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       # taz.de -- Kriminalität: Nachts sind alle Katzen grau
       
       > Infolge von Schüssen in der Potsdamer Straße starb ein Mann. Zwei Männer
       > wurden schwer verletzt, darunter ein Radfahrer. Der Hintergrund ist
       > unklar.
       
   IMG Bild: Bushaltestelle in der Potsdamer Straße am Morgen nach der Schießerei
       
       Berlin taz | Neben der Bushaltestelle befindet sich ein [1][Scherbenmeer],
       eine Glasscheibe ist komplett kristallisiert. Bis morgens sei der Abschnitt
       zwischen Potsdamer Straße und Goebenstraße gesperrt gewesen, sagt eine
       Verkäuferin, die zu diesem Zeitpunkt zur Arbeit ging. „Überall war
       Blaulicht.“
       
       Polizei und Rettungskräfte hatten in der Nacht von Mittwoch zu Donnerstag
       in Schöneberg viel zu tun. Gegen 1 Uhr kam es dort laut Staatsanwaltschaft
       zu einem Tötungsdelikt. Bei Schussgaben in der Bülowstraße Ecke Potsdamer
       Straße seien drei Männer im Alter von 44 und 42 Jahren verletzt worden.
       Einer der beiden 42-Jährigen sei auf dem Weg ins Krankenhaus gestorben. Die
       beiden anderen wurden operiert und befinden sich nach wie vor in
       stationärer Behandelung.
       
       Zur falschen Zeit am falschen Ort, das gilt für den anderen 42-Jährigen.
       Dem Vernehmen nach ist inzwischen klar, dass der Mann mit der Schießerei
       nichts zu hatte, sondern zufällig auf einem Fahrrad vorbeikam. Von den
       Schüssen getroffen, lag er nicht ansprechbar auf dem Bürgersteig. Über die
       Hintergründe wurde bisher nichts bekannt. Eine Mordkommission ermittelt,
       heißt es nur. Der oder die Täter seien auf der Flucht.
       
       Redseliger zeigt sich [2][Benjamin Jendro, Sprecher der Gewerkschaft der
       Polizei], auch wenn es sich dabei zugegebenermaßen um Spekulationen
       handelt. Dass die Tat einen Bezug zur Organisierten Kriminalität habe, sei
       nicht auszuschließen. „Wir alle wissen“, so Jendro, dass im Bereich
       Potsdamer Straße der Prostitution nachgegangen werde und diese ein
       lukratives Feld der Organisierten Kriminalität sei. Dabei gehe es um viel
       Geld und die Durchsetzung von Macht auf der Straße, auch mit Waffengewalt.
       
       Am Morgen danach geht das Leben auf der Potsdamer Straße seinen normalen
       Gang. In den Cafés und Geschäften nimmt man es gelassen. Auf die Frage, ob
       er was mitbekommen habe, immerhin befindet sich die entglaste Haltestelle
       vor seiner Tür, ruft der Schuster in gespielter Empörung: „Ich habe
       geschlafen!“ Der Obdachlose schläft immer noch tief auf seinem
       [3][Stammplatz vor der ehemaligen Post].
       
       Der Einzige, der einen kritischen Ton anschlägt, ist ein Verkäufer in einem
       der Döner-Imbisse. „Scheiße Straße“, schimpft er und macht eine Bewegung,
       als wolle er sich eine Spritze in den Arm jagen. „Viele Drogen“.
       
       Man kann der Potse, wie die Straße auch genannt wird, vieles nachsagen,
       aber nicht das. Probleme mit Junkies und Dealern gehören – anders als am
       Kreuzberger Kotti und im Wrangelkiez – schon lange der Vergangenheit an.
       Die Potse ist bunt und multikulti, es wohnt sich dort ziemlich gut. Nicht
       nur tagsüber. Und nachts sind alle Katzen grau.
       
       5 Sep 2024
       
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