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       # taz.de -- Deutschlands größte Werft: Staatseinstieg bei Meyer besiegelt
       
       > Die Haushaltausschüsse von Bundestag und Niedersachsens Landtag geben
       > grünes Licht. Die Firma muss ihren Sitz von Luxemburg nach Deutschland
       > verlegen.
       
   IMG Bild: Der Staat steigt bei der MeyerWerft ein, die muss dafür ihre Zentrale nach Deutschland zurück verlegen
       
       Berlin taz | Die einen sprechen von der „Rettung eines industriellen
       Kronjuwels“, die anderen fürchten ein „Milliardengrab für Steuergelder“.
       Gemeint ist beide Male der Einstieg von Bund und dem Land Niedersachsen bei
       der [1][Meyer Werft] in Papenburg, dem die Haushaltsausschüsse von
       Bundestag und Landtag am Mittwoch zugestimmt haben.
       
       Bund und Land bringen je 200 Millionen Euro ein und halten dann insgesamt
       80,72 Prozent an der Meyer Neptun GmbH. Zusätzlich bürgen sie zu 80 Prozent
       für einen Fremdkapitalkreditrahmen von 2,6 Milliarden Euro. Wenn das
       Projekt Sanierung schiefgeht, könnten sie also jeweils mehr als eine
       Milliarde Euro in den Sand gesetzt haben. Für den Rest übernehmen Banken
       das Risiko.
       
       Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) erklärte, er sehe eine gute
       Perspektive für die Gruppe. „Zahlreiche Aufträge vor allem zum Bau von
       Schiffen sind da, es gibt hier eine große Nachfrage bei der Werft“, sagte
       er. Die aktuelle Misere hatte sich aus der Branchenpraxis entwickelt, dass
       Werften beinahe die kompletten Baukosten vorfinanzieren müssen und erst bei
       Auslieferung bezahlt werden, hinzugekommen war die coronabedingte Flaute.
       Künftig soll bauabschnittsweise finanziert werden.
       
       ## Tausende Arbeitsplätze stehen auf dem Spiel
       
       Mit dem Geld sichere der Staat „viele Tausend Arbeitsplätze“ auch in der
       Zulieferindustrie, sagte Habeck. In Papenburg selbst sollen allerdings 340
       der rund 3.400 Stellen wegfallen. Die Gruppe beschäftigt daneben noch 450
       Menschen in der Neptun Werft in Rostock und etwa 2.200 im finnischen Turku.
       
       Bei der IG Metall Küste war Bezirksleiter Daniel Friedrich trotzdem
       erfreut: „Die Politik hat Wort gehalten“, sagte er. „Nun muss sich das
       Management gemeinsam mit der Belegschaft an die Arbeit machen.“
       
       Um die Rettung abzusichern, ist die Staatshilfe daran geknüpft, dass der
       offizielle Firmensitz von Luxemburg nach Deutschland zurückverlegt, ein
       mitbestimmter Aufsichtsrat geschaffen und ein Konzernbetriebsrat
       eingerichtet wird.
       
       Außerdem wollen Bund und Land nur befristet einsteigen. Sie planen
       zunächst, bis zum Ende der Sanierung durchzuhalten, das wäre nach aktuellem
       Stand spätestens Anfang 2028. Ob dann wieder die bisherigen Eigentümer, die
       Familie Meyer, zum Zug kommen, oder neue Investoren gesucht werden, ist
       noch offen und hängt vom Erfolg der Sanierungsmaßnahmen und dem
       Finanzbedarf ab.
       
       ## Militärische Bedeutung
       
       Ökonomen hatten im Vorfeld unterschiedlich auf die Pläne reagiert. Clemens
       Fuest vom Münchner Ifo-Institut warnte eher aus liberalen Prinzipien vor
       einer staatlichen Beteiligung, Marcel Fratzscher vom DIW in Berlin wegen
       der Risiken für die öffentliche Hand. Der Bremer Rudolf Hickel dagegen
       spricht von „einer historischen Chance“ und einer „klugen Entscheidung für
       den Standort“. Nicht nur hänge „eine hochspezialisierte mittelständische
       Zulieferindustrie“ an der Gruppe. Weil sie künftig auch
       Transformatorenplattformen für Offshore-Windparks bauen wolle, trage sie
       auch zur Zukunftssicherung der Region bei.
       
       Bislang baut die Meyer Werft vor allem gigantische Kreuzfahrtschiffe,
       aktuell beispielsweise für Walt Disney. Möglicherweise spielt sie außer in
       der Energiewende aber auch bei rüstungsstrategischen Überlegungen der
       Bundesregierung eine Rolle. Das Handelsblatt zitiert aus einem Bericht des
       Bundesfinanzministeriums an den Haushaltsausschuss, die Werft könne „bei
       einer Verschärfung der geopolitischen Lage potenziell eine bedeutende Rolle
       im deutschen militärischen Schiffbau einnehmen“. (mit afp, rtr)
       
       11 Sep 2024
       
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