URI: 
       # taz.de -- Die Wahrheit: Eine Segelfahrt, die ist lustig
       
       > Hinaus, hinaus aufs Wasser, fragt sich nur per welchem
       > Fortbewegungsmittel: Von gemischten Gefühlen auf der Jolle, ob um die
       > Insel oder aufm Festland.
       
       Segler sind ausgeglichene Menschen. Die meisten jedenfalls. Ich bin in
       meinem Leben zwei Mal gesegelt, das erste Mal mit drei schwedischen
       Eishockeyspielern, die beim Berliner Schlittschuh-Club unter Vertrag
       standen. Wir stachen von Göteborg aus in See, als mich der Baum, an dem das
       Segel befestigt ist, traf und in das Kattegat beförderte. Ich bekam gerade
       noch die Boje zu fassen, die hinten ans Boot gebunden war. Keiner der
       Mitsegler hatte bemerkt, dass ein Mann über Bord gegangen war. Sie
       glaubten, ich sei unter Deck, um für alkoholischen Nachschub zu sorgen.
       
       Bei meinem zweiten Segeltörn war es ganz anders: Auf dem Chiemsee herrschte
       völlige Windstille, sodass das Boot langsam ins Schilf trieb. Der
       Bootsbesitzer und ich sprangen freiwillig über Bord, um das Boot wieder auf
       den See zu schieben. Nach einer halben Stunde brachen wir den Segelversuch
       ab.
       
       Die Iren müssten eigentlich erfolgreiche Segler sein, sind sie doch vom
       Wasser umgeben. Bei den Olympischen Spielen in Paris sind sie zwar eine der
       erfolgreichsten Nationen, wenn man es auf die Bevölkerungszahl umrechnet,
       aber beim Segeln sind sie leer ausgegangen.
       
       Immerhin wurden sie diesmal nicht disqualifiziert wie bei Olympia in Tokio.
       Robert Dickson und Seán Waddilove wurden ausgeschlossen, weil eines ihrer
       Trapeze, mit denen man an Drähten an der Seite des Bootes hängt, die
       zulässige Gewichtsgrenze überschritten hatte. Ihre Erklärung war
       medaillenverdächtig: Die wasserdichte Schicht am Gurt sei abgenutzt
       gewesen, sodass er sich voller Wasser gesogen hatte und deshalb zu schwer
       war.
       
       ## Ein gar vorbildlicher Bürger
       
       Manche Segler neigen hingegen zu Wutanfällen. Der 70-jährige Steven Gillman
       glaubte, dass sich jemand über seine Schiedsrichterfähigkeiten während
       eines Billardturniers im Jachtklub in Dún Laoghaire bei Dublin lustig
       gemacht habe. Daraufhin ist der „vorbildliche Bürger“, wie ihn seine
       Segelfreunde bezeichnen, über den gleichaltrigen Spötter hergefallen. Das
       Opfer erlitt eine gebrochene Augenhöhle und eine verrutschte Augenlinse und
       benötigte umfangreiche medizinische Versorgung.
       
       Wenigstens hat er überlebt. Thomas Ince, einem Filmproduzenten, war das
       nicht vergönnt. Er starb 1924, nachdem er von William Randolph Hearst, dem
       Zeitungsmogul, auf dessen Jacht „Oneida“ erschossen worden war. Es war wohl
       ein Versehen, Hearst wollte eigentlich Charlie Chaplin erschießen, weil er
       glaubte, dass der Schauspieler eine Affäre mit Hearsts Geliebten Marion
       Davies hatte. Bei dem Handgemenge an Bord traf er aber versehentlich Ince.
       Hearst soll der Witwe Schadensersatz bezahlt haben, um die Sache zu
       vertuschen.
       
       Ich habe nach meinen Erlebnissen im Kattegat und auf dem Chiemsee nie
       wieder ein Segelschiff betreten. Stattdessen miete ich bei Urlauben in
       Bayern stets ein Tretboot auf dem Chiemsee. Tretbootfahrer sind
       ausgeglichene Menschen.
       
       12 Aug 2024
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Ralf Sotscheck
       
       ## TAGS
       
   DIR Kolumne Die Wahrheit
   DIR Segeln
   DIR Irland
   DIR Bayern
   DIR Schwerpunkt Olympische Spiele 2024
   DIR Kolumne Die Wahrheit
   DIR Kolumne Die Wahrheit
   DIR Kolumne Die Wahrheit
   DIR Kolumne Die Wahrheit
   DIR Kolumne Die Wahrheit
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Die Wahrheit: Männer, die auf Klapptische starren
       
       „Raw dogging“ ist neben „Sunburst Make-up“ der wahrscheinlich dümmste Trend
       dieses Sommers – und es geht dabei nicht um ungeschützten Sex.
       
   DIR Die Wahrheit: Mit Nudelholz und Schlagstock
       
       Frauen im Polizeidienst galten in Irland lange Zeit als unerhört und
       verleiteten etliche Politiker prompt zu hanebüchenen Statements.
       
   DIR Die Wahrheit: Irischer Fußballmeister IRA
       
       Zum zweiten Mal in 137 Jahren wurde das nordirische Armagh Meister im
       Gaelic Football. Die Friede war riesig, wenn auch nicht bei allen
       Insulanern.
       
   DIR Die Wahrheit: Olympische Sabotage mit Hindernis
       
       Weiße Unterhemden mit irischer Trikolore: Vor über 50 Jahren nun lief ein
       olympisches Radrennen einst hochinteressant aus dem Ruder.
       
   DIR Die Wahrheit: Der Pannengott packt ein
       
       Rishi Sunak hat seine letzte Woche als Großbritanniens Regierungschef vor
       sich. Seine Bilanz liest sich desaströser als die seiner Vorgänger*innen.