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       # taz.de -- Hamas-Geisel: Gefangener Holocaust-Experte tot
       
       > Alex Dancyg arbeitete als Historiker und Pädagoge für die
       > Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem. Nun starb er in der Geiselhaft der
       > Hamas.
       
   IMG Bild: Alex Dancyg
       
       JERUSALEM taz | Alex Dancyg hat sich zeit seines Lebens mit dem Massenmord
       an Juden während des Holocaust befasst. Am Ende starb er selbst einen
       gewaltsamen Tod, nachdem er am 7. Oktober von der Hamas aus dem Kibbuz Nir
       Oz in den Gazastreifen entführt wurde. Die Leiche des 76-Jährigen wurde am
       Dienstag zusammen mit fünf anderen toten Geiseln von israelischen Soldaten
       in Chan Junis gefunden.
       
       „Er war ein Humanist, er hat Dinge nie schwarz-weiß gesehen“, sagt Galia
       Kremer, 63, die Dancyg seit ihrer Jugend kannte und mit ihm im Kibbuz
       wohnte. Diese Einstellung habe auch seine Arbeit als Historiker und
       Pädagoge [1][für die Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem] geprägt. „Es ist
       eine schreckliche Vorstellung, dass er auf diese Weise gestorben ist.“
       
       Dancygs Telefon war kurz nach dem Überfall der Hamas in Gaza geortet
       worden. Seither galt er als einer der rund 250 aus Israel Verschleppten,
       war jedoch zunächst noch am Leben: In Geiselhaft in den Tunneln unter Gaza
       soll er Vorträge zu Geschichte und Literatur für seine Mitgefangenen
       organisiert haben, [2][berichtete Hannah Peri, die ebenfalls aus Nir Oz
       entführt wurde und Ende November im Rahmen eines Gefangenenaustausches
       freikam.]
       
       „Er war ein Lexikon“, sagt Kremer, die ihn vor dem 7. Oktober regelmäßig
       besucht und mit ihm über neue und alte Bücher gesprochen hatte. Geboren
       1948 in Polen als Sohn zweier Holocaustüberlebender kam er im Alter von
       neun Jahren nach Israel, trat dem sozialistischen Jugendbund „Haschomer
       Hazair“ bei und zog nach dem Armeedienst in den Kibbuz.
       
       ## Verhandlungen zur Geiselfreilassung weiter ohne Ergebnis
       
       1986 kehrte der Historiker erstmals in sein Geburtsland Polen zurück. Nach
       einem Besuch im Vernichtungslager Auschwitz begann er, sich dezidiert der
       Bildungsarbeit zum Holocaust zu widmen. Ab 1990 arbeitete er für die
       israelische Holocaustgedenkstätte Yad Vashem. Dort initiierte er
       Bildungsreisen israelischer Jugendgruppen nach Polen und Bildungsangebote
       zum Holocaust für Teilnehmer von dort.
       
       Sein Sohn Yuval hatte bereits früh auf ein Abkommen gedrängt. „Verhandelt
       mit der arabischen Welt“, [3][sagte er bei einem Besuch im Haus der
       Wannsee-Konferenz in Berlin Anfang November]. „Uns läuft die Zeit davon.“
       Acht Monate danach war es für Dancyg zu spät. Am 22. Juli meldete die
       israelische Armee, dass er in Gefangenschaft gestorben sei.
       
       Netanjahu lobte die Soldaten am Dienstag für die Bergung der Leichen. Im
       Grunde aber ist sie eine Niederlage für seine Strategie des militärischen
       Drucks. Dieser hat auch nach zehn Monaten Krieg und nach Angaben der
       lokalen Gesundheitsbehörden mehr als 40.000 Toten nicht zur Befreiung der
       109 in Gaza verbliebenen Geiseln geführt. 36 von ihnen sind offiziell für
       tot erklärt. Dancygs Sohn Mati warf dem Regierungschef vor, dieser habe
       „die Geiseln für sein politisches Überleben aufgegeben“.
       
       Seit vergangener Woche drängen die Vermittler der USA, Ägyptens und Katars
       erneut auf einen Waffenstillstand und einen Gefangenenaustausch. Am Montag
       versicherte Netanjahu US-Außenminister Antony Blinken bei dessen Besuch,
       den vorliegenden US-Vorschlag mitzutragen. Am Dienstag schloss er laut
       Berichten einen dafür notwendigen israelischen Abzug aus dem
       Philadelphi-Korridor entlang der ägyptischen Grenze wieder aus.
       
       Die Hamas hatte sich nicht an den Verhandlungen beteiligt und den
       US-Vorschlag am Sonntag abgelehnt, weil dieser zu sehr Israels Forderungen
       entspreche. Eine klare Absage an Verhandlungen gibt es seitens der Gruppe
       aber auch nicht. Die Gespräche sollen noch in dieser Woche in Kairo
       weitergehen.
       
       21 Aug 2024
       
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