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       # taz.de -- press-schlag: Doch kein Küsschen
       
       > Warum Fußballgucken immer Bangen und Hoffen ist – und warum das in den
       > meisten Fällen schief geht
       
       Und da ist er wieder, dieser Spielsamstag, an dem die Fußballvereine, die
       man wenigstens leidlich leiden kann, verloren haben – durch, natürlich,
       sehr große Ungerechtigkeiten wie Elfmeter, Gegentore, Abseitspfiffe, Rote
       Karten und ganz allgemein unverschämte gegnerische Überlegenheit.
       
       Ja, ein, zwei andere haben auch nicht gewonnen, aber darum geht es jetzt
       nicht, sondern um das Gesamtelend. Dass dies wieder so ein Samstag werden
       wird, merkt man so einem typischen schönen neuen Spieltag nicht an, im
       Gegenteil. Natürlich wäre es besser gewesen, wenn der FC St. Pauli am
       Vorabend gegen Union Berlin gewonnen hätte, aber Grund zum Optimismus gibt
       es trotzdem. Denn nun schuldet das Fußballuniversum einem dadurch etwas:
       Siege für den VfL Bochum, Holstein Kiel und diejenigen, die gegen die Klubs
       spielen, die man herzhaft nicht ausstehen kann. Was ja nun wirklich nicht
       zu viel verlangt ist. Aber, wenn man ganz ehrlich ist, gleichzeitig auch
       ein weiteres Argument gegen etwaige unrealistische Ansichten zum
       Themenkomplex menschliche Intelligenz und Lernfähigkeit. Ein Argument, das
       es natürlich, guckt man sich allgemein die Lage auf der Welt und speziell
       die in gewissen ostdeutschen Bundesländern an, nicht brauchen würde, aber
       sicher ist sicher.
       
       Natürlich macht die Bundesliga nie, was man will, und eigentlich weiß man
       das auch, aber es ist halt so schön bequem, das zu Beginn einer jeden neuen
       Saison vollkommen vergessen zu haben. Und so sitzt man da und hat
       Hoffnungen, aber dann beginnen auch schon die sehr großen Ungerechtigkeiten
       und ganz langsam kommen sie wieder, die Erinnerungen an all die ganzen
       Spieltage, an denen die Lieblingsvereine dem Abstieg weiter
       entgegentaumelten. Oder Meisterschaften verdaddelten, was allerdings,
       zugegeben, seltener passiert.
       
       Nach vielen, vielen Seufzern wird aber schließlich auch der gemeinste
       Spieltag abgepfiffen, was kein Glück ist, denn nun muss man sich den
       Tatsachen, also der Tabelle stellen, hilft ja alles nix. Wie die aussieht,
       weiß man immerhin genau, denn so schwierig ist es nicht, am zweiten
       Spieltag kopfrechnungstechnisch den Überblick zu behalten. Ein trauriger
       Anblick sind sie aber doch, die drei Lieblingsvereine, die sich, ganz unten
       im kalten Tabellenkeller, vollkommen punktelos aneinander gekuschelt haben.
       „Keine Bange, das wird noch“, möchte man ihnen zuflüstern, und ihnen dabei
       über die Köpfchen streicheln, aber man tut es natürlich nicht. Denn erstens
       haben auch Lieblingsvereine keine Köpfchen, und zweitens wäre es gelogen.
       Elke Wittich
       
       2 Sep 2024
       
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