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       # taz.de -- Arbeitsbedingungen in Textilindustrie: Union Busting bei Levi’s-Zulieferer
       
       > NGOs werfen dem Konzern Levi’s Untätigkeit im Fall einer türkischen
       > Fabrik vor. Diese feuerte die halbe Belegschaft nach einem Streik.
       
   IMG Bild: Im November letzten Jahres streikten Hunderte von Arbeitern, die Jeans für Levi Strauss in Şanlıurfa herstellten
       
       Berlin taz | Der weltweit größte Jeansproduzent Levi Strauss & Co kümmert
       sich nicht um die skandalösen Zustände in seiner türkischen
       Zulieferer-Firma Özak Tekstil. Diesen Vorwurf erheben die internationalen
       NGOs [1][„Clean Clothes Campain“ (CCC)] und das „Workers Rights Consortium“
       in einer am Mittwoch veröffentlichten Mitteilung.
       
       In der Textilfabrik in Sanliurfa, im Südosten der Türkei, wurden letzten
       Dezember 400 Beschäftigte entlassen, nachdem diese wegen miserablen
       Arbeitsbedingungen und wegen sogenannten Union Bustings, also der
       Unterdrückung von Gewerkschaftsarbeit, zwei Wochen gestreikt hatten. Die
       Fabrik arbeitet ausschließlich für Levi’s. Der Rausschmiss betraf die
       Hälfte der Belegschaft.
       
       Anlass für den Streik war die Kündigung der Gewerkschaftsaktivistin Seher
       Gülel. Gülel hatte sich in der neu gegründeten Gewerkschaft Birtek-Sen
       engagiert, die die Geschäftsführung von Özak Tekstil nicht zulassen wollte,
       weil in der Fabrik bereits eine Gewerkschaft aktiv ist. Dieses bezeichnet
       Gülel allerdings als „sehr unternehmensfreundlich“.
       
       Nach Protesten von CCC und dem „Workers Rights Consortium“ Ende 2023
       erklärte Levi’s zunächst, dass das Vorgehen von Özak Tekstil dem eigenen
       Verhaltenskodex widerspreche und man sich deshalb dafür einsetzen würden,
       dass die Firma die Kündigungen zurücknimmt.
       
       ## Nicht an Zusagen gehalten
       
       Nun stellen die beiden Organisationen jedoch fest, dass sich Levi’s nicht
       an seine Zusagen gehalten habe. Nur ein sehr geringer Teil der entlassenen
       NäherInnen wurde den NGOs zufolge wieder eingestellt, und Birtek Sen wird
       bis jetzt nicht als Gewerkschaft akzeptiert. Die meisten der entlassenen
       ArbeiterInnen kämpfen nach wie vor um Abfindungen und Entschädigungen. Fast
       alle sind arbeitslos, was sich in der strukturschwachen Gegend wohl nicht
       so schnell ändern wird.
       
       Die heutige Özak Global Holding wurde 1985 als Familienunternehmen mit
       einer ersten Textilfabrik in Istanbul gegründet. Mittlerweile betreibt der
       börsennotierte Konzern vier Textilfabriken, verdient sein Geld aber
       hauptsächlich im Immobilien- und Tourismusbereich. Die Art, wie Özak
       Tekstil gegen die Gewerkschaft vorging, ist typisch [2][in der Türkei]. Wer
       sich einer linken Gewerkschaft anschließen will, wird gefeuert. Möglich
       macht dies ein extrem repressives Gewerkschafts- und Arbeitsrecht, das nach
       dem Putsch 1980 eingeführt wurde.
       
       Die anderen Özak-Fabriken arbeiten ebenfalls für internationale Konzerne,
       darunter Hugo Boss. Auch hier gibt es Beschwerden wegen [3][schlechter
       Arbeitsbedingungen] wie unbezahlte Überstunden oder rüdes Verhalten der
       Vorarbeiter gegenüber jungen NäherInnen.
       
       29 Aug 2024
       
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