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       # taz.de -- Krieg in der Ukraine und Russland: EU will Kyjiw weiter Waffen liefern
       
       > Der ukrainische Außenminister fordert die Erlaubnis zum Einsatz
       > westlicher Waffen in Russland. Und setzt beim EU-Treffen Annalena
       > Baerbock unter Druck.
       
   IMG Bild: Nichts als Trümmer: Ein Wohnviertel in Saporischschja am vergangenen Dienstag nach einem russischem Drohnenangriff
       
       Brüssel taz | Brüssel oder Budapest, Waffen oder Diplomatie? Wochenlang
       haben die EU-Außenminister über diese Frage gestritten. [1][Die
       eigenmächtige „Friedensmission“, mit der Ungarns Regierungschef Viktor
       Orbán seine Ratspräsidentschaft im Juli eröffnet hatte], drohte die EU zu
       spalten.
       
       Doch als sich Außenministerin Annalena Baerbock und ihre Amtskollegen am
       Donnerstag im Brüsseler Ratsgebäude trafen, war der Ärger verflogen. „Ich
       wäre auch an einen anderen Ort gereist“, sagte Baerbock auf die Frage, was
       sie von einem Boykott gegen Budapest und Orbán halte.
       
       Auch die Frage nach Waffen und Diplomatie war schnell entschieden: [2][Die
       EU-Außenminister setzen in ihrer großen Mehrheit weiter auf Waffen für die
       Ukraine]. Orbáns Vermittlungsversuche, für die er auch nach Moskau und
       Peking gereist war, sind kein Thema mehr.
       
       Statt um Diplomatie geht es um noch mehr Krieg. Während die russischen
       Truppen in der Ostukraine weiter auf die strategisch wichtige Stadt
       Pokrowsk vorrückten, machte der ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba
       beim Außenministertreffen ein ganz großes Fass auf.
       
       Die Alliierten sollten der Ukraine endlich erlauben, mit westlichen Waffen
       „legitime militärische Ziele tief in Russland zu treffen“, forderte Kuleba.
       Auch die 27 EU-Staaten sollten Kyjiw „unverzüglich“ grünes Licht geben. Es
       sei Zeit für „wagemutige Entscheidungen“.
       
       Gemeint sind vor allem Deutschland und die USA. Berlin und Washington
       wollen eine weitere Eskalation vermeiden und verweigern deshalb noch die
       Nutzung ihrer Waffen für weitreichende ukrainische Militärschläge, die im
       Prinzip auch Moskau oder Sankt Petersburg treffen könnten.
       
       ## Hinter verschlossenen Türen
       
       So deutlich wollte dies Baerbock nicht sagen. Statt auf Kulebas Forderung
       einzugehen, versprach sie der Ukraine vier weitere IRIS-T-Systeme und
       weitere Gepard-Panzer bis Jahresende. Sie sollen die Luftabwehr stärken und
       das Land vor „Putins Kältekrieg“ schützen. Alles weitere werden man hinter
       verschlossenen Türen besprechen. Die Grünen-Politikerin steht unter Druck.
       In den letzten Tagen war in Brüssel der Eindruck aufgekommen, die
       Bundesregierung in Berlin wolle ihre Hilfe für die Ukraine reduzieren.
       
       Kuleba verlangte eine Erklärung von Baerbock. Unter den aktuellen Umständen
       dürfe die Unterstützung der Ukraine nicht an finanziellen Problemen
       scheitern, sagte er. Es gehe um die Zukunft Europas. Der
       EU-Außenbeauftragte Josep Borrell stellte sich hinter Kuleba und verwies
       auf die russische Angriffswelle. „Seit Kriegsbeginn im Februar 2022 hat
       Russland mehr als 14.000 Drohnen auf die Ukraine abgefeuert“, sagte er.
       Hinzu kämen rund 10.000 Raketen und viele Gleitbomben.
       
       Unter Druck kam Baerbock auch beim zweiten großen Thema des
       Außenministertreffens: dem Krieg in Gaza und dem drohenden Flächenbrand in
       Nahost. Borrell fordert schon seit einiger Zeit, Israel mit Sanktionen zu
       drohen – Baerbock hat bisher immer dagegengehalten.
       
       Nun legte der Spanier einen Vorschlag für Strafmaßnahmen gegen
       Finanzminister Bezalel Smotrich und Polizeiminister Itamar Ben-Gvir vor.
       Ihnen werden Menschenrechtsverletzungen und Aufstachelung zum Hass
       vorgeworfen. Außerdem wollen sie Hilfen für Gaza stoppen – selbst auf die
       Gefahr hin, dass Palästinenser verhungern.
       
       Zur allgemeinen Überraschung sagte Baerbock nicht sofort Nein. Zunächst sei
       zu prüfen, ob die Vorwürfe für eine Bestrafung ausreichten. Es wäre das
       erste Mal, dass die EU gegen die Regierung in Tel Aviv vorgeht. Bislang hat
       Brüssel nur Sanktionen gegen einige radikale israelische Siedler verhängt.
       
       29 Aug 2024
       
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