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       # taz.de -- Weltraumforschung: All unsere Fragen
       
       > Das All ist mehr als ein Hobbyraum für reiche weiße Männer, es ist ein
       > wissenschaftliches Rätsel. 7 Fragen, auf die wir noch keine Antworten
       > haben.
       
   IMG Bild: Zwei verwobene Galaxien, die aussehen wie ein Delfin
       
       Die Weltraumforschung hat es derzeit schwer. Das Universum gilt als
       Hobbyraum reicher weißer Männer. [1][Tesla-Chef Elon Musk] und
       Amazon-Gründer Jeff Bezos entwickeln Raketen, Raumschiffe und Satelliten,
       schießen sie ins All und haben im Grunde denselben Traum: menschliche
       Siedlungen im Weltraum errichten. Das lenkt ab von den Problemen auf der
       Erde – und von der Forschung. Denn die berechtigte Kritik an den
       egoistischen Träumen der Tech-Milliardäre dämpft das Fantastische, das
       Unheimliche, das Unbekannte. Es geht immer weniger um ferne Galaxien,
       glubschäugige Wesen und kosmische Gemeinschaften. Folglich wenden sich
       viele enttäuscht vom Sehnsuchtsort Weltraum ab.
       
       Doch das ist voreilig. Denn noch immer sitzen Astronom:innen weltweit
       an ihren Computern und hinter Weltraumteleskopen. Vieles haben sie schon
       herausgefunden: Wer hier eigentlich wen umkreist oder welche chemischen
       Elemente seit dem Urknall da sind. Vieles aber auch noch nicht: Gibt es
       außerirdisches Leben? Wann schlägt der nächste Asteroid ein? Und gibt es
       doch einen neunten Planeten in unserem Sonnensystem?
       
       Was ist dunkle Materie? 
       
       Etwa 80 Prozent der Materie im Universum besteht offenbar aus einer
       unsichtbaren und bisher unbekannten Substanz, auch [2][dunkle Materie]
       genannt. Das erkannte zuerst der Astronom Fritz Zwicky. Seine Erkenntnisse
       wurden zunächst angefochten, heute gilt das Vorhandensein von dunkler
       Materie als gesichert. Den Physiker:innen fehlen jedoch die Beweise,
       worum es sich dabei handeln könnte.
       
       Im Prinzip suchen sie nach einem neuen Teilchen, das für die unbekannten 80
       Prozent verantwortlich ist. Viele glauben, dass das fehlende
       Elementarteilchen so klein ist, dass es bisher nicht nachgewiesen werden
       konnte. Inzwischen gibt es weltweit zahlreiche Experimente dazu. Doch noch
       tappen wir im Dunkeln.
       
       Wann kracht der nächste Asteroid auf die Erde? 
       
       Wenn Asteroiden oder Kometen die Erdbahn kreuzen, kann es zu einer
       Kollision mit der Erde kommen. Besonders große Himmelskörper hinterlassen
       Krater auf der Erdoberfläche oder lösen beim Einschlag im Meer Flutwellen
       aus. [3][Wie beim Aussterben der Dinosaurier] vor 65 Millionen Jahren. Der
       Asteroid, der damals auf die Erde stürzte, hatte einen geschätzten
       Durchmesser von 15 Kilometern.
       
       Wann der nächste Asteroid oder Komet einschlägt, kann niemand genau sagen.
       Einen groben Anhaltspunkt für die Einschlagswahrscheinlichkeit geben die
       mittleren Zeitabstände zwischen den Einschlägen zweier gleich großer
       erdnaher Himmelskörper: 30 Meter große Asteroiden oder Kometen treffen die
       Erde etwa alle 1.000 Jahre, ein Kilometer große etwa alle 300.000 Jahre, so
       das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR). Der letzte große
       Einschlag geschah mutmaßlich 1908 in Sibirien. Seismografen schlugen damals
       weltweit an, doch die Datenlage zum sogenannten Tunguska-Ereignis ist
       spärlich.
       
       Es gibt einen weiteren Grund, warum die Vorhersage nur über die
       Einschlagsabstände funktioniert. Nach Schätzungen gibt es mehr als eine
       Million erdnaher Asteroiden und Kometen, die größer als 30 Meter sind.
       Davon sind laut DLR aber nur weniger als 3 Prozent bekannt. Und nur ihre
       Bahnen können berechnet werden. Demnach gilt: Je mehr Himmelskörper
       Astronom:innen entdecken und berechnen, desto besser können sie
       abschätzen, wann es das nächste Mal knallt.
       
       Bis wann scheint die Sonne? 
       
       Der Mensch braucht die Sonne. [4][Für viele Menschen] in Deutschland reicht
       ein einziger Winter, um zu dieser Erkenntnis zu kommen. Doch die Sonne
       durchläuft wie alle Sterne einen Lebenszyklus. Sie entstand vor knapp 5
       Milliarden Jahren, als sich eine ausgedehnte Gas- und Staubwolke unter
       ihrer eigenen Schwerkraft so stark verdichtete, dass in ihrem Zentrum
       Wasserstoffkerne verschmolzen und dabei gewaltige Energiemengen
       freisetzten.
       
       Glücklicherweise ist der Wasserstoffvorrat der Sonne so groß, dass sie noch
       geschätzte 5 Milliarden Jahre leuchten wird. Allerdings wird die Intensität
       der Sonnenstrahlung immer weiter zunehmen. In 2 bis 3 Milliarden Jahren
       soll sie laut dem DLR so heiß sein, dass die Ozeane auf der Erde
       verdampfen. Es ist aber extrem unwahrscheinlich, dass der Homo sapiens das
       noch erleben wird.
       
       Lässt sich die Energie aus dem All besser nutzen? 
       
       Das ist zugegebenermaßen etwas verrückt. Aber die Erde ist klein und liegt
       relativ isoliert im Weltall. Wenn man die Energie ganzer Sonnen nutzen
       könnte, wären ganz neue Formen der Zivilisation denkbar. Das dachte sich
       der Astrophysiker Nikolai Kardaschow. Er ging davon aus, dass jede
       hochentwickelte Zivilisation, die im Weltraum unterwegs ist, Energie
       benötigt, und klassifizierte die Energiequellen, die ihr zur Verfügung
       stehen. So entstand Mitte der 1960er-Jahre die Kardaschow-Skala.
       
       Demnach nutzt eine Zivilisation vom Typ 1 die gesamte auf ihrem Planeten
       verfügbare Energie. Die größte Energiequelle eines Planeten ist das Licht
       seines Sterns. Die Zivilisation muss also alles Licht, das auf ihrem
       Planeten ankommt, einfangen. Wie eine Zivilisation das schaffen soll,
       wusste er nicht.
       
       Im nächsten Schritt – in einer Zivilisation vom Typ 2 – wird nicht nur die
       gesamte Energie eingefangen, die auf den eigenen Planeten einstrahlt,
       sondern auch die Energie des Sterns selbst. Zivilisationen vom Typ 3
       wiederholen den Trick mit allen Sternen ihrer Galaxie. Ein wahrhaft
       galaktisches Imperium.
       
       Sind wir allein im Universum oder nicht? 
       
       Außerirdisches Leben hat die Menschheit seit jeher fasziniert. Aristoteles
       zum Beispiel war ein Alien-Pessimist, er hielt die Erde für einzigartig.
       Die wissenschaftliche Suche nach Außerirdischen hat jedoch erst in den
       letzten Jahren Fahrt aufgenommen. Das Forschungsfeld musste sich erst von
       UFOs und kleinen grünen Hollywood-Wesen befreien. Durch sie wurde es seit
       den 1980er-Jahren ins Lächerliche gezogen.
       
       Inzwischen gibt es Weltraumteleskope, die Milliarden von Lichtjahren ins
       All blicken können, wissenschaftliche Methoden, um die Zusammensetzung der
       Atmosphären einzelner Planeten zu entschlüsseln, und NASA-Projekte, die
       gezielt nach außerirdischem Leben suchen. Warum wir trotzdem noch nichts
       gefunden haben? „Stellt man sich den Himmel als Ozean und die
       Außerirdischen als Fische vor, dann haben wir bisher mit allen Aktionen
       zusammen nur eine Badewanne durchsucht“, [5][sagt der Astrophysiker Adam
       Frank].
       
       Funktioniert Diplomatie im All besser? 
       
       Im September 2022 flogen zwei Russen und ein Amerikaner in einem russischen
       Raumschiff zur Internationalen Raumstation ISS. Der russische Angriffskrieg
       gegen die Ukraine dauerte da bereits ein halbes Jahr und die US-geführte
       Nato unterstützte die Ukraine. Wegen eines Lecks verzögerte sich der
       Rückflug erheblich und plötzlich [6][saß das internationale Team fest]. Auf
       der ISS bilden die Forschungsteams eine Wohngemeinschaft auf einer Fläche
       so groß wie ein Haus mit sechs Zimmern. Privatsphäre gibt es kaum. Aber das
       Zusammenleben scheint zu funktionieren. Jedenfalls wurden die gestrandeten
       Astronauten von einem erneut russisch-amerikanischen Team abgelöst.
       
       Der Weltraum soll es uns ermöglichen, die Erde als Ganzes zu sehen und ein
       „planetarisches Bewusstsein“ zu entwickeln, glaubte der amerikanische
       Politiker und ehemalige Astronaut Bill Nelson. Er schlug vor, große
       internationale Konferenzen von dort oben abzuhalten. Das würde sich positiv
       auf die Verhandlungen auswirken.
       
       Gibt es einen neunten erdnahen Planeten? 
       
       Früher gab es neun Planeten in unserem Sonnensystem. Denn bis 2006 galt
       Pluto als Planet. Dann entdeckten Astronom:innen immer mehr
       Zwergplaneten am Nachthimmel und degradierten Pluto zu einem solchen.
       Maßgeblichen Anteil daran hatte der Astronom Michael Brown. Heute ist er
       davon überzeugt, dass es doch [7][einen neunten Planeten in unserem
       Sonnensystem gibt]. Dieser soll sich jenseits von Neptun befinden.
       
       Brown und ein renommiertes Forschungsteam haben simuliert, wie die
       Umlaufbahnen der sogenannten transneptunischen Objekte beeinflusst werden.
       Laut ihnen sei ein neunter Planet die beste Erklärung für die Bewegungen.
       Aber Vorsicht: Es handelt sich um theoretische Berechnungen. Ob Planet 9
       wirklich da draußen ist, könnte sich bald mit leistungsfähigeren Teleskopen
       wie dem derzeit im Bau befindlichen Vera C. Rubin Observatory zeigen.
       
       31 Aug 2024
       
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