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       # taz.de -- Wahlen in Sachsen und Thüringen: Triste Manifestation im Osten
       
       > Die Wahlen im Osten sind kein Rechtsruck. Sie zeigen mit Wucht, was
       > längst da war. Wichtig sind jetzt die Engagierten.
       
   IMG Bild: Auf die Zivilgesellschaft kommt es an, sie gilt es zu schützen
       
       Jeder Dritte. Auch wenn die Prognosen es vorausgesagt hatten, muss man das
       Ergebnis der Landtagswahlen in Thüringen und Sachsen erst einmal verdauen:
       Ein Drittel der Menschen in [1][Thüringen], ein knappes Drittel in Sachsen
       hat eine [2][rechtsextreme Partei] gewählt.
       
       Man könnte nun einwenden: In Thüringen leben zwei Millionen Menschen, in
       Sachsen vier Millionen. Das ist ein Drittel der Einwohner von
       Nordrhein-Westfalen. Aber der reine Blick auf die Größe der beiden Länder
       wird der Bedeutung dieser Wahl nicht gerecht.
       
       Natürlich sind [3][die Erfolge der Rechtsradikalen] kein rein ostdeutsches
       Spezifikum. Sicher lassen sich einige Prozentpunkte des AfD-Erfolgs mit dem
       Osten erklären – Transformationsgeschichte, Diktaturerfahrung, dazu ist
       viel geschrieben worden. Aber der Rechtsruck passiert global. In Frankreich
       haben die Rechtsradikalen nur deshalb nicht gesiegt, weil ihnen ein breites
       linkes Bündnis gegenüberstand, Italien wird von einer Postfaschistin
       regiert, in den USA spricht Trump wieder vor jubelnden Massen.
       
       Und auch im Osten ist der Rechtsruck längst da. Die Kommunalwahlen im
       Frühjahr dieses Jahres haben in fast alle Stadträte und Kreistage im Osten
       große AfD-Fraktionen gespült. Die greifen seither von unten nach der Macht,
       mit ganz konkreten Folgen im Alltag.
       
       ## Eine geschwächte Linke
       
       Die Linke hat dem derzeit in Deutschland kaum etwas entgegenzusetzen. Der
       einzige linke Ministerpräsident ist abgewählt – und das, obwohl Bodo
       Ramelow vor der Wahl der beliebteste Politiker in Thüringen war. Trotzdem
       wird seine Partei in Thüringen nur viertstärkste Kraft, in Sachsen kommt
       sie [4][wohl nur über Direktmandate in den Landtag]. Sah es Anfang des
       Jahres noch so aus, als sei zumindest die gesellschaftliche Linke so stark
       wie nie, sind die Wahlergebnisse auch für sie ein heftiger Schlag.
       
       Was folgt also daraus?
       
       Politisch ist nun wichtiger denn je: Die Brandmauer muss stehen. Das mag
       [5][naiv klingen] angesichts der vielen Beispiele, bei denen vor allem CDU
       und AfD gerade im Kommunalen zusammenarbeiten. Katja Wolf, die
       [6][BSW-Spitzenkandidatin in Thüringen], hat angekündigt, AfD-Anträgen
       zuzustimmen, wenn diese vernünftig seien. „Mehr Pragmatismus, weniger
       Ideologie“, nennt sie das. Nur geht es bei dieser Frage eben nicht um
       Ideologie, es geht um einen demokratischen Grundkonsens, den es zu
       verteidigen gilt.
       
       Wer mit der AfD paktiert, der normalisiert sie, mit jedem Antrag ein
       Stückchen mehr. Mehr als 50 Prozent der CDU-Wähler*innen in Thüringen und
       Sachsen [7][sagen von sich], sich haben die CDU nur gewählt, damit die AfD
       nicht zu viel Einfluss bekommt. Diese Wähler*innen und alle, die für
       eine demokratische Partei gestimmt haben, haben ein Recht darauf, dass die
       Demokrat*innen den Faschist*innen nicht zu (mehr) Macht verhelfen.
       
       ## Rückenwind für Zivilgesellschaft
       
       Und zweitens brauchen jetzt vor allem jene Rückenwind, [8][die für eine
       demokratische, plurale, friedliche und offene Gesellschaft in Thüringen und
       Sachsen kämpfen]. Die taz hat in den vergangenen Monaten ganz besonders die
       ostdeutsche Zivilgesellschaft beleuchtet. In Erfurt und Chemnitz haben wir
       [9][Kongresse mit den Engagierten] aus den Bundesländern veranstaltet, die
       Panter Foren. In Cottbus machen wir das in knapp zwei Wochen. Mit dabei
       sind Menschen, die gegen Rechtsextremismus kämpfen, die auf demokratischen
       Demos Pizza backen oder dort mit Musik für gute Stimmung sorgen. Leute, die
       mit Jugendlichen im ländlichen Raum arbeiten, die sich um Geflüchtete
       kümmern, die in der sächsischen Provinz einen CSD organisieren, [10][Omas
       gegen Rechts].
       
       Was wir von diesen Leuten gelernt haben, ist: Ja, die AfD ist stark im
       Osten, aber sie ist nicht unwidersprochen. Die, die sich ihr
       entgegenstellen, brauchen jetzt viel: Sie brauchen Geld – Spenden von
       Privatpersonen, von NGOs, von Stiftungen. Sie brauchen ein
       Demokratiefördergesetz, was ihnen Finanzierungssicherheit gibt. Sie
       brauchen den Schutz einer demokratischen Polizei und das Rückgrat von
       demokratischen Politiker*innen, die ihr Überleben sichern. Das zu fordern,
       ist nicht hilflos, sondern alternativlos.
       
       Was wir von den Aktiven in Sachsen und Thüringen auch gelernt haben, ist:
       Die politische Situation, die hohe Zustimmung zur AfD mögen frustrierend
       sein. Ein Grund aufzugeben sind sie nicht.
       
       2 Sep 2024
       
       ## LINKS
       
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       ## AUTOREN
       
   DIR Anne Fromm
       
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