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       # taz.de -- Franziskus in Indonesien: Papst wirbt für Dialog mit Islam
       
       > Bei seinem Besuch im mehrheitlich muslimischen Indonesien spricht sich
       > Papst Franziskus gegen religiösen Extremismus und Intoleranz aus
       
   IMG Bild: Papst Franziskus trifft sich mit Jugendlichen im Jugendzentrum Grha Pemuda in Jakarta, Indonesien, 4. September 2024
       
       Jakarta taz | Das Sicherheitsaufgebot vor der katholischen Kathedrale Mariä
       Himmelfahrt und der Staatsmoschee Istiqlal im Zentrum Jakartas ist enorm.
       Papst Franziskus ist seit Dienstag für drei Tage in der Stadt und trifft am
       Donnerstag in der Moschee den Großimam Nasaruddin Umar und Vertreter
       anderer Religionen.
       
       Der Dialog mit dem Islam in Indonesien als größte sunnitisch-islamische
       Nation der Welt ist das Hauptanliegen des 87-jährigen Pontifex. „Auf diese
       Weise können Vorurteile abgebaut werden und ein Klima gegenseitigen
       Respekts und Vertrauens entstehen, das für die Bewältigung gemeinsamer
       Herausforderungen unabdingbar ist“, sagte Franziskus bei einem Treffen mit
       Präsident Joko Widodo und nannte als gemeinsames Ziel von Christentum und
       Islam den Kampf gegen „Extremismus und Intoleranz“. Die versuchten, „sich
       mithilfe von Täuschung und Gewalt durchzusetzen, indem sie die Religion
       verfälschen“.
       
       Kathedrale und Moschee stehen sich in trauter Nachbarschaft gegenüber und
       sind jetzt durch einen eigens zum Papstbesuch erbauten „Tunnel der
       Freundschaft“ verbunden. Fährt der gebrechliche und im Rollstuhl sitzende
       Franziskus am Donnerstag durch den Tunnel zur Moschee? „Das wird noch
       diskutiert“, sagt ein Sprecher des Organisationskomitees.
       
       Von hohem Symbolwert wird das Dokument der religiösen Harmonie für die
       säkulare und multireligiöse Republik Indonesien sein, das Papst und
       Großimam am Donnerstag unterzeichnen wollen.
       
       ## Tradition religiöser Harmonie mit aktuellen Fragezeichen
       
       Indonesiens Verfassung garantiert Religionsfreiheit für die sechs offiziell
       anerkannten Religionen Islam, Buddhismus, Hinduismus, Konfuzianismus,
       Katholizismus und Protestantismus. Nicht anerkannt sind indigene Religionen
       mit etwa 20 Millionen Gläubigen. Die 24 Millionen Christen, darunter sieben
       Millionen Katholiken, sind eine Minderheit.
       
       Yahya Cholil Staquf, Vorsitzender der rund 80 Millionen Mitglieder
       zählenden islamischen Massenorganisation Nahdlatul Ulama (NU) beschreibt
       gegenüber der taz Indonesien als Nation religiöser Toleranz und Harmonie.
       
       Das stimmt einerseits, andererseits wurden in Indonesien laut dem Setara
       Institute for Democracy and Peace in Jakarta von 2007 bis 2023 mehr als 570
       Fälle gewaltsamer Auflösung von Gottesdiensten, Einschüchterungen von
       Angehörigen religiöser Minderheiten und Vandalismus und Brandstiftungen an
       Gotteshäusern durch Islamisten registriert.
       
       Betroffen waren vor allem Christen, aber auch die als Abtrünnige geltenden
       islamischen Minderheiten der Schiiten und Ahmadiya.
       
       Islamisten der militanten Islamischen Verteidigungsfront (FPI) und der
       salafistischen Hizb ut-Tahrir wurden unter Präsident Susilo Bambang
       Yudhoyono (2004–2014) einflussreich, infiltrierten Politik und islamische
       Organisationen. Ihr größter Erfolg war die [1][Kampagne gegen Jakartas
       christlichen Gouverneur „Ahok“ Basuki Tjahaja Purnama] wegen angeblicher
       Blasphemie. Das kostete ihn 2017 die Wiederwahl und brachte ihm zwei Jahre
       Haft.
       
       ## Machtkämpfe mit Islamisten
       
       Die vorerst letzte Machtdemonstration der Islamisten war 2019 ihr Bündnis
       mit dem damaligen Oppositionskandidaten Prabowo Subianto. [2][Wiedergewählt
       wurde Joko Widodo], der seine zweite und letzte Amtszeit für das
       Zurückdrängen der Islamisten nutzte. FPI und Hizb ut-Tahrir wurden
       verboten. Die durch die Terroranschläge in Bali bekannte Gruppe Jemaah
       Islamiyah (JI) erklärte im Juli 2024 ihre Selbstauflösung.
       
       Vertreter eines moderaten Islams gelangten an die Schalthebel von Politik
       und Religion. Darunter ist der Großimam, den Andreas Harsono von Human
       Rights Watch als „progressiven Muslim“ beschreibt, der sich unter anderem
       für Frauenrechte einsetzt. „Das ist vielen konservativen Muslimen ein Dorn
       im Auge“, so Harsono.
       
       Vertreter des moderaten indonesischen Islam prägten den Begriff des „Islam
       Nusantara“ (Islam des indonesischen Archipels). Das sei ein in die alten
       Traditionen Indonesiens eingebetteter Islam und kein „konservativer Islam“
       saudi-arabischer Prägung, sagt Yahya Cholil Staquf.
       
       Im Oktober tritt [3][der im Februar gewählte Ex-General Prabowo] die
       Nachfolge von Widodo als Präsident an. Prabowo belastet nicht nur seine
       frühere Nähe zum Diktator Suharto, sondern auch die zu einem sehr
       konservativen Islam. Harsono mahnt: „Die Islamisten sind vielleicht im
       Moment zum Schweigen gebracht worden, aber sie können jederzeit
       wiederaufleben.“
       
       4 Sep 2024
       
       ## LINKS
       
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       ## AUTOREN
       
   DIR Harald Bach
       
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