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       # taz.de -- Neue Spitze bei den Linken gesucht: Zuversicht wird nicht reichen
       
       > Der personelle Neuanfang verdeckt die grundsätzlichen Probleme der
       > Linkspartei. Bislang fehlt eine Analyse der tiefen Krise.
       
   IMG Bild: Dieser rote Ballon lässt sich nicht mehr aufblasen
       
       Nun wollen es also [1][Ines Schwerdtner und Jan van Aken] richten. Dass die
       35-jährige Berlinerin und der 63-jährige Hamburger die Nachfolge der
       glücklosen Linke-Vorsitzenden Janine Wissler und Martin Schirdewan antreten
       wollen, zeugt nicht von mangelndem Selbstbewusstsein. „Mehr Zuversicht
       wagen!“, hat van Aken als Losung ausgegeben. Wer auch immer auf dem
       Parteitag im Oktober das Rennen macht, wird sehr viel davon brauchen. Der
       [2][Abtritt von Wissler und Schirdewan] ist nach dem Desaster bei der
       Europawahl nur konsequent. Aber es wäre ein Irrglaube, mit dem Wechsel an
       der Spitze hätte die Linkspartei auch nur ein einziges ihrer Probleme
       gelöst.
       
       Schon einmal stand die Partei vor dem Abgrund. Nach der Bundestagswahl
       2002, bei der die damalige PDS mit 4 Prozent aus dem Parlament flog, gab
       kaum jemand mehr einen Pfifferling auf sie. Seinerzeit retteten sie die
       Hartz-IV-Proteste, die Gründung der WASG und der durch Gerhard Schröders
       überraschende Neuwahlankündigung 2005 ausgelöste Einigungsdruck, aus dem
       Die Linke entstand.
       
       Dass eine Rettung möglich war, lag aber auch daran, dass es mit
       Landtagswahlergebnissen zwischen 16,4 und 28 Prozent noch ein Fundament im
       Osten gab. Das ist über die Jahre verloren gegangen. Inzwischen muss die
       Partei auch in den ostdeutschen Bundesländern um ihre parlamentarische
       Zukunft fürchten. Nur in Thüringen sieht es dank Bodo Ramelow noch anders
       aus. Dieser Niedergang lässt sich jedoch nicht einfach mit schlechter
       Perfomance auf Bundesebene erklären. Die Partei hat ein grundsätzliches
       strukturelles Problem, das die Wähler:innenwanderung hin zum BSW nur
       auf dramatische Weise sichtbar gemacht hat.
       
       ## Rückkehr zu Ost-Themen ist nicht genug
       
       Eine Rückbesinnung auf ostdeutsche Identitätspolitik, wie sie manche in der
       Partei propagieren, wird die Linkspartei nicht retten. Sie steckt in einem
       Dilemma: In der Ex-DDR unerreichbar weit von einstigen PDS-Ergebnissen
       entfernt, ist sie in der alten BRD wieder genau bei diesen angekommen. In
       der jüngsten Umfrage für Nordrhein-Westfalen kommt die Linke noch auf 1
       Prozent. Abgesehen von den Stadtstaaten und einigen Großstädten ist im
       Westen nicht viel mehr als Trostlosigkeit geblieben. Da fällt es schwer,
       noch an eine Zukunft für die Partei zu glauben – ganz egal, wie sie bei den
       Wahlen in Sachsen, Thüringen und Brandenburg nun abschneidet.
       
       Bisher ist es der Linken nicht einmal gelungen, sich auf eine gemeinsame
       Erklärung für ihre Krise zu verständigen. Schwerdtner, van Aken oder wer
       auch immer die Partei künftig anführen wird – zu beneiden sind sie um ihre
       Aufgabe nicht. Das Beschwören, dass es in Deutschland eine wahrnehmbare
       Linke braucht, wird nicht zum Überleben reichen. Obwohl es so ist.
       
       23 Aug 2024
       
       ## LINKS
       
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       ## AUTOREN
       
   DIR Pascal Beucker
       
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