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       # taz.de -- Pier Paolo Pasolini im NBK Berlin: Eine italienische Karriere
       
       > Pier Paolo Pasolini wurde geliebt und gehasst. Eine Berliner Schau gibt
       > Einblicke in das Werk des 1975 ermordeten homosexuellen Autors und
       > Regisseurs.
       
   IMG Bild: Pier Paolo Pasolini bei seinem Haus in Monteverde, Rom 1962
       
       Pier Paolo Pasolini war einer der umstrittensten Kulturschaffenden der
       italienischen Nachkriegsmoderne. 1922 geboren, wurde er nach Ende des
       Zweiten Weltkriegs Volksschullehrer in Casarsa. Nach einer Denunziation
       wegen angeblicher Anleitung zur Unsittlichkeit verlor er seine Stellung und
       musste nach Rom umziehen.
       
       Dort entwickelte er sich zu dem provokanten Schriftsteller, Publizisten und
       Filmregisseur eines von Katholizismus und Faschismus geprägten Landes.
       
       Wie unversöhnlich italienische Autoritäten diesen sich offen homosexuell
       bekennenden Künstler verfolgten, macht eine Ausstellung im [1][Neuen
       Berliner Kunstverein] bereits im Eingangsbereich deutlich.
       
       Die hohe Wand reicht in ihrer gesamten stattlichen Breite kaum aus, um
       sämtliche Verbotsverfahren, Zensuranträge, Anzeigen und Denunziationen
       gegen Pasolini und sein Werk aufzulisten.
       
       Mit Hass öffentlich überschüttet 
       
       Pasolini wurde öffentlich mit Hass überzogen. In der Ouvertüre der
       Ausstellung spricht Pasolini in einer historischen Videosequenz selber
       darüber. Im Interview bekennt er, wie sehr er wiederum die bigotten Klein-
       sowie Großbürger und deren verlogene Doppelmoral verachtet.
       
       Pasolini schrieb zunächst Romane wie „Ragazzi di vita“ oder „Una vita
       violenta“, schuf eine neue harte, existentialistische Prosa. Sie rückte die
       plebejische Randfiguren der Gesellschaft ungeschönt in den Mittelpunkt.
       
       Die nun in Berlin präsentierte Auswahl historischer Dokumente –
       Zeitschriftencover, Fotos, Artikel, Bücher, Videosequenzen der Spielfilme –
       spiegeln Pasolinis Haltung sowie die immer wütender werdenden Angriffe auf
       ihn.
       
       Als „Schwein“ verunglimpft, drehte er „Porcili“, Schweineställe. Sein
       Neorealismus wollte die Abgründe von NS-Traditionen oder Römer-Mythen in
       der Gegenwart offenlegen. Trailer und Bilder geben Einblicke in eine
       oftmals drastische, skurrile Ästhetik, etwa auch in Sequenzen aus „La
       Ricotta“ oder „Decameron“.
       
       ## Mord in Ostia
       
       Das brutale Ende spart die Ausstellung nicht aus. Eher beiläufig
       dokumentiert eine Gruppe kleinformatiger Aufnahmen Fundort und Leiche des
       ermordeten Pasolini im Hafen von Ostia im November 1975.
       
       Das Kuratorinnenteam (Giuseppe Garrera, Cesare Pietroiusti, Clara Tosi
       Pamphili) scheint Pasolini in dieser Schau nicht zu überhöhen. Die in
       Auszügen übersetzten Freibeuter-Kommentare Pasolinis deuten an, dass der
       künstlerisch herausragende Solitär kulturtheoretisch ein arger
       Geschichtsskeptiker war, der die moderne Massenkultur verachtete.
       
       Auf eine weitreichendere Auseinandersetzung mit [2][Pasolinis Werk und
       Biografie] verzichtet man allerdings. Auch darauf, Künstler:innen
       [3][aus der Gegenwart in Auseinandersetzung] mit der historischen
       Position zu bringen.
       
       15 Sep 2024
       
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       ## AUTOREN
       
   DIR Andreas Fanizadeh
       
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