URI: 
       # taz.de -- Sparen bei der BVG: Dünnere Luft im U-Bahnnetz
       
       > Weil funktionierende Fahrzeuge fehlen, will die BVG demnächst
       > U-Bahn-Takte ausdünnen. Unter anderem könnte die U1 abends zu einer
       > Stummellinie werden.
       
   IMG Bild: Es geht bergab mit der Berliner U-Bahn – zumindest ein bisschen
       
       Berlin taz | Bei der Berliner U-Bahn [1][rumpelt und quietscht es seit
       Langem] – jetzt hat Vorstandschef Henrik Falk angekündigt, gezielt Takte
       auszudünnen, um die Stabilität des Betriebs zu erhöhen und das vorhandene
       Material effizienter einzusetzen. Massive Kritik an dieser Maßnahme kommt
       von den Grünen: Ihre verkehrspolitische Fraktionssprecherin Antje Kapek
       bezeichnete das Vorhaben gegenüber der taz als „erheblichen Einschnitt in
       die Grundversorgung Berlins“, der die Verkehrswende konterkariere.
       
       Gegen den Begriff „Ausdünnen“ sträube er sich freilich, [2][sagte Falk in
       einem aktuellen Interview mit dem Tagesspiegel]. Es handele sich „nicht
       zwingend“ um ein Weniger an Verkehrsleistung, zum Beispiel wenn ein Takt,
       der je nach Tageszeit zwischen 5 und 10 Minuten changiere, nun auf sieben
       Minuten vereinheitlicht werde. Außerdem sei es „für den Fahrgast egal, ob
       ein Zug alle vier oder viereinhalb Minuten kommt“. Es gehe vielmehr um
       einen verlässlichen Takt.
       
       Auf welchen Linien und zu welchen Zeiten es zu Veränderungen kommen wird,
       sagte Falk nicht. Er begründete jedoch die geplanten Fahrplananpassungen
       mit dem überalterten und erneuerungsbedürftigen Fuhrpark – teilweise würden
       60 Jahre alte Züge eingesetzt.
       
       Tatsächlich sorgen derzeit etwa Probleme mit den Radsätzen auf den Linien
       U6 bis U9 für Verspätungen und Betriebsunterbrechungen. Zwar habe man
       zwischenzeitlich die größte Fahrzeugausschreibung der BVG-Geschichte auf
       den Weg gebracht und die Zuschläge erteilt, so Falk, aber wohl erst 2025
       werde das Unternehmen „Schritt für Schritt große Stückzahlen“ vom
       Hersteller Stadler erhalten.
       
       ## Merkt niemand? „Quatsch!“
       
       Für Antje Kapek ist die Vorstellung, dass die Fahrgäste eine
       Taktverringerung nicht bemerken würden, schlicht „Quatsch“. Denn dünnere
       Takte bedeuteten weniger Züge und damit einen Rückgang der
       Beförderungskapazität. „Sprich: Zusätzlich zum vorhandenen Chaos machen sie
       den Flaschenhals noch enger.“ KundInnen müssten schließlich schon schon
       heute zum Teil mehrere Bahnen abwarten, um einsteigen zu können.
       
       Die Grünenpolitikerin sieht zudem eine „Abwärtsspirale“ auf die BVG
       zukommen: „Eine Leistungskürzung bedeutet dann natürlich auch die
       Nicht-Erbringung der im Verkehrsvertrag vereinbarten Leistungen und damit
       eine Reduktion der Senatsgelder“, so Kapek zur taz. Das verschärfe wiederum
       die Schieflage im Angebot.
       
       „Dass Schwarz-Rot mit dem Versprechen gestartet ist, x neue Linien zu
       bauen, und jetzt dafür sorgt, dass die Leute nicht mal mehr zuverlässig mit
       den vorhandenen transportiert werden können, ist echt krass.“ Zur Wahrheit
       gehöre, dass der Senat „sein Haushaltschaos jetzt auf dem Rücken der Öffis
       gegenfinanzieren“ wolle.
       
       Im Interview machte Falk klar, dass [3][die angespannte Berliner
       Haushaltslage] bedeute, dass das Angebot im Nahverkehr vorerst nicht weiter
       ausgebaut werde. Es bedürfe vielmehr großer Anstrengungen, das Angebot
       nicht noch weiter reduzieren zu müssen. Das funktioniere aber auch, etwa
       beim Busverkehr: In Abstimmung mit dem Senat habe man das Angebot im
       vergangenen Winter reduziert – „seither ist das Bussystem viel stabiler
       geworden“.
       
       ## Kommt die Stummel-U1?
       
       [4][In einem Internetforum zum Berliner ÖPNV], auf dessen Seiten für
       gewöhnlich gut informierte TeilnehmerInnen mit engem Bezug zu den
       Verkehrsunternehmen diskutieren, wurde vor wenigen Tagen schon eine
       konkrete Veränderung bei der U-Bahn kolportiert: Ein Nutzer berichtete, die
       U1 (Warschauer Straße – Uhlandstraße) werde nur noch tagsüber auf der
       ganzen Linie fahren, in den Tagesrandzeiten aber auf einen Stummelbetrieb
       im 10-Minuten-Takt zwischen Nollendorfplatz und Uhlandstraße reduziert.
       
       Auf der Teilstrecke zur Warschauer Straße führe dann zu diesen Tageszeiten
       nur noch die U3 (Warschauer Straße – Krumme Lanke). Dies solle ab dem 9.
       September umgesetzt werden, schreibt der Nutzer.
       
       23 Aug 2024
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Bilanz-der-Berliner-Verkehrsbetriebe/!5988924
   DIR [2] https://www.tagesspiegel.de/berlin/bvg-chef-henrik-falk-im-interview-von-wachstum-zu-traumen-ist-unrealistisch-12240587.html
   DIR [3] /Sparen-im-Oeffentlichen-Nahverkehr/!6014650
   DIR [4] https://www.bahninfo-forum.de/read.php?9%2C803514%2C807152#msg-807152
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Claudius Prößer
       
       ## TAGS
       
   DIR BVG
   DIR ÖPNV
   DIR Schwarz-rote Koalition in Berlin
   DIR BVG
   DIR BVG
   DIR Schwarz-rote Koalition in Berlin
   DIR BVG
   DIR Verkehr
   DIR Schwerpunkt Fußball-EM 2024
   DIR BVG
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Berliner Verkehrsbetriebe in der Krise: BVG übt sich in Selbstkritik
       
       BVG-Chef Henrik Falk will das U-Bahnchaos „schonungslos“ auswerten und
       kündigt Sofortmaßnahmen beim Personal an. Experten sagen, das kommt Jahre
       zu spät.
       
   DIR Lost im ÖPNV: Wehe, du fährst nach Berlin!
       
       Gerne heißt es, der ländliche Raum sei vom Nahverkehr abgehängt. Eine
       Pendeltour von Brandenburg nach Berlin zeigt: Das Gegenteil ist der Fall.
       
   DIR Berlin aus dem Takt: Jeden Tag ein bisschen schlechter
       
       Ob Schulessen, ÖPNV oder Behördengänge – es läuft einfach nicht in der
       Hauptstadt. CDU-Senatschef Kai Wegner hatte mal das Gegenteil versprochen.
       
   DIR Schwitzen in der U-Bahn: Der heißeste Ort Berlins
       
       An Berliner Hitzetagen ist es auch in den U-Bahnen der BVG heiß.
       Klimaanlagen gibt es nirgendwo, auch nicht in den Wagen der neusten
       Generation.
       
   DIR Sparen im Öffentlichen Nahverkehr: Senat findet Goldesel
       
       Der Senat will bei Bussen und Bahnen 130 Millionen Euro sparen – zusätzlich
       zu den Pauschalen Minderausgaben. Die Grünen sind empört.
       
   DIR ÖPNV zur Fußball-EM in Berlin: BVG schränkt Angebot teilweise ein
       
       Die einen feiern, die anderen warten: Damit 3 U-Bahnlinien zur Fußball-EM
       häufiger fahren können, wird der Takt andernorts ordentlich ausgedünnt.
       
   DIR Krise bei der BVG: Zurückbleiben, bitte!
       
       In den U-Bahnen und Bussen drängen sich die Fahrgäste. Die BVG aber sieht
       „keine nennenswerten Unregelmäßigkeiten“ und die Politik schaut zu.