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       # taz.de -- Nahost-Konflikt in Berlin: Zahl der Straftaten explodiert
       
       > Aktuelle Daten der Innenverwaltung zeigen eine deutliche Zunahme bei
       > politisch motivierter Kriminalität. Grüne sehen den Senat in der
       > Verantwortung.
       
   IMG Bild: Überall Nahost-Konflikt – auch auf der diesjährigen Revolutionären 1. Mai-Demonstration
       
       Berlin taz | Berlin erlebt nach Angaben der Senatsinnenverwaltung einen
       massiven Anstieg von Straftaten mit politischem Hintergrund. So wurden im
       1. Halbjahr 2024 im Rahmen des „Kriminalpolizeilichen Meldedienstes in
       Fällen politisch motivierter Kriminalität“ insgesamt 2.956 Fälle erfasst,
       rund 900 oder über 40 Prozent mehr als im selben Zeitraum des Vorjahres.
       Das geht aus einer Antwort des Senats auf eine parlamentarische Anfrage des
       Grünen-Abgeordneten Ario Mirzaie hervor, die der taz vorab vorliegt.
       
       Mit Besorgnis registriere er dabei das gestiegene Fallaufkommen in den
       Phänomenbereichen „religiöser Fundamentalismus“ und „ausländische
       Ideologien“, sagt Mirzaie zur taz. Regelrecht explodiert ist demnach die
       Zahl der Straftaten im Bereich „ausländische Ideologien“. Wurden in der
       Eingangsstatistik der Polizei im 1. Halbjahr 2023 rund 200 Taten
       registriert, hat sich deren Zahl auf etwa 1.200 Fälle versechsfacht.
       Darunter finden sich 240 Gewaltdelikte, nach gerade einmal 14 in den ersten
       sechs Monaten des Vorjahres.
       
       Bei der Kriminalität aus dem islamistischen Milieu spielen Gewalttaten zwar
       so gut wie keine Rolle. Trotzdem verzeichnet die Statistik auch hier einen
       deutlichen Sprung um 250 Prozent auf 140 Straftaten, fast die Hälfte davon
       Sachbeschädigungen.
       
       Die Gründe für den Anstieg in beiden Bereichen sind nicht schwer
       herzuleiten. Auch wenn es mit Blick auf die diffuse Palästina-Bewegung in
       Berlin eine gewisse Unschärfe bei der Zuordnung der Taten zu geben scheint:
       Die Entwicklungen im Nahen Osten seit dem Terrorangriff der islamistischen
       Hamas auf Israel am 7. Oktober vergangenen Jahres schlagen auch in Berlin
       voll durch.
       
       Erkennbar wird das bei den antisemitischen Straftaten, deren Zahl durch die
       Decke geschossen ist. Alle Phänomenbereiche zusammengenommen stieg sie von
       170 im 1. Halbjahr 2023 auf nun 700 Fälle, wobei das Gros den
       „ausländischen Ideologien“ zugeordnet wird. Im Schnitt wurden so vier
       antisemitische Delikte pro Tag erfasst. Vor allem Volksverhetzung und
       Sachbeschädigung spielen an dieser Stelle eine Rolle.
       
       ## Der Feind steht nach wie vor rechts
       
       Was die Daten aber auch belegen: Die größte Bedrohung insgesamt geht in
       Berlin immer noch vom deutschen Rechtsextremismus aus. Insgesamt zählte die
       Polizei zwischen Anfang Januar und Ende Juni in diesem Bereich über 1.240
       Straftaten (Vergleichszeitraum 2023: rund 1.150), davon auch hier 130 mit
       antisemitischem Hintergrund.
       
       Dass nicht zuletzt das Gewaltpotenzial der Rechten wächst, habe Anfang Juli
       der brutale [1][Angriff von Neonazis auf Antifaschist:innen am Bahnhof
       Ostkreuz] verdeutlicht, so Ario Mirzaie zur taz. Der Sprecher der
       Grünen-Fraktion für Strategien gegen rechts kritisiert angesichts der
       Entwicklungen insgesamt auch die Planlosigkeit des Senats: „Schwarz-Rot
       fehlt bei der Bekämpfung von Rechtsextremismus und Antisemitismus ein
       schlüssiges Gesamtkonzept.“
       
       Wichtige Bündnispartner:innen aus der Zivilgesellschaft würden von CDU
       und SPD verprellt, so Mirzaie. Aber auch die [2][von SPD-Fraktionschef Raed
       Saleh groß angekündigte Enquete-Kommission] zur Prävention von
       Antisemitismus, Rassismus, Muslimfeindlichkeit und jeder Form der
       Diskriminierung lässt auf sich warten.
       
       Mirzaie wurmt mit Blick auf den Rechtsextremismus noch ein weiterer Punkt:
       „Die Zahlen für das erste Halbjahr 2024 belegen einmal mehr, dass es ein
       Trugschluss ist, die Gefahr durch rechte und linke Straftaten auf eine
       Stufe zu stellen, wie es auch die CDU gerne tut.“
       
       Tatsächlich ist laut Innenverwaltung die politisch motivierte Kriminalität
       von links stark zurückgegangen. Von 670 Fällen ging es herunter auf 390
       Fälle. Auch in diesem Fall liegt die Erklärung auf der Hand: So hat die
       Polizei 2023 die Straßenblockaden und anderen [3][Aktionen der Letzten
       Generation aus unerklärlichen Gründen als „linksextrem“ eingestuft]. Und
       die Letzte Generation ist inzwischen nun mal – von wenigen Ausnahmen
       abgesehen – von den Berliner Straßen verschwunden.
       
       17 Aug 2024
       
       ## LINKS
       
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       ## AUTOREN
       
   DIR Rainer Rutz
       
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