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       # taz.de -- Elvis Presley in Bad Nauheim: Wo der King mal zu Hause war
       
       > In der hessischen Kurstadt Bad Nauheim kann man sich eine frische
       > Meeresbrise gönnen. Und man bekommt dort Rock and Roll, immer mit Elvis
       > im Blick.
       
   IMG Bild: King Elvis sorgt weiterhin für Begeisterung
       
       Bad Nauheim taz | Die Gradierbauten in Bad Nauheim sind schon seltsame
       Gebilde. Durch eine raffinierte Technik wird das Wasser zur Salzgewinnung
       auf den Gradierbau gepumpt, dann rieselt es von den zehn Meter hohen Wänden
       herunter. Ein Teil verdunstet und der Salzgehalt der Sole steigt. Vor allem
       bei hochsommerlichen Temperaturen ist es in der Nähe des Gradierwerks
       angenehm kühl. Besonders Menschen mit Atemwegserkrankungen profitieren von
       dem durch das herunterrieselnde Wasser entstehenden Klima, das hier in der
       hessischen Kurstadt wie eine Meeresbrise erfrischt. Auch wenn die
       mauerartigen, düsteren Gebilde, die von unzähligen wuchtigen Pfeilern
       gestützt werden, schon sehr martialisch aussehen.
       
       Doch Abkühlung tut in einer Stadt immer gut, vor allem im August, und da
       wird es in Bad Nauheim beim alljährlichen [1][European Elvis Festival]
       richtig heiß. Ungezählte Fans aus der ganzen Welt reisen dann an, um ihrem
       Idol zu huldigen, das am 16. August 1977 verstarb. Elvis has left the
       building? Von wegen.
       
       ## Cadillacs und Schmalztollen
       
       Die irdische Bühne hat der Sänger zwar längst verlassen, doch in Bad
       Nauheim lebt er seit 2002, als das erste Elvis-Festival tobte, weiter.
       Zwangspausieren mussten Elvis & Co lediglich, als Corona das Land
       lahmlegte. Diese freudlose Zeit ist zum Glück vorbei und so fluten wieder
       pastellfarbene Cadillacs und Schmalztollen den Ort, Sehen und Gesehen
       werden. Elvis-Merchandise, Petticoat und Pferdeschwanz dominieren das
       Stadtbild, alles andere ist dann unwichtig. So eine Abkühlung in
       Salinennähe ist da doch sehr erfrischend und willkommen.
       
       Das Fifties-Feeling des Festivals ist grenzenlos, zudem wird es stets von
       einem beschwingten musikalischen Rahmenprogramm begleitet. Ein Hotelzimmer
       kurzfristig buchen? Damit wird man nur Heiterkeit ernten, es ist längst
       alles ausgebucht. Die wahren Fans planen natürlich immer schon im Voraus
       für das nächste Jahr. Für den Tourismus in Bad Nauheim ist Elvis somit ein
       echter Glücksfall.
       
       Und das kam so: Bad Nauheim ist tatsächlich der einzige Ort in Deutschland,
       in dem Elvis Presley längere Zeit seinen Wohnsitz hatte. Im Jahr 1958 kam
       er nach Deutschland, um hier seinen Militärdienst abzuleisten, ergriff aber
       schnell aus der benachbarten Ray Barracks in Friedberg die Flucht: zu eng,
       zu piefig, Rock ’n’ Roll sieht anders aus. Immerhin war Elvis da schon der
       King of Rock and Roll. Nach einem kurzen Aufenthalt in einem Hotel mietete
       er für sich und seine Entourage eine ganze Etage in der Villa Grunewald an
       der Terrassenstraße. Hier residierte er vom 11. Oktober 1958 bis zum 3.
       Februar 1959. Er zog noch einmal in die Goethestraße 14 in ein Privathaus
       um, um dann am 2. März 1960 endgültig die Stadt zu verlassen, in der er
       auch seine spätere Ehefrau Priscilla kennengelernt hat.
       
       Bei einer Elvis-Führung kann man sich auf die Spuren des Idols begeben. Das
       reicht vom Friseur Hemer, der ihm immer minutiös seine Tolle geformt hat,
       bis hin zur Geburtstagstorte anlässlich seines 24. Geburtstags im Café
       Bienenkorb in der Hauptstraße 3. Auch in Salinennähe hat er sich gern
       aufgehalten: am Gradierbau IV/V spielte Elvis regelmäßig Fußball.
       
       Zum Abschlussgebet aller Elvis-Jünger geht es natürlich immer auch zur
       Gedenktafel vor der Villa Grunewald. Dann mag man noch im Restaurant
       Pfälzer Hof in der Hauptstraße 46 vorbeischauen. Dorthin hatte die
       Deutsch-Amerikanische Gesellschaft den Star am 23. Januar 1959 zu einem
       Abendessen eingeladen. Da sieht es tatsächlich aus wie in einer
       Zeitmaschine. Als wäre der King gerade erst zur Tür hinausgegangen. Was
       eben den Charme dieser Station ausmacht, über dessen Fußboden Elvis einst
       ging.
       
       ## Elvis in Uniform und Bronze
       
       Sogar in Bronze gegossen hat man die Rock-’n’-Roll-Legende, und da steht
       Elvis auf einmal lebensgroß vor einem, lehnt lässig in Uniform an einem
       Geländer über dem Flüsschen Usa. 3D-Druck machte es möglich, eine hessische
       Gießerei sorgte für den Rest. Ein beliebtes Fotomotiv, wie auch der Ort, an
       dem das Foto für die Elvis-Single [2][„A Big Hunk o’ Love“] mit dem Sänger
       an einer Wand vor dem Bad Nauheimer Burgtor in der Altstadt entstand. Oft
       versuchen Fans, die Szene für die Kamera nachzustellen.
       
       Was hätte Elvis wohl dazu gesagt? Und was mögen Elvis und Priscilla über
       den wunderschönen Sprudelhof der Bad Nauheimer Kuranlage im reinsten
       Jugendstil gedacht haben? Verewigt hat Elvis den jedenfalls in seinen Songs
       nicht, „One for the money, two for the Sprudelhof“ klänge ja auch ziemlich
       blöd.
       
       Noch einmal geht es zurück zu einem der Gradierbauten. Noch heute kicken am
       Gradierbau IV/V Kids. Dort, wo auch Elvis Fußball spielte. Vielleicht ist
       ja wieder ein zukünftiger Weltstar dabei.
       
       13 Aug 2024
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://www.epg-ev.de/european-elvis-festival
   DIR [2] https://en.wikipedia.org/wiki/A_Big_Hunk_o'_Love
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Bettina Müller
       
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