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       # taz.de -- Opfer rechtsextremer Gewalt: Erinnern an Peter Deutschmann
       
       > Vor 25 Jahren ermordeten Rechtsextreme den 44-Jährigen Peter Deutschmann.
       > In Eschede wird nun seiner gedacht.
       
   IMG Bild: Vor 25 Jahren wurde Peter Deutschmann von Neonazis umgebracht
       
       Hamburg taz | Ein einzelner Satz bot für Marco S. und Johannes K. den
       Anlass. Den „Scheiß mit dem Skinhead-Gehabe“ sollten sie lassen, sagte
       Peter Deutschmann in einer Diskothek zu den ehemaligen Rechtsextremen. Vor
       25 Jahren wollten Marco S. und Johannes R. dem ihnen bekannten „Hippie“
       einen „Denkzettel“ verpassen. Sie überfielen Deutschmann am 9. August 1999
       in seiner Wohnung in Eschede. Einen Tag später erlag er seinen schweren
       Verletzungen. Er wurde nur 44 Jahre alt.
       
       Am Samstag laden das Netzwerk [1][„Südheide gegen Rechtsextremismus“] und
       das [2][„Bündnis gegen Rechts in Eschede“] am Gedenkstein für Deutschmann
       an der evangelischen Kirche in der niedersächsischen Gemeinde zum Erinnern
       ein.
       
       Seit Jahren richten Netzwerk und Bündnis die Gedenkveranstaltung aus. In
       diesem Jahr sollen Interviews mit Personen geführt werden, die Deutschmann
       kannten und wohlwollend als „Hippie“ bezeichneten. „Love, Peace and
       Harmony“ war das Motto von Deutschmann, der langes, lockiges Haar trug und
       Reggae-Musik liebte.
       
       Als DJ legte er mit Freunden in der Diskothek „Freedom“ im Celler Stadtteil
       Altenhagen auf. Wilfried Lilie, ein damaliger Freund, sagte 2012 gegenüber
       dem NDR, Deutschmann sei liebevoll und hilfsbereit gewesen: „Peter war ein
       freundlicher, lustiger Mensch, mit dem man gut auskommen konnte und der
       niemals Streit gesucht hat“.
       
       ## Obdachlose als politische Opfer
       
       Eine Ehe war dennoch gescheitert, als Kleinunternehmer ging er insolvent
       und rutschte in die Obdachlosigkeit. Seine Tochter Stefanie war ein Jahr
       alt, als sich die Eltern trennten. Bis heute werden Obdachlose, die von
       Rechtsextremen angegriffen werden, oft nicht als politische Opfer
       wahrgenommen.
       
       Der Stein mit Deutschmanns Name sowie Geburts- und Todestag wurde auch erst
       nach Jahren zum Erinnern gelegt, obwohl die Forderung danach schon 2010
       diskutiert worden war.
       
       2012 gründeten nach öffentlichem Druck Marlies Petersen und Sebastian
       Baumeister (Bündnis 90/Die Grünen) eine Arbeitsgruppe. Bald hatte sich die
       Gruppe auf den Standort und die Inschrift „Opfer rechtsextremer Gewalt“
       geeinigt. 2014 weigerte sich die Celler Zeitung, die über das Erinnern
       berichtete, eine Traueranzeige für Deutschmann zu veröffentlichen. Die
       direkte Zuschreibung von „Neonazis zu Tode geprügelt“ sollte dort nicht
       erwähnt werden.
       
       Die Wortwahl erfasst jedoch den Tatverlauf: In der Nacht des 9. August
       drangen gegen 1:30 Uhr Marco S. und Johannes K., aufgeputscht von
       Rechtsrock, in die Sozialwohnung von Deutschmann ein. Die damals 17- und
       18-Jähren schlugen und traten auf ihn ein, malträtierten ihn mit
       Glasscherben und zertrümmerten seinen Kehlkopf.
       
       Johannes K. trat mit seinen Springerstiefeln so lange zu, bis Marco S. ihn
       wegzerrte. Deutschman erlitt schwere Schlag- und Schnittverletzungen. Stark
       blutend ließen S. und K. ihn zurück, beschädigten zudem das Telefon, auf
       dass er keine Hilfe holen könne. Seine Nachbarn hörten zwar die Hilferufe –
       doch es war zu spät.
       
       ## Gericht will keinen politischen Hintergrund erkennen
       
       Die Rechtsextremen wurden später zu fünf Jahren Jugendhaft verurteilt. Das
       Gericht ging von gemeinschaftlicher Körperverletzung mit Todesfolge aus,
       wollte bei der Tat aber keinen politischen Hintergrund erkennen.
       
       Die Haft wirkte sich bei den Tätern unterschiedlich aus. Marco S. gründete
       eine Knast-Kameradschaft, war später weiter tief in der militanten
       Kameradschaftsszene verankert. Dieses Milieu kommt bis heute in Eschede in
       einem Zentrum der früheren NPD, heute Die Heimat, zusammen. Viel später
       löste sich Marco S. von der Szene. Johannes K. derweil fand in Haft zum
       christlichen Glauben, studierte evangelische Theologie und wandte sich dem
       Katholizismus zu.
       
       10 Aug 2024
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://www.netzwerk-suedheide-gegen-rechtsextremismus.de/
   DIR [2] https://www.netzwerk-suedheide-gegen-rechtsextremismus.de/ueber-uns/buendnis-gegen-rechtsextremismus-eschede/
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Andreas Speit
       
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