URI: 
       # taz.de -- Krise bei Volkswagen: Deutschland ist mehr als Autoland
       
       > Der schwächelnde Konzern Volkswagen soll gerettet werden. Aber eine Form
       > der Planwirtschaft ist dafür trotzdem keine gute Idee.
       
   IMG Bild: Bei VW gerät etwas ins Rutschen
       
       Menschen aus dem Osten musste der Volkswagenkonzern wie das Paradies
       erscheinen. Fette Löhne, moderate Arbeitszeiten, Firmenwagen,
       Reihenhäuschen. Dazu Mitbestimmung und Sicherheit – ein Arbeiterparadies,
       so sozialistisch, wie der real existierende Sozialismus nie war.
       
       Doch jetzt gerät etwas ins Rutschen. Autos von VW verkaufen sich nicht mehr
       wie gehabt, die Marge der Kernmarke ist zuletzt auf magere 2,3 Prozent
       gesunken. Die Unternehmensführung hat den Tarifhausvertrag gekündigt – und
       mit ihm die seit Jahrzehnten bestehende Beschäftigungssicherung. Weil VW
       gerade gegenüber chinesischen E-Auto-Herstellern ins Hintertreffen geraten
       ist, werden schon Rufe nach planwirtschaftlichen Instrumenten laut.
       
       Eine [1][Planwirtschaft wie im Ostblock] kann damit nicht gemeint sein. In
       der war alles zentral geplant, viele Konsumgüter waren Bückware.
       Reglementiert wurde bis zur letzten Schraube – und dann fehlten die
       Muttern. Weil die Preise staatlich festgelegt waren, konnten sie keine
       Auskunft über Mangel oder Überfluss geben. Technologisch innovativ war der
       Osten lediglich bei Waffen und in der Raumfahrttechnik, andere
       weltmarktfähige Produkte musste man mit der Lupe suchen.
       
       Auch der [2][chinesische Weg] kann kein probates Mittel sein – es sei denn,
       man ist bereit, die deutschen Automobilhersteller in einem Maß zu pampern,
       wie es Peking mit der heimischen Autoindustrie tut. Laut einer Studie des
       Kieler Instituts für Weltwirtschaft belaufen sich die chinesischen
       Subventionen gesamtwirtschaftlich auf das Drei- bis Neunfache dessen, was
       andere OECD-Länder ausgeben. Einer der größten Profiteure dieser Hilfen ist
       übrigens der chinesische Konzern BYD, der mittlerweile weltweit größte
       Produzent von Elektroautos.
       
       Dabei wird die [3][Entwicklung der E-Mobilität] auch in Deutschland nicht
       allein dem Markt überlassen. Investitionen in nachhaltige Stromerzeugung
       und in die [4][Ladeinfrastruktur werden gefördert], E-Autos für zehn Jahre
       von der Kfz-Steuer befreit, Kaufprämien sollen wieder eingeführt werden.
       Das alles wird indes keine chinesischen Ausmaße annehmen. Das ist auch gut
       so, denn schon aus Gerechtigkeitsgründen wäre eine Vorzugsbehandlung der
       deutschen Autoindustrie schwer zu vermitteln. Vielleicht sollte man sich
       mit dem Gedanken vertraut machen, dass die volkswirtschaftlich
       herausragende Stellung von VW & Co in eine Zeit fällt, die jetzt zu Ende
       geht.
       
       Die deutsche Autoindustrie wird trotzdem nicht sterben, aber mit China
       steht ein ganz neuer Player auf dem Platz, der auch technologisch vorne
       mitmischt. Mobilität wird in Zukunft elektrisch sein – und Deutschland ist
       mehr als nur Autoland.
       
       13 Sep 2024
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Kapitalismus-und-Klimaschutz/!5879301
   DIR [2] /Kritik-an-Chinas-Wirtschaftspolitik/!6036263
   DIR [3] /Ladesaeulen-fuer-E-Autos/!6032815
   DIR [4] /Deutscher-Umweltpreis-verliehen/!6029269
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Stefan Mahlke
       
       ## TAGS
       
   DIR Volkswagen
   DIR Krise
   DIR Kündigung
   DIR Job
   DIR China
   DIR Auto-Branche
   DIR IG Metall
   DIR Volkswagen
   DIR Verkehr
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Krise bei Volkswagen: Tarif-Verhandlungen beginnen früher
       
       Wegen Krise und Kürzungsplänen beginnen bei VW die Tarifgespräche bereits
       diesen Monat. Die Gewerkschaft IG Metall hatte darauf gedrängt.
       
   DIR Krise bei VW: Kratzer im Lack bei Volkswagen
       
       Seit 1994 sind betriebsbedingte Kündigungen beim Wolfsburger Autobauer
       ausgeschlossen. Damit hat das Management nun gebrochen.
       
   DIR Kampfansage bei Volkswagen: VW-Spitze kündigt Tarifverträge
       
       Beim größten Autobauer Deutschlands droht ein tiefer Konflikt. Das
       Management hat den Weg für Kündigungen freigemacht. Der Betriebsrat ist
       erbost.