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       # taz.de -- Meduza-Auswahl 15. – 21. August: Russlands Fast-noch-Kinder-Soldaten
       
       > Viele Rekruten der russischen Armee sind gerade 18 Jahre alt. Sie hoffen
       > auf schnelles Geld – und finden den Tod.
       
   IMG Bild: Junge Rekruten nach ihrer Einkleidung
       
       Das [1][russisch]- und [2][englischsprachige] Portal Meduza zählt zu den
       wichtigsten unabhängigen russischen Medien. Im Januar 2023 wurde Meduza
       [3][in Russland komplett verboten]. Doch Meduza erhebt weiterhin seine
       Stimme gegen den Krieg – aus dem Exil. Die taz präsentiert seit 1. März
       2023 unter taz.de/meduza immer mittwochs in einer wöchentlichen Auswahl,
       worüber Meduza aktuell berichtet. Das Projekt wird von der [4][taz Panter
       Stiftung] gefördert.
       
       In der Woche vom 15. bis zum 21. August 2024 berichtete Meduza unter
       anderem über folgende Themen:
       
       ## Von der Schulbank an die Waffen in den Tod
       
       Russische Kinder werden in der Schule und in den Medien beständig mit
       Propagandanachrichten über den Krieg in der Ukraine berieselt. Nun macht
       eine Generation, die als Jugendliche durch diesen Krieg geprägt wurde,
       ihren Schulabschluss – und geht danach oft direkt an die Front.
       
       Viele junge Männer unterzeichnen mit kaum 18 Jahren Verträge mit der Armee
       und werden nach nur zwei Wochen Ausbildung in den Kampf geschickt. Allein
       in den letzten zwei Monaten sind mindestens 13 solcher jungen Soldaten im
       Kampf gefallen – viele bereits bei ihrem ersten Einsatz. Um herauszufinden,
       was diese jungen Männer dazu veranlasst, sich zum Dienst zu melden, sprach
       die unabhängige Nachrichtenagentur Holod mit den Hinterbliebenen dieser
       jungen Soldaten. [5][Meduza fasst den Bericht auf Englisch zusammen.]
       
       Nur ein Beispiel: Georgy Nadeyin aus Perm im Uralvorland war erst acht
       Jahre alt, als sein Stiefvater 2014 zum ersten Mal mit der Gruppe Wagner in
       den Donbass zog. Nachdem er in der Ukraine gedient hatte, wurde sein
       Stiefvater nach Syrien und dann nach Afrika geschickt. Georgy feierte
       seinen 18. Geburtstag im Februar 2024. Weniger als einen Monat später rief
       er seine Mutter an und erzählte ihr, dass er einen Militärvertrag
       unterschrieben hatte. „Alle Jungs gehen hin“, sagte er. „Bin ich etwa der
       Einzige, der dafür nicht geeignet ist?“
       
       Ein anderes Beispiel: Jaroslaw Lipawski aus Tjumen in Westsibirien wollte
       der Armut entkommen – und starb einen Monat nach seinem 18. Geburtstag. Er
       hatte gehofft, als Soldat genug Geld zu verdienen, um seine schwangere
       Freundin zu unterstützen und seiner Mutter zu helfen, angehäufte Schulden
       zu begleichen. Kurz nach Jaroslaws Tod brachte seine Freundin Jekaterina
       eine gemeinsame Tochter zur Welt.
       
       ## Der talentierte Mr. Rubzow
       
       Von den Spionen, die im Rahmen des Gefangenenaustauschs nach Russland
       zurückkehrten, war Pawel Rubzow der wohl „talentierteste“. Der 42-Jährige,
       der sowohl die spanische als auch die russische Staatsbürgerschaft besitzt
       und auch unter dem Namen Pablo González bekannt ist, arbeitete jahrelang
       als Journalist. So verschaffte er sich Zugang zu prominenten
       Persönlichkeiten der russischen Opposition – darunter auch zu zwei der im
       Rahmen des Gefangenenaustauschs freigelassenen politischen Gefangenen, Ilja
       Jaschin und Wladimir Kara-Mursa.
       
       Meduza erzählt, [6][wie er die russische Opposition infiltrierte,] in einem
       polnischen Gefängnis landete und schließlich nach Moskau zurückkehrte
       (englischer Text).
       
       Für Journalisten in Madrid wie Berlin, europäische Thinktanker und
       Mitglieder der russischen Opposition war González nicht etwa ein
       Kreml-Agent, sondern ein spanischer Journalist und politischer Analyst.
       Auch weil seine Geschichte so überzeugend war: So musste González-Rubzow
       nicht vorgeben, Spanier zu sein – denn er wurde in eine Familie von
       Einwanderern aus Spanien geboren. Sein Großvater, Andrés González Yagüe,
       wurde als Kind während des Spanischen Bürgerkriegs in die UdSSR evakuiert.
       Die Tochter von Yagüe, María Elena González, heiratete später den
       sowjetischen Wissenschaftler Alexei Rubzow. Ihr Sohn, Pawel Rubzow, wurde
       1982 in Moskau geboren.
       
       Selbst nach seiner Verhaftung beteuerten sowohl seine spanischen Kollegen
       als auch die Mutter seiner drei Kinder, Oihana Goiriena, dass er unschuldig
       sei. Selbst Menschenrechtsorganisationen wie Amnesty International und
       Reporter ohne Grenzen setzten sich für ihn ein und forderten Warschau auf,
       einen fairen Prozess zu führen.
       
       ## Der Tod des Pianisten Pawel Kuschnir
       
       Am 28. Juli stirbt der Pianist Pawel Kuschnir im Hungerstreik in einem
       Untersuchungsgefängnis in der fernöstlichen Stadt Birobidschan. Der Musiker
       wird nur 39 Jahre alt. Ende Mai war er festgenommen worden, unter dem
       Vorwurf, er habe öffentlich zum Terrorismus aufgerufen – weil er auf seinem
       YouTube-Kanal mit fünf Abonnenten Antikriegsvideos veröffentlicht hatte.
       
       Kuschnirs Tod wurde am bereits 2. August bekannt, am 13. August
       unterzeichneten Stars der klassischen Musikszene einen offenen Brief zum
       Gedenken an ihn. Bereg, eine Kooperative unabhängiger Journalisten in
       Russland, sprach mit Freunden und Klassenkameraden von Pawel Kuschnir, um
       zu verstehen, wer er war. Meduza [7][veröfffentlicht den Text auf Russisch
       in voller Länge.]
       
       ## Wenn der Einberufungsbefehl ins Haus flattert
       
       Wie kann man sich und seine Familie vor der Einberufung schützen? Und was
       tun, wenn Angehörige bereits in der Armee ist? Die wichtigsten Fragen und
       Antworten zum Einzug in das russische Militär, [8][beantwortet Meduza auf
       Russisch.]
       
       So erklärt der Jurist Jewgeni Smirnow gegenüber Meduza: Viele
       Wehrpflichtige entschieden sich für die Verweigerung des Einzugs. Die
       Risiken, die mit dem Aufenthalt in einer Strafkolonie verbunden sind, seien
       geringer als die Risiken, die Soldaten in einem Kriegsgebiet eingehen.
       
       Gerade Menschen, die sich in einer schwierigen Lebenssituation befindet –
       denen etwa ein Strafverfahren anhängt oder die Schulden haben –, zwingt das
       Militär regelrecht zur Unterzeichnung eines Einberufungsvertrags. Man könne
       nicht gezwungen werden, einen solchen Vertrag zu unterschreiben, und
       Drohungen seien in der Regel Bluff.
       
       21 Aug 2024
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://meduza.io/
   DIR [2] https://meduza.io/en
   DIR [3] /Russische-Medien-im-Exil/!5911767
   DIR [4] /!v=4269299f-23bb-40f2-a4ea-2b1b1ae40192/
   DIR [5] https://meduza.io/en/feature/2024/08/16/toy-soldiers
   DIR [6] https://meduza.io/en/feature/2024/08/19/reintroducing-pablo
   DIR [7] https://meduza.io/feature/2024/08/16/oni-zabyvayut-iz-za-chego-ya-umer-a-umer-ya-iz-za-voyny
   DIR [8] https://meduza.io/feature/2024/08/16/posle-nachala-nastupleniya-vsu-v-kurskoy-oblasti-osenniy-prizyv-stanovitsya-smertelno-opasnym
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Gemma Teres Arilla
   DIR Tigran Petrosyan
       
       ## TAGS
       
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