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       # taz.de -- Dänemark gegen Kriminalität aus Schweden: „Schwedische Zustände“? Nej tak!
       
       > Mit schärferen Grenzkontrollen und der Polizei will Kopenhagen den
       > tödlichen Bandenkrieg abwehren, der sich von Schweden ausbreitet.
       
   IMG Bild: Dänische Polizistin bei der Spurensicherung nach einem Mordanschlag in Kopenhagen am vergangenen Donnerstag
       
       Härnösand taz | Dänemark hat genug. Nachdem dort in der ersten Augustwoche
       fünf junge Schweden wegen Mordversuchen festgenommen wurden, verschärfte
       die Regierung in Kopenhagen am Freitag die Grenzkontrollen zum Nachbarn.
       
       Mehr Beamte in den Zügen zwischen Malmö und Kopenhagen und gründlichere
       Analysen der Überwachungsbilder vom Autoverkehr auf der Öresundbrücke –
       unter anderem damit will Justizminister Peter Hummelgaard in Dänemark
       „schwedische Zustände“ verhindern.
       
       Der im Norden längst gängige Begriff steht für das Übel der organisierten
       Kriminalität, die sich in Schweden in den vergangenen Jahrzehnten besonders
       gravierend breitgemacht hat.
       
       Begonnen hatte sie mit kriminellen Motoradklubs in den 1990ern, bevor in
       Großstadtvororten zusätzlich [1][Banden basierend auf Herkunftsländern]
       entstanden.
       
       ## 137 Getötete in Schweden seit Anfang 2022
       
       Die [2][Gewalteskalation der Bandenkriege] belasten Politik, Polizei und
       Gesellschaft in Schweden seit Jahren nachhaltig. Meldungen über Schüsse
       oder Explosionen kommen phasenweise täglich.
       
       Jüngstes Beispiel: Am Samstagabend wurde ein 55-Jähriger in dem kleinen Ort
       Skurup in einem Wohnhaus erschossen. Im 37 Kilometer entfernten Malmö wurde
       Stunden später ein 25-Jähriger in einer Wohnung durch Schüsse verletzt.
       
       Ob die Taten zusammenhängen – und vielleicht auch noch die von vor zwei
       Wochen, als in Skurup schon einmal Schüsse fielen? Das schaue man sich
       natürlich an, noch sei nichts klar, erklärte die Polizei am Sonntag.
       
       137 Tote und 247 Verletzte bei 914 registrierten Schüssen zählte Schwedens
       Polizei zwischen Anfang 2022 und Mitte 2024. Wobei man im Juni zufrieden
       war, dass die Zahlen im laufenden Jahr gesunken seien und man viele
       geplante Taten verhindert habe.
       
       ## Schüsse, Sprengstoffattentate, Anschläge auf Angehörige
       
       Geschossen wird auf Menschen, aber auch zur Drohung auf Wohnungstüren. Auch
       Sprengstoffexplosionen in Hauseingängen kommen vor. Mittlerweile sind auch
       Familienangehörige von verfeindeten Bandenmitgliedern Ziel von
       Mordanschlägen, sogar völlig unbeteiligte Menschen wurden bereits getötet.
       Und die Täter wurden immer jünger.
       
       Anfang August klang es plötzlich ähnlich aus Dänemark: Zwei 25-jährige
       Schweden sollen in Kopenhagen eine Handgranate in einen Kiosk geworfen
       haben. Und drei schwedischen Teenagern, 16 und 17 Jahre alt, wird je ein
       Mordversuch mit Schusswaffen vorgeworfen. Alle drei sollen über
       Social-Media-Kanäle von dänischen Banden rekrutiert worden sein – in
       Schweden ein seit Jahren immer weiter verbreitetes Vorgehen.
       
       Das vergleichsweise geringe Strafmaß für Minderjährige senke die
       Hemmschwelle für die Taten. „Das sind vor allem junge schwedische Männer in
       einer unsicheren Situation, die etwa aus einem Heim, in dem sie
       untergebracht waren, abgehauen sind“, sagte Torben Svarer von der
       Nationalen Einheit für besondere Kriminalität dem dänischen Rundfunk DR. Es
       seien verletzliche junge Menschen. Aber: Sie sind offenbar bereit zu töten.
       
       „Das wollen wir hier natürlich nicht haben“, sagte der dänische
       Justizminister Peter Hummelgaard. Sein schwedischer Kollege Gunnar Strömmer
       (Moderate) zeigte vollstes Verständnis. „Ein natürlicher Schritt in der
       aktuellen Lage“, nannte er gegenüber der Nachrichtenagentur TT die
       verstärkten Grenzkontrollen.
       
       ## Justizminister spricht von „schwedischen Kindersoldaten“
       
       Es sei im Interesse beider Länder, die Entwicklung zu stoppen. Dazu
       beitragen soll auch eine Entsendung von dänischer Polizei nach Schweden für
       mehr direkte Zusammenarbeit.
       
       Hummelgaard hatte schon am Donnerstag nach einem Treffen mit Dänemarks
       Polizeichef erklärt, dass es seit April 25 Vorfälle mit schwedischen
       „Kindersoldaten“ gegeben habe. Den Begriff wähle er bewusst. Mehrere
       geplante Taten hätten verhindert werden können.
       
       In einem fünften Fall der letzten Woche – endgültiger Auslöser der neuen
       Maßnahmen – wurden am Donnerstag ein Mann in Kopenhagen erschossen und eine
       vorbeifahrende Radfahrerin verletzt. Ein Verdächtiger wurde am Wochenende
       festgenommen – ein Däne.
       
       11 Aug 2024
       
       ## LINKS
       
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       ## AUTOREN
       
   DIR Anne Diekhoff
       
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