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       # taz.de -- Ein fast vergessener Krieg: Kämpfe in Syrien wieder aufgeflammt
       
       > Arabische Stämme greifen mit Unterstützung des Assad-Regimes vom
       > US-Militär gestützte kurdische Rebellen an. Es geht vor allem um Öl- und
       > Gasfelder.
       
   IMG Bild: Beengte Umstände und zu wenig Nahrungsmittel: Vertriebenenlager an der türkisch-syrischen Grenze
       
       Istanbul taz | Der schon fast [1][vergessene Krieg in Syrien] ist letzte
       Woche wieder aufgeflammt. Bei den heftigsten Gefechten seit über einem Jahr
       sind am 7. und 8. August in Ostsyrien mindestens elf Zivilisten, darunter
       sechs Kinder, und eine unbekannte Anzahl von Kämpfern getötet worden. Laut
       Berichten türkischer und arabischer Medien, die von der Syrischen
       Beobachtungsstelle für Menschenrechte in London bestätigt wurden, gab es
       heftige Gefechte in Ostsyrien in der Provinz Deir ez-Zor am Euphrat.
       
       Danach sollen arabische Stämme, die in der Provinz leben, eine Stellung des
       SDF angegriffen und so die Kämpfe ausgelöst haben. Das SDF ist ein
       Zusammenschluss von mit den USA verbündeten Milizen, der von der kurdischen
       YPG dominiert wird. Das SDF war im Nordosten Syriens gegründet worden, um
       gemeinsam mit den USA den „Islamischen Staat“ (IS) zu bekämpfen. Seit dem
       Sieg über den IS kontrolliert der kurdisch dominierte SDF das gesamte
       Gebiet nordöstlich des Euphrats.
       
       Immer wieder gibt es Konflikte zwischen den [2][arabischen Stämmen in dem
       Gebiet und den Kurden], die die politische und militärische Kontrolle
       ausüben. Bei ihrem Angriff auf die SDF-Stellung in der Nähe von Deir
       ez-Zor, der größten Stadt am Euphrat nahe der irakischen Grenze, wurden die
       Stämme von Truppen des Regimes von Baschar al-Assad und schiitischen
       Milizen aus dem Irak unterstützt. Nach türkischen Presseberichten brachte
       die kurdische YPG mit US-Unterstützung 700 Mann Verstärkung in die Region
       und konnte nach mehreren Tagen den Angriff abwehren.
       
       Während das Regime das Territorium südwestlich des Euphrats kontrolliert,
       stehen die kurdischen Milizen und ihre US-Unterstützer nordöstlich des
       Euphrats. Insgesamt sollen sich dort noch rund 800 US-Soldaten aufhalten,
       die sich auch auf Luftunterstützung durch Kampfjets verlassen können. Das
       Gebiet ist nur dünn besiedelt, aber dort liegen die Öl– und Gasfelder
       Syriens und zwar auf der von YPG und den US-Truppen kontrollierten Seite
       des Flusses. Als der damalige US-Präsident Donald Trump im Herbst 2018 den
       größten Teil der US-Truppen aus Syrien abzog, blieb ein kleinerer Teil vor
       Ort mit dem Auftrag, die Öl– und Gasfelder zu sichern.
       
       ## Assad-Regime will wieder komplette Kontrolle
       
       Der jetzige Angriff erinnert an eine Militäraktion im Februar 2018, als
       russische Wagner-Söldner im Auftrag des Assad-Regimes schon einmal in
       Ostsyrien angriffen, um die Kontrolle über die Öl– und Gasfelder zu
       bekommen. Damals starben laut New York Times fast 300 russische Söldner.
       Laut türkischen Medien sollen Regimetruppen mit russischer Unterstützung
       nun begonnen haben einen neuen Stützpunkt auf ihrer Seite des Euphrats
       aufzubauen. Für das finanziell völlig marode Assad-Regime wäre die
       Rückgewinnung der Öl– und Gasfelder ein wichtiger Erfolg.
       
       Insgesamt hofft das Assad-Regime sowieso wieder die komplette Kontrolle
       über das syrische Territorium zu bekommen. Darüber wird im Moment hinter
       verschlossenen Türen insbesondere mit der Türkei verhandelt, die ja einen
       Teil Syriens entlang der türkischen Grenze besetzt hält. [3][Der türkische
       Präsident Recep Tayyip Erdoğan] scheint bereit, diese Gebiete aufzugeben,
       wenn Assad dafür bereit ist, einen [4][großen Teil der syrischen
       Flüchtlinge aus der Türkei] wieder aufzunehmen. Das hat bereits zu heftigen
       Protesten unter den bisherigen syrischen Verbündeten der Türkei geführt.
       
       Der türkische Außenminister Hakan Fidan traf sich deshalb am Freitag mit
       Vertretern der wichtigsten syrischen Oppositionsallianz der Nationalen
       Koalition, um über einen „realistischen Dialog“ mit dem Assad-Regime zu
       sprechen, der zu einer UN-unterstützten politischen Lösung führen soll.
       
       11 Aug 2024
       
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       ## AUTOREN
       
   DIR Jürgen Gottschlich
       
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