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       # taz.de -- Frauenrechte in Pakistan: Mit dem Pink Bus sicher ins Büro ​
       
       > In Pakistans Hauptstadt Islamabad werden rosafarbene Busse nur für Frauen
       > eingeführt. Männer hatten bisherige Frauenbereiche zu wenig respektiert​.
       
   IMG Bild: Passanten vor einem Pink Bus in Islamabad: Der Premierminister wirbt mit der Initiative des Frauenbusses für sich
       
       Islamabad taz | „Angst- und barrierefrei“ ist der Slogan des Pink Bus, des
       ersten Busdienstes nur für Frauen in Pakistans Hauptstadt Islamabad. Eine
       Flotte von 20 Bussen erleichtert Schülerinnen, Studentinnen, Lehrerinnen
       und berufstätigen Frauen seit dem 7. August das tägliche Pendeln. Die
       kostenlosen Busse fahren in fünf zentrale Stadtteile, sodass auch Frauen
       aus ländlichen Gebieten darüber das Zentrum der Hauptstadt erreichen
       können.
       
       Die rosafarbenen Busse sind ein Projekt des [1][derzeitigen
       Premierministers Shahbaz Sharif] und des Bildungsministeriums. Sie sollen
       Frauen sichere Fahrten ohne Belästigungen ermöglichen und damit
       Frauenrechte stärken. Laut einem Ministeriumssprecher hielten sowohl
       Fahrkosten als auch Angst vor Belästigung in öffentlichen Bussen viele
       Mädchen vom Schulbesuch ab, vor allem in ländlichen Gegenden. Zwar gibt es
       Schulbusse, diese fahren jedoch meist nicht bis in Gebiete außerhalb der
       Stadt. „Wir hoffen, dass viele Mädchen zurück in die Schule gehen“, sagte
       der Ministeriumssprecher.
       
       Die Initiative Pink Bus wurde zuvor bereits an anderen Orten in Pakistan
       eingeführt, 2019 in Peschawar, 2022 in der [2][Provinz Gilgit-Baltistan]
       und im Februar 2023 in Karatschi. In Lahore gibt es schon seit 2012 mit dem
       „First Bus Service“ für Frauen eine ähnliche Initiative.
       
       Frauen begrüßen rosafarbene Busse 
       
       Die Studentin Ayesha Ahmad begrüßt Islamabads Pink Bus. Sie sei schon
       mehrfach in öffentlichen Verkehrsmitteln belästigt worden. Doch habe sie
       keine andere Wahl gehabt, da sie sonst für ein Taxi täglich umgerechnet 5
       bis 7 Euro ausgeben müsse. Sie sagt: „Ich hoffe auf sichere Fahrten ohne
       Schikanen und bin froh, dass nun Frauen vom Stadtrand problemlos ins
       Zentrum gelangen können.“
       
       Die Schülerin Mona Qazi aus Karatschi sagt, sie sei froh, dass Politiker
       endlich die Bedürfnisse von Frauen erkennen und deren Sicherheit stärken.
       „Meine Mutter ist alleinerziehend und arbeitet in einem Büro. Sie musste
       bisher immer ihr Mittagessen ausfallen lassen, um mich zu dieser Zeit von
       der Schule nach Hause zu bringen. Denn sie hatte Angst, mich allein mit
       öffentlichen Verkehrsmitteln fahren zu lassen. Und ein Taxi ist zu teuer.
       Jetzt nutze ich den Pink Bus.“
       
       In Pakistan mangelte es schon immer an sicheren öffentlichen
       Verkehrsmitteln, besonders in Islamabad. Seit einigen Jahren haben die
       dortigen Metrobusse und die grünen Elektrobusse im vorderen Teil
       gekennzeichnete Bereiche für weibliche Fahrgäste. Doch machen sich auch
       dort oft Männer breit und die Frauen sind nicht vor Anmache und
       frauenfeindlichen Sprüchen geschützt. Die pinkfarbenen Busse sind jetzt die
       ersten ausschließlich für Frauen, wobei die Fahrer allerdings Männer sind.
       
       ## Strukturelle Belästigung in Verkehrsmitteln
       
       Die Kosten für das Projekt sind gering, da dafür keine neuen Fahrzeuge
       angeschafft werden mussten. Vielmehr wurden nicht mehr funktionstüchtige
       Schulbusse, die an Colleges und Unis standen, repariert, aufgearbeitet und
       rosa gestrichen. Sie sind allerdings im Unterschied zu den Pink Bussen in
       den anderen Städten nicht klimatisiert. Und sie fahren bisher nur von 6 bis
       9 Uhr morgens und 13.30 bis 16 Uhr am Nachmittag. Berufstätige Frauen haben
       daher mit der Rückfahrt ein Problem, da die Büroarbeit normalerweise erst
       um 17 Uhr endet.
       
       Mit einem Anteil von nur 20 Prozent gehört Pakistan zu den Ländern mit der
       niedrigsten formalen Erwerbsbeteiligung von Frauen in Asien. Laut dem
       [3][Global Gender Gap Report] des Weltwirtschaftsforums (2022) schneidet
       Pakistan in Bezug auf die Gleichstellung der Geschlechter weltweit am
       zweitschlechtesten ab. Die Belästigung durch Männer in öffentlichen
       Verkehrsmitteln ist einer der Hauptgründe dafür, dass Frauen nicht in Büros
       arbeiten wollen.
       
       Die im konservativeren Peshawar berufstätige Nayab Khan sagt: „Ich habe
       erlebt, wie Schülerinnen in öffentlichen Verkehrsmitteln von Männern
       begrapscht und belästigt wurden. Deshalb habe ich mir schon immer
       Verkehrsmittel nur für Frauen gewünscht. Mit dem Pink Bus scheinen meine
       Gebete erhört worden zu sein.“
       
       Während viele Frauen und Eltern die Einführung der rosafarbenen Busse
       begrüßen, fordern Kritiker, die Sicherheit von Frauen grundsätzlich zu
       erhöhen und die gesamte Verkehrsstruktur für Frauen zu verbessern. Die
       Regierung hat zunächst nur versprochen, den kostenlosen Dienst bis zum
       Jahresende anzubieten. Auch die Anzahl der Busse zu erhöhen, ist bisher
       nicht geplant.
       
       (Aus dem Englischen Sven Hansen)
       
       19 Aug 2024
       
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