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       # taz.de -- Diplomatievorstoß von Olaf Scholz: Es riecht nach Wahl
       
       > Der Kanzler ändert vor der Brandenburg-Wahl den Ton. Doch er hat Recht:
       > Natürlich gehören Waffenlieferungen an die Ukraine und Diplomatie
       > zusammen.
       
   IMG Bild: Olaf Scholz verlautbarte beim ZDF-Sommerinterview, er halte es für möglich, „zügiger zu einem Frieden“ in der Ukraine zu kommen
       
       Olaf Scholz hält es für möglich, [1][doch „zügiger zu einem Frieden“ in der
       Ukraine zu kommen]. Das klingt ungewohnt. Die Worte Diplomatie und Frieden
       kommen in Scholz’ Wortschatz ja seit Längerem kaum mehr vor. CDU-Falken wie
       Roderich Kiesewetter wittern schon Verrat. Die SPD wolle mal wieder die
       Ukraine ans Messer liefern. Verrat? Eine Wende?
       
       Verrat – auf keinen Fall. Die recht vage Ankündigung des Kanzlers ist
       offenbar mit der Ukraine abgestimmt. Auch Präsident Selenskyj will, dass
       Russland bei der nächsten Ukraine-Konferenz dabei ist. Eine Wende ist das
       alles nicht.
       
       An der vergangenen Ukraine-Konferenz in der Schweiz nahmen Vertreter von 59
       Regierungen teil, China und Russland nicht. Die Konferenz war sinnvoll, um
       Staaten des Globalen Südens die berechtigten Forderungen der Ukraine nach
       dem Rückzug aller russischen Truppen und Entschädigung näherzubringen. Aber
       ernsthafte Deals werden nicht in dem Format Ukraine-Konferenz gemacht –
       sondern mit China, Russland, den USA und wenigen anderen Playern. Dass
       Scholz und Selenskyj Russland zur nächsten Ukraine-Konferenz einladen
       wollen, ist also nicht ganz so wichtig. Und: Seriöse Verhandlungen sind
       erst nach den US-Wahlen im November denkbar. Die Frage, ob Donald Trump
       oder Kamala Harris regieren werden, ist zentral. Die US-Waffenlieferungen
       sind für die Verteidigung der Ukraine unersetzbar.
       
       Scholz’ neue Wortwahl ist der zaghafte Versuch, ruinierte Glaubwürdigkeit
       zurückzugewinnen. Scholz hatte lange vor dem Einsatz deutscher Waffen auf
       russischem Gebiet gewarnt. Als die Ukraine genau dies tat, winkte die
       Bundesregierung das ebenso schweigend durch wie die Stationierung von
       US-Mittelstreckenraketen. Von Scholz’ Image als kühl vorausdenkender
       Stratege, der besonnener handelt als Hitzköpfe wie Kiesewetter, sind nur
       noch Trümmerstücke übrig.
       
       ## Die andere Seite des Schweigens
       
       In zwei Wochen wird in Brandenburg gewählt. Eine Niederlage der SPD nach 34
       Jahren Regierung wäre auch für Scholz ein Desaster. Die Friedensrhetorik
       von Wagenknecht – der Westen müsse nur wollen, schon gebe es Frieden – ist
       intellektuell beleidigend, aber in ihrer schlichten Suggestivität auch für
       Teile der SPD-Klientel attraktiv. [2][Die Erfolge des BSW] sind die andere
       Seite des Schweigens des Kanzlers.
       
       Also ist Scholz’ neu erwachte Friedensrhetorik Wahltaktik? Es wirkt so. Im
       besseren Fall würde die Rückbesinnung folgen, dass Waffenlieferungen an die
       Ukraine und Diplomatie zusammengehören. Und es ist Scholz’ Job, das zu
       erklären. Der Platz zwischen Wagenknecht und Kiesewetter darf diskursiv
       nicht leer sein.
       
       9 Sep 2024
       
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