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       # taz.de -- Bund will 80%-Anteil erwerben: Meyer-Werft wird Staatsbetrieb
       
       > Der Bund und das Land Niedersachsen wollen die Meyer-Werft zu 80 Prozent
       > übernehmen. Investoren haben offenbar abgewunken.
       
   IMG Bild: Versammlung der Mitarbeitenden der Mayer-Werft in Papenburg mit Kanzler Scholz und Ministerpräsident Weil am 22.08.2024
       
       Zur Rettung der angeschlagenen Meyer-Werft im Emsland wollen der Bund und
       das Land Niedersachsen die Werft mehrheitlich übernehmen. Niedersachsens
       Wirtschaftsminister Olaf Lies (SPD) rechtfertigte das Engagement mit der
       volkswirtschaftlichen Bedeutung der Werft, die ihr Hauptgeschäft mit
       Kreuzfahrtschiffen macht. 20.000 Arbeitsplätze in Deutschland hingen direkt
       und indirekt von der Werft ab, sagte Lies in einer Regierungserklärung am
       Mittwoch. Die Wettbewerbsfähigkeit und der Ruf des gesamten
       Schiffbaustandorts Deutschland stünden auf dem Spiel. „Der Staat kann dabei
       nicht Zuschauer sein“, sagte der Minister. Bundeskanzler Olaf Scholz hatte
       schon bei einer Betriebsversammlung in der vergangenen Woche versichert:
       „Wir lassen die Werft nicht allein.“
       
       Der Bund und das Land planen laut Lies, sich mit 400 Millionen Euro an der
       Werft zu beteiligen und damit rund 80 Prozent der Unternehmensanteile zu
       erwerben. Sie wollen außerdem Bürgschaften von insgesamt 2,6 Milliarden
       Euro gewähren, um den Weiterbetrieb zu sichern und eine Insolvenz
       abzuwenden.
       
       Die restlichen 20 Prozent der Anteile soll die Familie Meyer behalten. „Wir
       haben nicht das Ziel, langfristig Mehrheitsgesellschafter zu bleiben“,
       versicherte Lies. Mit der Familie sei eine Rückkaufoption vereinbart.
       
       Voraussetzung für die staatliche Geldspritze ist ein Test, der
       sicherstellen soll, dass sich ein ähnlich großer privater Investor zu
       denselben Konditionen bei dem Unternehmen engagieren würde.
       
       Allerdings hat sich ein tatsächlicher privater Investor, der bereit wäre,
       zusätzlich Geld in das Unternehmen zu pumpen, nicht gefunden. Dabei hatte
       Ministerpräsident Stephan Weil vor einigen Wochen noch erklärt, die Suche
       nach einem privaten Investor habe Priorität.
       
       ## Sichtbares Risiko eingegangen
       
       Nach einem Bericht des NDR stößt eine reine Staatsfinanzierung allerdings
       auf Skepsis in Teilen der Bundesregierung. Der Sender zitiert ein Dokument,
       nach dem das „Einwerben eines privaten Investors mit mind. 30%
       EK-Beteiligung“ (EK für Eigenkapital) Voraussetzung für eine staatliche
       Beteiligung sein müsse.
       
       [1][Ökonomen sehen das Einbinden eines Privatinvestors skeptisch]. „Das,
       was wirklich besorgniserregend ist, ist, dass hier ein Unternehmen in
       Schieflage gekommen ist, aber überhaupt kein privater Investor sich
       beteiligen will, trotz dieser großzügigen staatlichen Garantien“, sagte
       Marcel Fratzscher vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung.
       
       Der Ökonom Heiner Flassbeck spricht von „Symbolpolitik mit Helm“,
       [2][bezugnehmend auf den öffentlich wirksamen Besuch von Kanzler Scholz auf
       der Werft]. Statt ein paar Tausend Arbeitsplätze zu retten, solle der
       Kanzler lieber etwas gegen die Talfahrt der gesamten Wirtschaft
       unternehmen, indem er etwa die Schuldenbremse lockere, sagt Flassbeck.
       
       Der NDR verwies auch auf eine regierungsinterne Liste. Diese macht das
       Risiko sichtbar, das der deutsche Staat im Zusammenhang mit der Meyer-Werft
       eingegangen ist. Aus der gehe hervor, dass die 19 Milliarden Euro an
       Bürgschaften und Krediten an die Werft sowie die Reedereien, die bei
       [3][Meyer Schiffe bestellt] haben, ausgereicht haben. 15,4 Milliarden davon
       seien Bürgschaften für Kredite der Reedereien. Die Bundesministerien für
       Finanzen und Wirtschaft wollten die NDR-Angaben nicht kommentieren.
       
       Zu rechtfertigen ist dieses Risiko nur, wenn damit tatsächlich eine
       vorübergehende wirtschaftlich schwache Lage der Werft überbrückt wird. Das
       [4][Unternehmen erklärt diese mit der Coronapandemie], in der Schiffe unter
       Quarantäne gestellt, Reisen abgesagt und in der Folge Aufträge verschoben
       wurden. Dazu kamen stark steigende Materialpreise aufgrund von
       beeinträchtigten Lieferketten und gestiegene Energiepreise wegen des
       Ukrainekriegs.
       
       Das Bundeswirtschaftsministerium betont die Bedeutung der Werft für das
       maritime Cluster Deutschlands. Auch für die Energiewende spiele sie eine
       Rolle. Deshalb werde eine Unterstützung geprüft.
       
       28 Aug 2024
       
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       ## AUTOREN
       
   DIR Gernot Knödler
       
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