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       # taz.de -- Grüne Mehrheiten ohne Macht: Die bröselnden Bündnisse der Grünen
       
       > Nach Göttingen und Hannover hat die SPD sich auch in Hamburg Nord von den
       > Grünen getrennt. Warum nur?
       
   IMG Bild: Wenn grün immer freie Fahrt hat, können Ampeln auch ohne FDP ganz schön anstrengend werden
       
       Erst Göttingen, dann [1][Hannover], nun [2][Hamburg Nord]: Es ist schon
       bemerkenswert, wie sich diese Konstellationen auf kommunalpolitischer Ebene
       häufen. In allen drei Städten haben die Grünen eigentlich gewonnen und dann
       doch verloren.
       
       Erst werden sie stärkste Kraft, dann macht sich ihr Koalitionspartner vom
       Acker und sie dürfen stärkste Fraktion in der Opposition spielen, während
       eine „Deutschland-Koalition“ aus CDU, SPD und FDP das Ruder übernimmt.
       Inhaltlich ist das oft schwer zu erklären, psychologisch vielleicht schon
       eher.
       
       Und auch da gibt es verschiedene Deutungen. Eine, aus grüner Perspektive
       etwas selbstgerechte, geht so: Die SPD kann es nicht ertragen, dass ihr
       ehemaliger Juniorpartner sie überflügelt hat. Zu der narzisstischen
       Kränkung kommt die [3][fundamentale Identitätskrise] einer ehemaligen
       Volkspartei, der die Basis wegstirbt. Da werden die halt bockig und
       konservativ und schwimmen lieber auf der Anti-Grünen-Welle mit, die ohnehin
       gerade angesagt ist.
       
       Diese Welle wiederum speist sich aus der Tatsache, dass die Grünen nun
       einmal die einzige Partei sind, die klar sagt, was ist und dass es so nicht
       weitergeht, was ihr zwangsläufig die Wut aller Veränderungserschöpften und
       Populisten einträgt, die es halt einfach nicht wahrhaben wollen. Das ist
       natürlich eine sehr tröstliche Variante, wenn man sich mit Trost
       zufriedengeben möchte. Es ist aber auch eine, die politische
       Gestaltungsmacht in weite Ferne rücken lässt.
       
       Wenn Grüne nicht nur recht, sondern auch Macht haben wollen, müssten sie
       sich vielleicht doch einmal fragen, was eigentlich ihr Anteil an dieser
       Misere ist. Dazu drei Thesen:
       
       1. Die Grünen unterschätzen, dass man politische Partnerschaften pflegen
       muss. Das liegt daran, dass sie als Juniorpartner auch nie das Gefühl
       hatten, sonderlich gehätschelt zu werden. Aber auf einen angeschlagenen
       Partner wie die SPD hat das eine andere Wirkung als auf einen aufstrebenden
       Underdog.
       
       2. Wer sich selbst für die einzig progressive Kraft hält und alle anderen
       für lahm, alt und strukturell verbohrt, ist nicht mehr in der Lage, richtig
       zuzuhören. Ein Koalitionspartner ist aber im Idealfall nicht bloß jemand,
       der ein paar Stimmanteile beiträgt – sondern auch eine eigene Perspektive.
       Es nutzt nichts, pro forma Gesprächsangebote zu machen, wenn man die
       Antworten dann nicht wertschätzt.
       
       3. Wer glaubt, er hätte im Stahlbad der innerparteilichen
       Auseinandersetzungen genug Konfliktfähigkeit und Führungserfahrung
       erworben, irrt sich möglicherweise. Ein Rathaus (oder ein Bezirksamt)
       funktioniert nach anderen Regeln als ein Grünen-Parteitag.
       
       24 Aug 2024
       
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