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       # taz.de -- SUVs in der Stadt: Schrumpft euch doch selbst!
       
       > Müllfahrzeuge werden kleiner, weil immer dickere SUVs die Straßen
       > verstopfen. Was für ein Müll. Auf allen Ebenen.
       
   IMG Bild: Der Platz in Innenstädten ist hart umkämpft
       
       Endlich hat auch die Autoindustrie begriffen, dass es so nicht weitergeht.
       Im Wortsinne. Weil es in den Innenstädten zu eng geworden ist, bietet sie
       ihre dicksten Brummer jetzt auch in schmal an. Genauer gesagt: in etwas
       weniger überbreit. Hört sich toll an? Ja. Ist aber Müll. Auf allen Ebenen.
       
       Denn natürlich geht es nicht um die überdimensionierten SUVs, die sämtliche
       Städte verstopfen. Nein, die Autoindustrie setzt jetzt auf abgespeckte
       Müllfahrzeuge. [1][Mercedes hat jetzt eine Slimversion auf den Markt
       gebracht. Die ist nur 2,40 Meter breit], 10 Zentimeter weniger als die
       herkömmliche Version – die kommt nämlich immer seltener durch die Straßen,
       weil rechts und links die dicken SUVs parken. Statt das Problem an der
       Wurzel zu packen, müssen andere sich jetzt also dünn machen.
       
       Angeblich steht SUV ja für „Sport Utility Vehicle“, also in etwa „sportlich
       nutzbare Karre“. Wenn es denn so wäre. Dann könnten die wie ihre Fahrzeuge
       aufgeblasenen Insassen auf einem zur Buckelpiste umgebauten Nürburgring
       rumrumpeln und alle anderen in Ruhe lassen. Fußball oder Fangen darf heute
       ja auch keiner mehr auf der Straße spielen. Warum also soll dort
       ausgerechnet Platz für egomanen „Autosport“ sein?
       
       Wenn die Super Unpraktischen Vehikel denn wenigstens gefahren würden. Aber
       meistens stehen sie einfach nur rum. Woran man das sieht? Früher gab es in
       Berlin alljährlich eine Art Weihnachtswunder: Vom 23. bis 27. Dezember
       blieben in Wohnkiezen massenhaft Parkplätze leer. Weil: driving home for
       christmas mit Sack und Pack und Tonnen von Geschenken. Da nutzen halt alle
       ihre Autos. Mittlerweile tritt dieser Effekt an jedem langen Wochenende
       ein. Da parken die Stadtautobesitzer im grünen Umland und ärgern sich, dass
       es dort nicht mehr so schön ist. An normalen Werktagen aber, wenn man nur
       in der Innenstadt unterwegs ist, setzen sich allenfalls notorische U-Bahn-
       oder Fahrradhasser hinters Lenkrad. Denn auch Autobesitzer sind ja nicht
       blöd und ruckeln stundenlang durch verstopfe Straßen. Viele zumindest
       nicht.
       
       ## Der heutige Golf frisst 30 Prozent mehr Raum
       
       Fast ist es schon wie in New York. Da müssen die begehrten kostenlosen
       Parkplätze in den Seitenstraßen zweimal die Woche geräumt werden, weil dann
       die Straßenreinigung kommt. Autoinhaber:innen fahren dann so lange um
       den Block – oder lassen irgendeinen schlecht bezahlten Menschen cruisen –
       bis die Reinigungsfahrzeuge durch sind. Dann eilen sie zurück zur
       Parklücke. Das Auto wird nur noch gebraucht, um den Parkplatz zu
       blockieren, den man ohne Auto gar nicht bräuchte.
       
       Umso irrer, dass die Parkplatzzustellkisten immer fetter werden. Und das
       trifft selbst das vielleicht deutscheste aller Autos. Auch der Golf ist
       längst ein Schwerst Uebergriffiger Volkswagen geworden. Die aktuell
       angebotene Variante ist 17 Zentimeter breiter und 58 Zentimeter länger
       [2][als der Ur-Golf von 1974]. Und sie frisst fast 30 Prozent mehr
       Stadtraum. Kein Wunder, dass da kein Müllauto mehr vorbeikommt.
       
       Unter der Fettleibigkeit ihrer Kisten leiden übrigens auch die Fahrer.
       Dummerweise merken es die meisten nicht einmal. Wenn sie in ihren pupswarm
       geheizten Weichledersesseln durch die engen Straßen eiern, immer in Angst
       mit dem teuren Blech irgendwo anzuecken, hupen sie erst mal die dort
       ebenfalls strampelnden Radler:innen aus dem Weg. Ohne zu erkennen, wer
       hier das Problem ist. Und wo die gemeinwohlorientierte Lösung liegt.
       
       Neulich wurde in Berlin übrigens [3][eine Isetta] gesichtet. Freundlich
       knatternd und nicht mal 1,40 Meter breit. Da passt der dickste Müllwagen
       vorbei. Und selbst ein Schrottabschlepper mit einem SUV am Haken.
       
       25 Aug 2024
       
       ## LINKS
       
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