ist er als „Hero de
       Janeiro“ bekannt.
       
       Nach der Operation wollte das Knie nicht abschwellen, es kam zu einer
       Infektion, die einen erneuten Krankenhausaufenthalt und viel Antibiotikum
       erforderte. In der letzten Rehastunde riss auch noch der Meniskus. „Als
       ich so lange im Krankenhaus lag, hab ich mich schon gefragt, was passiert,
       wenn das nichts mehr wird“, sagt Toba rückblickend.
       
       Toba kommt aus einer Kunstturner-Familie. Sein Vater, der
       rumänisch-deutsche Turner Marius Toba, nahm zweimal an den Olympischen
       Spielen teil, 1988 in Seoul und 1996 in Atlanta. „Papa hat mich immer in
       die Halle mitgenommen. Aber dass ich auch selbst Kunstturner werden möchte,
       war mir erst als Jugendlicher klar“, sagt Toba. Seitdem trainierte er ganz
       gezielt, um in die Fußstapfen des Vaters zu treten.
       
       Eine Alternative zum Turnen gab es für ihn trotz der langwierigen
       Verletzungen nicht: „Ich wusste immer, dass ich zurück muss“, sagt er. Sein
       unermüdlicher Ehrgeiz zahlte sich aus. 2019 holte er bei den Deutschen
       Turnmeisterschaften Gold am Reck und Silber an den Ringen, wurde Turner
       des Jahres. 2021 holte Toba bei den Europameisterschaften die
       Silbermedaille am Reck. Bei den Olympischen Spielen 2021 in Tokio schaffte
       er es mit der Mannschaft auf den 8. Platz. Vergangenes Jahr bei den
       Weltmeisterschaften in Antwerpen bekam er erneut eine Knieverletzung,
       wieder schaffte er es zurück, holte dieses Jahr bei den Deutschen
       Meisterschaften Gold am Reck.
       
       Das Training füllt den gesamten Alltag. „Dafür lief die Qualifikation
       wahrscheinlich auch so gut“, sagt er stolz. Vor rund einer Woche ist
       Andreas Toba mit seiner Mannschaft mit dem Zug von Frankfurt nach Paris
       aufgebrochen. „Ich erhoffe mir natürlich, die Übungen so sauber wie
       möglich zu performen.“ Als Ältester im Team bringt er die meiste Erfahrung
       mit: „Auf geht's Jungs, kommt“, sagt er vor der Qualifikation am Samstag
       und klatscht dabei in die Hände.
       
       „Das Schönste ist natürlich, zusammen mit der Mannschaft im Finale zu
       stehen“, sagt er. Fürs Teamfinale reichte es in Paris allerdings nicht. Für
       ihn selbst lief es trotzdem gut, auch wenn er das Reckfinale knapp
       verpasste: Alle Übungen turnte Toba ohne Schwierigkeiten. „Auf Andy ist
       eben Verlass“, meinte auch der Kommentator beim Livestream am Samstag. Beim
       Abgang vom Reck hatte Toba ein breites Grinsen im Gesicht. Er hat es
       geschafft. Ein viertes Mal Olympia. Glücklich streckt er die Faust in die
       Luft. Und dann rollt eine Glücksträne aus dem Augenwinkel.
       
       Rio liegt jetzt acht Jahre zurück. Der Einsatz, den er heute für das Turnen
       und seine Mannschaft an den Tag legt, ist der gleiche wie damals. Johanna
       Weinz
       
       29 Jul 2024
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Johanna Weinz
       
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