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       # taz.de -- Offensive des ukrainischen Militärs: „Den Feind destabilisieren“
       
       > Ukrainische Streitkräfte greifen die westrussische Grenzregion Kursk an.
       > Dass auch ein Kernkraftwerk umkämpft sein könnte, sorgt Anwohner.
       
   IMG Bild: Ein bei den ukrainischen Angriffen zerstörtes Haus in der westrussischen Region Kursk
       
       Kyjiw taz | Die ukrainische Armee hat offenbar am Dienstag und Mittwoch
       mehrere Ortschaften im russischen Gebiet Kursk angegriffen. Das berichten
       russische sowie ukrainische Medien. Einer der Schwerpunkte des Angriffes
       ist die Kleinstadt Sudscha, in der sich ein Übergangspunkt der
       [1][russischen Gaspipeline zur ukrainischen Pipeline] befindet. Über die
       Gasmessstation Sudscha wird das russische Gas nach Mitteleuropa
       transportiert. Es ist die einzige Pipeline, die Europa mit russischem Gas
       versorgt.
       
       Alexej Smirnow, Gouverneur des Gebietes Kursk, beklagt auf seinem
       Telegram-Kanal getötete Zivilisten, ohne jedoch Zahlen zu nennen. Die
       Angriffe bezeichnet er als „Terror der Zivilbevölkerung durch ukrainische
       Nazis“. Unterdessen ist eine Gruppe von Ärzten aus St. Petersburg in das
       Gebiet Kursk gereist, um die Ärzte vor Ort zu unterstützen.
       
       Am späten Abend des 6. August waren in der unweit von Kursk gelegenen Stadt
       Kurtschatow eine Reihe von Explosionen zu hören. Die Explosionen seien in
       der Nähe des Kernkraftwerks Kursk zu hören gewesen, was bei Anwohnern und
       Nutzern sozialer Medien Besorgnis ausgelöst habe, berichtet das ukrainische
       Portal glavkom.ua unter Berufung auf russische Quellen.
       
       Im AKW Kursk befinden sich Reaktoren vom Typ RBMK, berichtet Ludwig
       Litwinski, ein ehemaliger Mitarbeiter des Instituts für Nuklearforschung
       der ukrainischen Akademie der Wissenschaften gegenüber telegraf.com.ua.
       Dabei handele es sich um Reaktoren, die weniger gut vor einem
       Raketeneinschlag geschützt seien, so Litwinski.
       
       In dem AKW, das gerade einmal 70 Kilometer von Sudscha entfernt liegt,
       könne jeder Zwischenfall zu schrecklichen Folgen führen, warnt der
       Atomexperte. Sicherlich werden, so glaubt Litwinski, die ukrainischen
       Streitkräfte das AKW nicht angreifen. „Aber die Russen sind zu allem
       fähig.“ Sie würden ja auch [2][vom AKW Saporischschja] auf ukrainische
       Stellungen und Siedlungen schießen.
       
       ## Die Ukraine schweigt zu den Vorfällen in der Grenzregion
       
       „Die Verlagerung des Krieges auf das Territorium der Russischen Föderation
       ist eine strategische Aufgabe für die Ukraine“, kommentiert der
       Polittechnologe Taras Sagorodni gegenüber dem Nachrichtenportal nv.ua. „Wir
       müssen den Feind und vor allem sein [3][Energiesystem so weit wie möglich
       destabilisieren].“
       
       Und da passe es gut, dass sich ausgerechnet in Sudscha der einzige Zulauf
       für russisches Gas in die Ukraine befinde. Nun gelte es, die russische
       Energieinfrastruktur zu zerstören. Je mehr man Russland destabilisieren
       könne, umso besser für die Ukraine, so Sagorodni.
       
       Eine weitere Destabilisierung des Energiesektors, da ist sich Sagorodni
       sicher, werde auch die russische Wirtschaft und die Industrie
       destabilisieren. Und dies insbesondere in den Regionen Krasnodar und
       Rostow, die militärisch und industriell für Russland sehr wichtig seien.
       Unterdessen beklagt auch der Gouverneur des russischen Grenzgebietes
       Belgorod, Wjatscheslaw Gladkow, auf seinem offiziellen Telegram-Kanal einen
       Toten und vier Verletzte in den letzten beiden Tagen durch ukrainische
       Drohnenangriffe.
       
       Während die Ukraine offiziell zu den Vorgängen in den russischen
       Grenzregionen schweigt, hat sich Wladimir Putin vor der Sitzung der
       russischen Regierung hierzu geäußert. Er bezeichnete die Vorgänge als „eine
       weitere groß angelegte Provokation“ und beschuldigte die Ukraine des
       „wahllosen Beschusses“ von zivilen Objekten.
       
       [4][Russlands Beschuss ukrainischer ziviler Ziele] in den letzten Tagen
       bleibt indes unerwähnt. Nach Angaben des ukrainischen Generalstabes waren
       allein in den letzten 24 Stunden 97 Gleitbomben, zwei Raketenangriffe und
       73 Luftangriffe auf zivile und militärische Ziele in der Ukraine gefahren
       worden. Auch in Kyjiw waren in der Nacht zum Dienstag schwere Explosionen
       zu hören.
       
       7 Aug 2024
       
       ## LINKS
       
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