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       # taz.de -- Thüringen und Sachsen: Das Wagenknecht-Problem der CDU
       
       > Eine Gruppe westdeutscher Christdemokraten will Koalitionen mit dem BSW
       > verhindern. Für Parteichef Friedrich Merz könnte das zum Problem werden.
       
   IMG Bild: Der CDU-Vorsitzende Friedrich Merz auf einer Wahlkampfveranstaltung in Brandenburg
       
       Berlin taz | In der CDU sorgt ein Vorstoß für Aufregung, [1][eine
       Zusammenarbeit mit dem Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) per
       Parteitagsbeschluss zu untersagen]. „Ich bin nicht vor 34 Jahren in die CDU
       eingetreten, um Koalitionen mit einer nationalbolschewistischen Partei zu
       schließen“, schreibt Monica Wüllner auf X. Und: „Wir stehen zur
       Westbindung, zur Nato und zur EU!“ Am Telefon sagt die Stuttgarterin, die
       im CDU-Bundesvorstand sitzt, dass eine Koalition mit dem BSW nicht gehe.
       „Das würde etwas kaputt machen in der CDU.“
       
       Ähnlich sieht das Frank Sarfeld aus Rheinland-Pfalz. „An der Basis von CDU
       und CSU brodelt es“, sagt er. „Eine Koalition mit dem BSW hat das
       Potential, die CDU zu sprengen.“ Laut Sarfeld haben sich inzwischen, Stand
       Mittwochmittag, fast hundert CDU-Mitglieder der Initiative angeschlossen.
       
       Die bekanntesten sind der Bundestagsabgeordnete Roderich Kiesewetter, der
       Europaparlamentarier Dennis Radtke, Mitglied der Christlich-Demokratischen
       Arbeitnehmerschaft, und der rheinland-pfälzische Landesvorsitzende
       Christian Baldauf.
       
       Sie stammen aus dem Westen, die meisten Unterstützer gehören zum liberalen
       Flügel der CDU. Der Tagespiegel hatte zuerst über die Initiative berichtet.
       Das BSW agiere „als verlängerter Arm des Kreml“, so Kiesewetter. „Die CDU
       steuert auf einen Abgrund zu, wenn wir uns vor den Karren von Wagenknecht
       spannen lassen“, so Radtke.
       
       Das Problem: Die CDU braucht in Sachsen und Thüringen die Unterstützung der
       Wagenknecht-Partei, wenn es eine Regierung ohne AfD geben soll. Dieses
       Dilemma sieht auch Wüllner, ihre Meinung ändert das nicht. Eine Duldung,
       sagt sie, sei das äußerste. Und das auch nur „mit Bauchschmerzen“.
       
       ## Problem für Merz
       
       Für Parteichef Friedrich Merz, der Kanzlerkandidat der Union werden will,
       könnte das Ganze zum Problem werden. Er selbst hatte erst vor Wochen eine
       Zusammenarbeit mit dem BSW gänzlich ausgeschlossen, weil dieses sowohl
       rechts- als auch linksextremistisch sei. Nach Protest aus den Ostverbänden,
       die das Drama auf sich zukommen sahen, ruderte er zurück. Jetzt gilt der
       Ausschluss nur noch für die Bundesebene.
       
       Gegenüber der dpa räumte Merz am Mittwoch zwar ein, dass es in der West-CDU
       ein „erhebliches Unbehagen“ gebe mit Blick auf das, was jetzt in Thüringen
       und in Sachsen diskutiert werde. „Aber das müssen wir als CDU aushalten.
       Und wir sollten aus der westdeutschen Komfortzone nicht unerbetene
       öffentliche Ratschläge geben.“
       
       Bislang untersagt die CDU eine Zusammenarbeit mit der AfD und der
       Linkspartei. Einen Unvereinbarbeitsbeschluss zu dem BSW könnte erst der
       Bundesparteitag 2025 beschließen.
       
       Aber passen CDU und BSW in Thüringen und Sachsen überhaupt zusammen? Oder
       wäre das eine Anti-AfD-Notkoalition ohne inhaltliche Gemeinsamkeit, wie die
       Anhänger*innen eines Unvereinbarkeitsbeschlusses meinen?
       Parteigründerin Sahra Wagenknecht sagt, dass BSW nur mitregieren wird, wenn
       die CDU geführten Landesregierungen sich gegen die Stationierung von
       US-Raketen in Deutschland und für weniger Waffenlieferungen und mehr
       Diplomatie bekennen.
       
       Wagenknecht hat auch nach der Wahl die Friedensfrage für „unverhandelbar“
       erklärt. Die beiden vom BSW unterstützten CDU-Ministerpräsidenten müssten
       „ihr Gewicht in die Waagschale werfen“, um Druck auf die Bundesregierung
       ausüben. Die Hürde liegt ziemlich weit oben. Kann das gehen?
       
       Die Lage ist in Erfurt und Dresden verschieden. In Dresden sind inhaltlich
       eher Kompromisse denkbar. Denn CDU-Ministerpräsident Michael Kretschmer
       fordert selbst weniger Waffen für die Ukraine. Er ist für die Stationierung
       der US-Raketen, hat aber eine bundesweite Volksbefragung nahegelegt. In
       Dresden ist daher, Kompromissbereitschaft auf beiden Seiten vorausgesetzt,
       denkbar, dass man rhetorische Formeln für einen Koalitionsvertrag finden
       kann. Die CDU muss den Eindruck vermeiden, dass sie sich von BSW zu einer
       neuen Außenpolitik erpressen lässt.
       
       Der Weg, den CDU-Chef Mario Voigt in Erfurt in Richtung BSW zurücklegen
       muss, ist weiter als der von Kretschmer. Voigt gilt als Transatlantiker. Er
       forderte von der Bundesregierung zwar auch „mehr Diplomatie“, plädierte
       aber nicht für eine Reduzierung der Waffenlieferungen an die Ukraine.
       
       Katja Wolf, BSW-Chefin in Thüringen, will regieren. Am Mittwoch betonte sie
       aber in Erfurt, dass „Krieg und Frieden ein Landesthema sind“ – will sagen:
       keines, das Wagenknecht von außen aufdrückt. In der Präambel eines
       Koalitionsvertrages müssten sich unmissverständliche Formulierungen gegen
       US-Raketen und für mehr Diplomatie finden. Voigt kündigt erste Gespräche
       mit dem BSW für diese Woche an. Noch keine Sondierungen, aber „mehr als
       Kaffeetrinken“.
       
       Es gibt auch einen Zwang zur Zusammenarbeit. Und Zeitdruck. Die AfD ist die
       stärkste Fraktion in Erfurt. CDU, BSW, SPD und Linke müssen kooperieren, um
       zu verhindern, dass, wenn das neuen Parlament erstmals zusammentrifft, ein
       AfD-Mann Präsident des neuen Landtags wird. Katja Wolf betonte, dass man
       dies unbedingt verhindern müsse.
       
       4 Sep 2024
       
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