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       # taz.de -- orte des wissens: Eine Daten-Krake, die Wasser liebt und Gutes tut
       
       > Das Citizen-Science-Projekt „BlueDot“ soll eine Forschungslücke
       > schließen: Es registriert mithilfe von Hobby-Taucher*innen die
       > Schwankungen der Meerestemperatur an Küsten
       
       Rebecca Zitoun und Christophe Galerne tauchen beide in ihrer Freizeit.
       Zitoun forscht am Geomar Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung [1][in Kiel],
       Galerne am Zentrum für Marine Umweltwissenschaften in Bremen, [2][dem
       Marum]. Die Idee für ihr Projekt „BlueDot“ kam ihnen auf einer gemeinsamen
       Reise auf dem Forschungsschiff „Sonne“. Ab Dezember dieses Jahres wollen
       sie nun Daten über die Temperatur des Mittelmeeres sammeln – mithilfe von
       Hobbytaucher*innen.
       
       Für ihre Forschung greifen sie auf die Daten von Tauchcomputern zurück, die
       diese zur Sicherheit bei sich haben, erklärt Zitoun. Er misst Tiefe und
       Zeit, damit klar ist, wie viel Sauerstoff noch bleibt und bei wie viel
       Metern eine Pause beim Auftauchen aus der Tiefe eingelegt werden muss.
       
       Auch die Temperatur messen die Geräte – die Daten sind also ohnehin schon
       da. Und das seit 20, 30 Jahren, sagt Zitoun. Denn die meisten
       Taucher*innen laden ihre Daten auf Webportale hoch. „Unser Projekt wird
       auf diese historischen Daten zugreifen und neue Daten sammeln, um zu
       analysieren, was über einen Zeitraum von 20 Jahren mit den
       Wassertemperaturen im Mittelmeer geschehen ist und wie sich der Trend in
       Zukunft entwickeln könnte.“
       
       Die Forscher*innen wollen so eine Überwachungslücke schließen: Denn
       Daten über die Meerestemperatur aus Küstenregionen sind rar. Die normalen
       Floater, so nennt Zitoun die größeren Forschungsgeräte der Meere, kommen
       nicht so nah an die Küste. Die neuen Daten können also Grundlage für
       bessere Klimamodelle sein. Das ist besonders für Gemeinden im Küstenbereich
       wichtig: Je besser die Klimamodelle, desto besser die Risikobewertung – und
       die Anpassung.
       
       Was bisher über die Temperatur des Mittelmeers bekannt ist: Sie steigt; die
       Oberflächentemperatur lag im Frühsommer deutlich über den Werten des
       Vorjahres. Das ist nicht nur ein Indiz für die Klimaerwärmung, sondern auch
       für sich ein Problem: „Wärmeres Wasser kann weniger Gase aufnehmen, hat
       also weniger Sauerstoff“, erklärt Zitoun. „Organismen sterben.“ Gut zu
       sehen ist das am Korallensterben. Andererseits kann das Wasser weniger
       Kohlenstoff speichern. „Es ist ein Feedback-Mechanismus.“
       
       Technisch funktioniert das neue Projekt so: Die Forscher*innen fixieren
       Sensoren an verschiedenen Orten an der Küste. Schwimmen Taucher*innen in
       einer gewissen Reichweite vorbei, können sie ihren Computer kalibrieren –
       das heißt, ihre Daten werden optimiert und dadurch genauer und für die
       Wissenschaft nutzbar. Das soll ganz automatisch passieren. Nach dem
       Tauchgang können die Daten auf ein Portal hochgeladen werden, wo sie von
       den Wissenschaftler*innen verarbeitet werden.
       
       Die Technik ist kostengünstig – zumindest im Vergleich zu den bis zu
       200.000 Euro teuren Floatern, die Forschende bislang einsetzen. [3][Das
       Budget des Projekts: 140.000 Euro,] die das Bundesministerium für Bildung
       und Forschung Geomar und Marum zur Verfügung stellt, dazu 90.000 Euro für
       den Projektpartner, der sich um die industrielle Fertigung der Geräte
       kümmert.
       
       Laut Zitoun ist das Projekt nicht das erste seiner Art. Aber etwas ist
       diesmal anders: „Wir wollen Protokolle entwickeln, die global genutzt
       werden können. Die Sensoren, der Code, die App – alle Daten werden frei
       sein, sodass jeder sie benutzen kann.“ Bislang müssten Forschende immer
       wieder die gleichen Sachen neu erfinden, die gleichen Fehler immer wieder
       machen. Derzeit laufen die letzten Tests, Kontakte zur Tauchstationen
       werden geknüpft, sodass möglichst viele Menschen mitmachen. Ab Dezember
       tauchen dann 18 Monate lang Laien für die Wissenschaft. Alina Götz
       
       9 Sep 2024
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /!6011577&SuchRahmen=Print
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   DIR [3] https://www.marum.de/en/BlueDOT.html
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Alina Götz
       
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