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       # taz.de -- Prozess nach Anschlag auf Linken-Büro: Wirklich nur eine Böllerei?
       
       > Ein Paar soll das Linkenbüro in Oberhausen mit Sprengstoff zerstört
       > haben, gefunden wurden Nazi-Devotionalien. Doch es verneint ein
       > politisches Motiv.
       
   IMG Bild: Kurz nach dem Anschlag auf das Parteibüro der Linken in Oberhausen
       
       Duisburg taz | Vor dem Landgericht Duisburg hat am Montag der Prozess gegen
       zwei Rechtsextreme begonnen. Das polizeibekannte Paar aus Oberhausen soll
       Kontakte in die Reichsbürgerszene haben und einschlägig vorbestraft sein.
       Ihm wird zur Last gelegt, [1][einen Sprengstoffanschlag im Juli 2022 auf
       das damalige Zentrum der Linkspartei in der Innenstadt von Oberhausen
       verübt zu haben], das dabei komplett zerstört wurde.
       
       Laut einer Gerichtssprecherin soll ein Schaden von mehr als 6.000 Euro
       entstanden sein. „Fast genauso schlimm war, dass unsere politische Arbeit
       nur eingeschränkt stattfinden konnte“, sagt Fraktionsmitarbeiter Henning
       von Stolzenberg vor Prozessbeginn am Rande einer Kundgebung vor dem
       Landgericht der taz.
       
       Obwohl bei einer [2][Durchsuchung der gemeinsamen Wohnung des Duos im
       Februar dieses Jahres] Bilder von Adolf Hitler und andere
       verfassungsfeindliche Devotionalien sichergestellt wurden, bestritten
       Thomas L. und Nina S. am Montag vor Gericht vehement ein politisches Motiv
       der Tat. Beide sitzen seit rund sechs Monaten in U-Haft und beteuerten, der
       rechten Szene abgeschworen zu haben. Thomas L. befindet sich laut eigener
       Aussage in einem „Aussteigerprogramm“.
       
       Ob die Angeklagten aus politischen Motiven heraus handelten oder nicht,
       kann Auswirkung auf das Strafmaß haben. So oder so droht den beiden
       Beschuldigten eine Strafe von einem bis zu 15 Jahren.
       
       ## Angeklagter spricht von „Schnapsidee“
       
       Der nächtliche Anschlag auf das Linken-Zentrum sei nicht geplant gewesen,
       behaupteten beide Angeklagten am Montag. Man habe nur auf einer
       öffentlichen Fläche sehen wollen, wie die „Böller“ hochgehen, erklärte Nina
       S., eine kleine, tätowierte Mittdreißigerin. „Wir wollten nichts kaputt
       machen.“ Ihre Aufgabe sei es gewesen, Schmiere zu stehen, für die Tat, die
       ihr Freund Thomas L. verübte.
       
       In der Nacht auf den 5. Juli 2022 sei sie mit Thomas L. und ihrem Hund
       planlos durch die Innenstadt getingelt. „Natürlich wollten wir die Böller
       ausprobieren“, gibt Nina S. zu. Das Parteibüro der Linken habe auf ihrem
       Weg gelegen. „Es war eine sinnlose Schnapsidee, eine dumme
       Kurzschlussreaktion“, nuschelt Thomas L., der früher als Schlosser
       arbeitete.
       
       Die „Böller“ aber waren ein wuchtiger Sprengkopf, unter anderem aus Gas und
       Kalium. Auch als Zeugen geladene Polizisten sprachen von einer „heftigen
       Detonation mit einer großen zerstörerischen Wirkung“.
       
       ## Linke kritisiert schleppende Ermittlungen
       
       Die Linke ist nach wie vor schockiert ob der Vorkommnisse von vor zwei
       Jahren. Viel mehr aber ist sie es aktuell wegen der aus ihrer Sicht
       schleppenden Ermittlungen und ungenügenden Informationsweitergabe seitens
       des Landgerichts Duisburg.
       
       Für die Oberhausener Linken stand schnell fest, welche Gesinnung die Täter
       haben mussten. Immer wieder habe es Vorfälle rund um das Oberhausener
       Parteibüro wie „rechtsextreme Schmierereien und kleinere
       Sachbeschädigungen“ gegeben. Diesen Hinweisen sei von der Polizei
       allenfalls „halbherzig“ nachgegangen worden.
       
       Nachdem das LKA nach dem Anschlag mit der Ermittlungskommission „Elsass“
       erfolglos „in alle Richtungen“ ermittelt hatte, wurde das Verfahren im Juli
       2023 eingestellt. Nur durch „Kommissar Zufall“, wie es ein Polizist vor
       Gericht am Montag aussagte, wurden während einer [3][Hausdurchsuchung wegen
       illegalen Besitzes von Betäubungsmitteln im Februar 2024] bei dem Pärchen
       Hinweise zu dem Anschlag auf das Linke-Zentrum gefunden.
       
       Vom Tag des Anschlags bis heute sei die Linke als Betroffene nur
       „schleppend bis gar nicht informiert“ worden, kritisiert die Partei.
       Mehrfach sei ihnen nach der Festnahme der Rechtsextremen eine Akteneinsicht
       verwehrt worden. Das Landgericht begründet dies mit „prozessinternen
       Vorgängen“ und dass zuerst die Verteidiger die Akte erhalten müssten.
       
       Die Akte erreichte die Linke schließlich erst zehn Tage vor Prozessbeginn
       und über den Prozesstermin wurde sie im Vorfeld nach eigener Darstellung
       nicht informiert. Das bestreitet das Gericht. „Alles ist so gelaufen wie
       sonst auch“, sagte die Sprecherin.
       
       Eine Nebenklage der Linken wurde von der Kammer abgelehnt, da keine
       körperlichen oder gar seelischen Beeinträchtigungen aufgrund der Tat
       vorliegen. Das sei laut Vorsitzendem Richter bei einer Sachbeschädigung
       nicht der Fall. Etwaige Schadensersatzansprüche kann die Linke Liste
       Oberhausen aber sehr wohl noch geltend machen.
       
       Am Dienstag in einer Woche wird der Prozess vor dem Landgericht Duisburg
       fortgesetzt.
       
       12 Aug 2024
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Explosion-zerstoert-Linkenbuero-in-Oberhausen/!5865973
   DIR [2] /Festnahmen-nach-Anschlag-auf-Linke-Buero/!5987617
   DIR [3] /Aufklaerung-Anschlag-gegen-Parteibuero/!5992833
       
       ## AUTOREN
       
   DIR David Bieber
       
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