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       # taz.de -- Geplante Asylunterkunft in Leipzig: Proteste nach Brandanschlag
       
       > An einer geplanten Asylunterkunft in Leipzig wird Feuer gelegt, die Wände
       > rassistisch beschmiert. Nun gibt es Proteste für und gegen die
       > Unterkunft.
       
   IMG Bild: Flüchtlingsunterkunft im Süden von Leipzig. 8.000 Plätze fehlen
       
       Leipzig taz | „Es wichtig, dass wir heute hier sind, denn das Problem sind
       nicht die Flüchtlinge, sondern die rechte Hetze“, betont der Leipziger
       Grünen-Politiker Jürgen Kasek zum Auftakt des linken Gegenprotests. Um die
       50 Personen, vor allem junge Erwachsene und Familien mit Kindern haben sich
       am vergangenen Samstag im Leipziger Stadtteil Thekla gegenüber einer
       geplanten Unterkunft für Geflüchtete versammelt.
       
       Vor knapp einer Woche wurde hier ein Feuer gelegt, der mutmaßliche Täter:
       ein 24-jähriger Anwohner. Am Samstag ist die Brandstelle noch zu sehen,
       ebenso wie die „not welcome“-Schmierereien an den Gebäuden. Viereckige
       Plastikplanen kleben provisorisch über Hakenkreuzen. Die Teilnehmenden
       halten Schilder hoch, auf denen „Für ein buntes Thekla“ und „Refugees
       Welcome“ steht. Sie sind hier, um für die geplante Unterkunft zu
       protestieren.
       
       Nur eine Straßenecke entfernt stehen Menschen, die das anders sehen. Dort
       hat sich ein Protest „besorgter“ Bürger:innen zusammengefunden, die die
       Asylunterkunft verhindern wollen. Eigentlich wurde der Protest gegen die
       Unterkunft vom ursprünglichen Anmelder, Philip Weber, kurzfristig abgesagt.
       
       Trotzdem haben sich 200 Menschen spontan zusammengefunden. Unter den
       Teilnehmenden sind viele Rentner:innen. Einige wenige tragen rechtsextreme
       Symbole auf der Kleidung. Ein älterer Mann hält ein Schild hoch, mit der
       [1][Aufschrift „Remigration, jetzt“].
       
       ## CDU kritisiert Informationspolitik der Stadt 
       
       Gekommen ist auch Holger Gasse, der für die CDU-Fraktion im sächsischen
       Landtag sitzt. Gasse ist der Meinung, die Stadt habe in Bezug auf die
       Nutzung der Unterkunft schlecht kommuniziert und die Gerüchteküche brodeln
       lassen.
       
       Man müsse die Ängste der Anwesenden ernster nehmen. Dennoch stellt er klar,
       der Brandanschlag gegen die Unterkunft sei „kein demokratisches Mittel“.
       Seine Rede wird mehrfach durch Zwischenrufe unterbrochen, einige
       skandieren: „Wir wollen die AfD.“ Diese hatte den Protest zuvor maßgeblich
       angeheizt und bereits einen Änderungsantrag gegen die Nutzung der
       Unterkunft im Stadtrat eingereicht.
       
       Mitte Juli hatte die Stadt Leipzig bekannt gegeben, den Neubau für die
       Unterbringung von Geflüchteten anzumieten. Daraufhin forderte die
       Bürgerinitiative Leipzig-Thekla in einem offenen Brief an den Leipziger
       Oberbürgermeister Burkhard Jung, man solle von der geplanten Nutzung
       absehen und die Gebäude, wie ursprünglich geplant, als Senior:innenheim
       einsetzen. Es hieß, der Ort sei für eine Asylunterkunft ungeeignet und die
       Nähe zu einer Schule und einem Kindergarten bereite den
       Unterzeichner:innen Sorge.
       
       Auf Nachfrage der taz schreibt die Stadt Leipzig, man habe die Gebäude vom
       Eigentümer zur Anmietung für die Unterbringung Geflüchteter angeboten
       bekommen. Eine Nutzung für Seniorenwohnen sei dem Leipziger Sozialamt nicht
       bekannt und habe auch während der Verhandlungen mit dem Eigentümer keine
       Rolle gespielt.
       
       Die lokale Bürgerinitiative verurteilte den Brandanschlag, aber blieb bei
       ihrem Standpunkt. Ihr Protest richte sich ausdrücklich nicht gegen
       Ausländer oder Flüchtlinge, hieß es in einer Stellungnahme. Doch das
       scheinen auf der Demo nicht alle so zu sehen. Ein Teilnehmer ruft: „So ein
       Luxusgebäude für Ausländer, das darf nicht sein.“ Eine Frau fragt: „Hat uns
       mal jemand gefragt, ob die herkommen dürfen?“
       
       ## Klare Worte gegen rechts 
       
       Juliane Nagel, asylpolitische Sprecherin der Linksfraktion im sächsischen
       Landtag, ist zum linken Gegenprotest gekommen. Es sei okay, wenn „Menschen
       Fragen oder Kritik haben“, aber das gehe „stark in die Richtung von
       Rassismus“. Auch der Zeitpunkt des Protests kurz nach einem Brandanschlag
       sei ungünstig.
       
       Im Vorfeld hatte der ursprüngliche Anmelder Philip Weber auch über Kanäle
       der [2][extrem rechten Partei der Freien Sachsen] um Unterstützung gebeten.
       „Damit wird rechte Gewalt in Kauf genommen“, kritisiert Nagel. Sie sei
       froh, dass es nun ein richtiges Haus mit dieser Aufnahmekapazität für
       Geflüchtete gebe. Es habe zuletzt mehrere Beschwerden von
       Bewohner:innen in Zeltunterkünften gegeben. Zudem müsse Leipzig dieses
       Jahr noch rund 8.000 Plätze für Geflüchtete schaffen.
       
       Brandanschläge und Bürgerinitiativen, die [3][gegen geplante
       Asylunterkünfte] protestieren, sind kein Einzelfall in Sachsen. In den
       letzten Jahren kam es zu einer Reihe von Anschlägen und Protesten, wie
       gegen eine (geplante) Asylunterkunft in Bautzen, Beucha oder
       Regis-Breitlingen.
       
       29 Jul 2024
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Hintergrund-des-Begriffs-Remigration/!5987412
   DIR [2] /Freie-Sachsen-bei-Kommunalwahl-Sachsen/!6016578
   DIR [3] /Gewalt-gegen-Gefluechtete/!5948095
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Chiara Swenson
       
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