URI: 
       # taz.de -- taz Panter Forum Cottbus: Der ganz normale Wahlsinn
       
       > Beim taz Panter Forum haben Spitzenpolitikerinnen über die Zukunft
       > Brandenburgs diskutiert. Die rechte Bedrohung umschiffen sie.
       
   IMG Bild: In der Rolle des Mahners: Sebastian Walter von den Linken beim Gespräch von Brandenburgs Spitzenkandidaten
       
       Cottbus taz | Irgendwann bricht die Frage aus einer Zuschauerin heraus: Wie
       man denn angesichts der aktuellen Situation von einem normalen Wahlkampf
       sprechen könne? Da diskutieren auf dem [1][taz Panter Forum] schon eine
       halbe Stunde lang Vertreter demokratischer Parteien miteinander.
       
       Sebastian Walter, Spitzenkandidat der Linken in Brandenburg, greift den
       Zwischenruf dankend auf und erinnert an den brutalen Angriff eine Woche
       zuvor im Potsdamer Stadtteil Golm. Ein Mann wurde krankenhausreif
       geschlagen, weil der [2][zum Nazi-Hit „L’amour toujours“] den Kopf
       geschüttelt hatte. So wenig reicht mittlerweile.
       
       Zwar ging es auf den vorherigen Podien des taz Panter Forums bereits um die
       Raumnahmen der Rechtsextremen und die Bedürfnisse der Zivilgesellschaft.
       Doch Walter nimmt hier gern die Rolle des Mahners, des vernünftigen
       Demokraten an. Seine Linkspartei hat in Brandenburg gerade keine
       Regierungsverantwortung, im Gegensatz zu den Mitdiskutanten Ludwig Scheetz
       (SPD), Michael Schierack (CDU) und Clemens Rostock (Grüne) – und wegen des
       BSW auch geringe Chancen, überhaupt wieder in den Landtag einzuziehen.
       
       ## Wie stabil ist die Brandmauer?
       
       Schnell ist die Runde beim Aufregerthema Nummer eins. Sind nach den Wahlen
       in Thüringen und Sachsen, gerade einmal eine Woche her, Diskussionen über
       weitere Asylrechtsverschärfungen wirklich die richtige Antwort? Die
       taz-ModeratorInnen Dinah Riese und Konrad Litschko lassen den Parteien
       Zeit, einmal ihre Punkte zu Migration und Ampel abzuladen, aber dann geht
       es um die Themen dieses Forums: die gestiegene rassistische Gewalt, das
       Schweigen darüber, die fehlende langfristige Unterstützung der
       Zivilgesellschaft durch die Politik – und die Frage, wie stabil die
       Brandmauer ist.
       
       Innerhalb der CDU gebe es diese, betont Michael Schierack. Allerdings: In
       Cottbus brachten 2023 CDU und AfD gemeinsam einen Antrag zur
       Flüchtlingsbegrenzung durch, im Kreis Barnim wird stark vermutet, dass ein
       AfD-Kandidat mit Stimmen der CDU zum stellvertretenden
       Kreistagsvorsitzenden gewählt wurde, und die CDUlerin Saskia Ludwig gab im
       Interview mit der Jungen Freiheit zu Protokoll, die Brandmauer sei „höchst
       undemokratisch“. Darauf Schierack: die Ansage von oben zur Brandmauer
       stehe, man müsse manchmal aber „pragmatische Lösungen“ finden.
       
       Einig ist sich das Podium, dass rechte Straftäter schnellstmöglich
       strafverfolgt werden sollten, der Grüne Clemens Rostock findet gar das
       Beispiel Großbritannien inspirierend. Nach den rechtsextremen
       Ausschreitungen Ende Juli wurden dort in wenigen Wochen über hundert
       Urteile gesprochen, zum Teil mit mehrjährigen Haftstrafen. In Brandenburg
       hingegen wird 2020 ein Verfahren gegen zwei Nazi-Schläger eingestellt, weil
       die Tat mittlerweile fünf Jahre zurückliegt.
       
       Wie also muss es nach dem 22. September weitergehen? Auf dem Podium sitzen
       vier Demokraten, die Brandenburg gestalten wollen, die Ideen haben, aber
       nicht überzeugend darin wirken, dem Rechtsextremismus etwas entgegensetzen
       zu können. So zu tun, als sei dies ein normaler Wahlkampf, wirkt schlicht
       wie eine Überlebensstrategie.
       
       Die [3][taz Panter Foren] sind ein Kooperationsprojekt der taz-Redaktion
       und der [4][taz Panter Stiftung].
       
       9 Sep 2024
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /taz-Panter-Preis-Thueringen/!6016254
   DIR [2] /AfD-nach-den-Landtagswahlen-im-Osten/!6033680
   DIR [3] /taz-Panter-Foren-2024/!v=9e1836c2-3dd0-4ec0-9baf-042b9649113d/
   DIR [4] /Sich-stark-machen/!v=4269299f-23bb-40f2-a4ea-2b1b1ae40192/
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Katrin Gottschalk
       
       ## TAGS
       
   DIR Wahlen in Ostdeutschland 2024
   DIR Cottbus
   DIR Landtagswahl Brandenburg
   DIR Cottbus
   DIR Wahlen in Ostdeutschland 2024
   DIR Volkswirtschaft
   DIR Schwerpunkt Landtagswahl Thüringen
   DIR taz Panter Stiftung
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Landtagswahl in Brandenburg: Wider die Resignation
       
       Sandow ist ein Ortsteil von Cottbus und ein klassisches ostdeutsches
       Plattenbauviertel. Es gibt viele Probleme, aber auch Hoffnung. Ein
       Stadtrundgang.
       
   DIR taz Panter Preis: Nicht nur Bahnhof verstehen
       
       Das Bildungs- und Kulturprojekt Verstehbahnhof in Fürstenberg an der Havel
       gewinnt in Cottbus den taz Panter Preis – und teilt das Preisgeld.
       
   DIR Kurzstudie zu Auswanderung wegen AfD: Goodbye (Ost-)Deutschland
       
       Der Erfolg der AfD macht vielen Menschen mit Migrationshintergrund Angst
       und sie überlegen, ab- oder auszuwandern. Was heißt das für Ostdeutschland?
       
   DIR taz Panter Preis Thüringen: Licht dahin, wo es dunkel ist
       
       Der erste Panter Preis 2024 geht an das Thüringer Netzwerk Polylux. Auch
       die weiteren Nominierten unterstützen Initiativen gegen rechts auf dem
       Land.
       
   DIR taz Panter Forum: Ramelow, im Modus der Melancholie
       
       Die thüringische Spitzenpolitikerinnen*-Runde ist sich beim taz Panter
       Forum einig: Koalitionen mit der AfD soll es nicht geben.