# taz.de -- Long-Covid-Demo in Berlin: „Das ist unterlassene Hilfeleistung“
> Am Freitag demonstrieren Betroffene in Berlin für mehr ärztliche
> Unterstützung bei Long-Covid. Vor allem geht es ihnen um Zugang zu
> Medikamenten.
IMG Bild: Protest am „Long Covid Awareness Day“ am 15. März vor dem Deutschen Bundestag
Viele Menschen haben wieder Corona, aber außer für Risikogruppen ist es
kaum ein Thema. „Sommerwelle“ klingt harmlos – aber ein Teil der
Infizierten wird Long-Covid entwickeln. Weltweit sind laut einer neuen
Studie schätzungsweise 400 Millionen Menschen betroffen.
Am Freitagnachmittag um 15:30 Uhr demonstrieren Betroffene von Long-Covid
und Chronischem Erschöpfungssyndrom (ME/CFS) vor dem
Bundesgesundheitsministerium (BMG) in Berlin für Verbesserungen in der
medizinischen Versorgung. Sie fordern, dass die vom BMG angekündigte Liste
der Off-Label-Medikamente umgehend veröffentlicht wird und für Long-Covid
und ME/CFS-Betroffene gleichermaßen gilt.
Off-Label-Medikamente sind Medikamente, die eigentlich für die Behandlung
anderer Krankheiten zugelassen sind. Da es [1][noch keine medikamentöse
Therapie] für Long-Covid und ME/CFS gibt, greifen Betroffene auf sie
zurück.
Der Arbeitsfortschritt der vom BMG eingesetzten [2][Expertengruppe] kann
online verfolgt werden. Demnach ist die Off-Label-Liste noch nicht
fertiggestellt, aber ein externes Institut sei im Juli beauftragt worden,
vorhandene Studiendaten auszuwerten, und es sei bereits eine „Übersicht zur
Therapie von Long-Covid-assoziierten Symptomen mit zugelassenen
Arzneimitteln“ erstellt worden. Einen konkreten Zeitplan nannte eine
Sprecherin des BMG gegenüber der taz nicht.
Die [3][Betroffene] Felicia G. hat die Demonstration angemeldet. Sie sagt:
„Wir finden: Medikamente zu verweigern, die die Krankheitslast reduzieren,
ist unterlassene Hilfeleistung.“ Solange es noch keine passende Behandlung
gebe, sei es wichtig, „dass wir Medikamente erhalten, die die Symptome
lindern, und diese auch bezahlt bekommen“. Den Aufruf zur Demonstration
gestaltete das Künstler*innenkollektiv „[4][Berlin Buyers Club]“, das
Aufkleber, Poster, Kleidung und Social-Media-Grafiken designt, um auf
Long-Covid aufmerksam zu machen.
## „Ein Weg in die Armut“
Die Entwicklung von Therapien und Medikamentenstudien – insbesondere bei
einem neuen Virus – braucht Zeit. Erfahrungen deuten jedoch darauf hin,
dass bestimmte Medikamente zumindest die Symptome lindern können.
Nur übernehmen die Kassen die Kosten nicht, weil sie für andere
Anwendungsgebiete zugelassen sind. Zudem haben Betroffene oft
Schwierigkeiten, sie von Kassenärzt_innen verschrieben zu bekommen. So
kommen zum Verdienstausfall noch die Kosten für private Behandlungen hinzu.
„[5][Ein Weg in die Armut]“, sagt Felicia G.
Auch für ME/CFS gibt es bisher keine zugelassene Therapie. Die Beschwerden
werden oft als psychosomatisch interpretiert und behandelt. Das ist fatal:
Während Bewegung und Aktivierung bei Depressionen oft helfen, können sie
bei ME/CFS sogar schaden. Denn das Kernsymptom der Erkrankung ist die
Post-exertionelle Malaise (PEM): Schon nach geringer Anstrengung
verschlimmern sich die Symptome, Betroffene „crashen“.
So gibt es Berichte, dass Patient_innen die Reha in [6][deutlich
schlechterem Zustand verlassen]. Das Prinzip „Reha vor Rente“ knüpft die
Teilnahme an einer Reha jedoch an die Bewilligung einer
Erwerbsminderungsrente. Vor diesem Hintergrund lautet die zweite Forderung
der Demonstration am Freitag: Menschen mit PEM dürfen nicht zur Reha
gezwungen werden.
23 Aug 2024
## LINKS
DIR [1] /Long-Covid-Awareness-Day/!5998487
DIR [2] https://www.bfarm.de/DE/Arzneimittel/Zulassung/Zulassungsrelevante-Themen/Expertengruppe-Long-COVID-Off-Label-Use/_node.html
DIR [3] /Long-Covid/!6003992
DIR [4] https://www.berlinbuyersclub.com/
DIR [5] /Long-Covid-und-Armutsgefaehrdung/!6002002
DIR [6] https://www.nature.com/articles/s41591-024-03173-6
## AUTOREN
DIR Anna Böcker
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