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       # taz.de -- Mutmaßliche Gruppenvergewaltigung: Haftbefehle nach Sexualdelikt
       
       > Ein 30-jähriger iranischer Geflüchteter und regimekritischer
       > Oppositioneller soll von mehreren Männern vergewaltigt worden sein. Die
       > Tat war womöglich politisch motiviert.
       
   IMG Bild: Polizeibeamte ermitteln auf einem Gelände zum Fall einer mutmaßlichen Gruppenvergewaltigung
       
       Berlin taz | Ein 30-jähriger iranischer Geflüchteter wurde mutmaßlich Opfer
       einer Gruppenvergewaltigung in Iserlohn. Für vier Verdächtige zwischen 24
       und 46 Jahren, die in der Nähe des Tatorts angetroffen wurden, wurden
       Haftbefehle beantragt. Nach zwei weiteren Tätern wird gefahndet. Am Montag
       wurden erste Details über die Täter bekannt, die auf ein politisches Motiv
       hindeuten.
       
       Die Täter gaben an, dänische und niederländische Staatsbürger mit
       iranischen Wurzeln zu sein. „Die Tat ist bisherigen Ermittlungen zufolge
       primär auf sexuelle Erniedrigung ausgerichtet gewesen“, sagte
       Oberstaatsanwalt Michael Burggräf.
       
       Der Geflüchtete, ein regimekritischer Oppositioneller, soll in einem
       leerstehenden Brauereigebäude gefesselt und brutal misshandelt worden sein.
       Zeugen berichteten von Schreien des 30-Jährigen gegen 23.30 Uhr, die sie
       aus dem verlassenen Gebäude hörten. Die Polizei setzte unter anderem einen
       Hubschrauber ein, um die Täter ausfindig zu machen.
       
       Der Staatsschutz Hagen hat die Ermittlungen übernommen. Die
       Staatsanwaltschaft wirft den Festgenommenen gemeinschaftliche
       Vergewaltigung, gefährliche Körperverletzung und Freiheitsberaubung vor.
       Laut Recherchen von Spiegel und WDR handelt es sich bei den Tätern um
       regimenahe Iraner. Der Übergriff könnte eine Eskalation der gezielten
       Einschüchterung von Oppositionellen im Ausland sein.
       
       ## Mittel zur Unterdrückung
       
       Sexualisierte Gewalt als Mittel zur Unterdrückung hat in der Islamischen
       Republik Iran Tradition. Immer wieder dokumentieren
       Menschenrechtsorganisationen, wie das Regime Vergewaltigung als Waffe
       einsetzt – insbesondere gegen politische Gefangene. Im Zuge der [1][„Frau,
       Leben, Freiheit“]-Proteste, ausgelöst durch die Ermordung der Kurdin Jina
       Mahsa Amini, nahm dies weiter zu. Kürzlich berichtete die iranische
       Friedensnobelpreisträgerin Narges Mohammadi, die derzeit im Evin-Gefängnis
       am Stadtrand von Teheran inhaftiert ist, von einer Zunahme der
       sexualisierten Gewalt gegen Gefangene.
       
       Vergewaltigung dient als gezieltes Mittel, um politische Gegner zu brechen
       – physisch wie psychisch. Kayvan Samadi, kurdischer Menschenrechtsaktivist
       aus Iran, musste dies selbst erleben, als er 2022 im Zuge der Proteste
       festgenommen und mit einem Schlagstock vergewaltigt und gefoltert wurde.
       „Vergewaltigung wird im Iran seit Jahren als Mittel zur Folter und
       Einschüchterung eingesetzt“, sagte er der taz. „Viele Oppositionelle sind
       von dieser Gewalt betroffen.“
       
       Im Ausland sei dieses Mittel der Repression jedoch bisher nicht so häufig
       verwendet worden. „Es ist möglich, dass das Regime und seine Anhänger
       solche Mittel nun auch hier verstärkt einsetzen, um Aktivisten
       einzuschüchtern“, sagte er. In den sozialen Medien wurde auch Samadi selbst
       kürzlich bedroht. „Wenn du viel redest, vergewaltigen wir dich“, lautete
       eine der Drohungen. „So was retraumatisiert uns, setzt uns unter Druck“,
       sagt er.
       
       ## Jahrestag der Proteste am 16. September
       
       „Der Zeitpunkt ist nicht zufällig gewählt“, vermutet er zudem. Der
       Jahrestag der Proteste am 16. September wird traditionell von
       Oppositionellen genutzt, um auf die andauernden Menschenrechtsverletzungen
       im Iran aufmerksam zu machen. Doch das Regime greift auch im Ausland
       gezielt ein, um Aktivisten zum Schweigen zu bringen, etwa durch Drohungen.
       Im vergangenen Bericht des deutschen Verfassungsschutzes wird vor den
       Aktivitäten des Regimes gegenüber Oppositionellen hierzulande bereits
       gewarnt.
       
       Bereits in der Vergangenheit hatte das Regime seine Gegner in Deutschland
       unter Druck gesetzt. Der sogenannte Mykonos-Anschlag von 1992, bei dem
       iranische Geheimdienstagenten vier oppositionelle Kurden in Berlin
       ermordeten, ist dabei nur ein Beispiel. Der Verfassungsschutz berichtet von
       über 160 Personen mit Verbindungen zu den iranischen Revolutionsgarden
       (IRGC), die in Deutschland aktiv sind.
       
       10 Sep 2024
       
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