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       # taz.de -- Ampelkoalition in der Kritik: Haushalt der Hoffnung
       
       > Bundesrechnungshof und Bundesbank kritisieren den Haushaltsentwurf der
       > Ampel für 2025. Der wird ab Dienstag im Bundestag debattiert.
       
   IMG Bild: Diskutiert: Christian Lindner während der Pressekonferenz zum Haushalt 2025
       
       Berlin taz | Nicht nur die Opposition, auch der Bundesrechnungshof und die
       Bundesbank ziehen die Finanzplanung der Regierung in Zweifel. Bevor an
       diesem Dienstag die Haushaltsberatungen im Bundestag beginnen, stellten sie
       die Solidität des Budgetentwurfs für 2025 in Frage. Bundesfinanzminister
       Christian Lindner (FDP) gab sich dagegen entspannt: Die noch existierende
       Finanzlücke betrage nur wenige Milliarden Euro.
       
       Diese Einschätzung beinhaltet einen guten Teil Zweckoptimismus. Tatsächlich
       spiegelt der Haushaltsentwurf von SPD, Grünen und FDP die komplizierte Lage
       der Wirtschaft und der Koalition. Es herrscht ökonomische Stagnation, und
       die Regierungsfraktionen haben Mühe, sich zu einigen.
       
       Obwohl Finanzminister Lindner die Ausgaben eigentlich senken wollte, sollen
       sie mit geplanten 489 Milliarden Euro 2025 doch auf dem selben Niveau
       liegen wie 2024. Das Gleiche gilt für die ausgewiesene Neuverschuldung von
       gut 50 Milliarden Euro.
       
       ## Erhebliche Finanzierungslücken
       
       Wobei die Koalition zu niedrige Einnahmen und höhere Ausgaben nur dadurch
       einigermaßen zum Ausgleich bringt, dass sie erhebliche Finanzierungslücken
       ausweist, die noch geschlossen werden müssen. Diese sogenannten globalen
       Minderausgaben sind einerseits normale Vorgänge, weil es der Staat nie
       schafft, alle seine Pläne und Ausgaben zu verwirklichen. Den aktuellen
       Umfang der Hoffnungswerte kritisiert allerdings der Bundesrechnungshof in
       einem Bericht an den Bundestag: „Die Dimension globaler Ansätze im Entwurf
       des Haushaltes 2025 ist mit dem parlamentarischen Budgetrecht nicht
       vereinbar.“ Mit anderen Worten: Durch die unklaren Buchungen beschneide die
       Regierung die Entscheidungsbefugnis der Abgeordneten.
       
       Diese Lücke im 488-Milliarden-Euro-Entwurf beträgt jetzt 12 Milliarden Euro
       – etwas mehr als in früheren Etats, aber nicht viel mehr. Zwei bis drei
       Milliarden Euro werde man in den Haushaltsverhandlungen bis Dezember noch
       auftreiben, sagte Lindner.
       
       Aber ähnliche Hoffnungsposten sind auch in anderen Abteilungen des
       Haushalts versteckt. Da ist zum Beispiel der [1][Klima- und
       Transformationsfonds] mit Aufwendungen unter anderem für den Austausch von
       Heizungen und die Förderung für Unternehmen in Höhe von 35 Milliarden Euro.
       Dort hat die Regierung eine globale Minderausgabe von 9 Milliarden Euro
       eingebaut. Beim Sondervermögen für die Bundeswehr hofft die Koalition
       ebenfalls, dass nicht alles ausgegeben wird. Dort beträgt die Minderausgabe
       5 von 27 Milliarden Euro, so der Rechnungshof.
       
       ## „Sehr ambitioniert“
       
       Die Bundesbank moniert in ihrem aktuellen Monatsbericht Weiteres. Im Rahmen
       der Wachstumsinitiative, die die Wirtschaft ankurbeln soll, habe die
       Regierung etwa Einsparungen beim Bürgergeld für Arbeitslose von 4,5
       Milliarden Euro veranschlagt. „Dies wäre ein Rückgang um 16 Prozent und
       scheint damit sehr ambitioniert.“ Schließlich steigt die Zahl der
       unterstützten Privathaushalte in Zeiten wirtschaftlicher Schwäche eher, als
       dass sie sinkt.
       
       Einerseits lassen sich solche Rechenkunststücke als Zeichen dafür
       interpretieren, dass die Ampel ihre kontroversen Vorstellungen nur mit Mühe
       in einen gemeinsamen Haushalt presst. Andererseits kann man das als
       Fähigkeit zum Kompromiss betrachten – wie auch den Umgang mit der
       Schuldenbremse.
       
       Die Regel im Grundgesetz wird offiziell eingehalten, weil die FDP eine
       Änderung ablehnt. Doch der Bundesrechnungshof stellt fest: „Die echte
       Nettokreditaufnahme“ ist „deutlich höher“ als die offizielle Größe. Erstere
       liege tatsächlich bei 87 Milliarden Euro, weil unter anderem das
       Sondervermögen für die Bundeswehr mit Schulden finanziert werde. Hinzu
       kommen weitere Posten, etwa Kapitaleinlagen des Bundes bei der Deutschen
       Bahn, finanziert aus Krediten, die aber nicht unter die Schuldenbremse
       fallen.
       
       ## Zu weit getrieben?
       
       Der Rechnungshof unter seinem Präsidenten Kay Scheller, der vorher unter
       anderem in der Unionsfraktion im Bundestag arbeitete, warnt die aktuelle
       Regierung sogar, dass sie es zu weit treibe. Bei ihrem Nachtragshaushalt
       für 2024 setze sie die Neuverschuldung zu hoch an, und im Etatentwurf 2025
       wolle sie eigentlich zweckgebundene Corona-Mittel für andere Aufgaben
       verwenden. Die Union könnte das als Steilvorlage für eine neuerliche Klage
       beim Bundesverfassungsgericht betrachten, welches einen ähnlichen
       Finanzierungsversuch der Ampel schon einmal vereitelt hatte.
       
       9 Sep 2024
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Klimafonds-KTF/!6028230
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Hannes Koch
       
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