# taz.de -- Streit über neue Regeln für Gentechnik: Der Goldene Reis wird missbraucht
> Gentechnik-Reis kann dazu beitragen, Kinder vor dem Tod zu retten. Aber
> das meiste „Genfood“ erleichtert nur eine umweltschädliche
> Landwirtschaft.
IMG Bild: Könnte helfen, Mangelernährung zu bekämpfen: „Goldener Reis“ (rechts) liefert mehr Vitamin A als herkömmlicher (links)
Der durch die Gentechnik erzeugte „Goldene Reis“ ist eine sinnvolle
Entwicklung. Denn die Pflanze liefert viel mehr Vitamin A als
konventioneller Reis. So kann sie dazu beitragen, Erblindungen und
Todesfälle durch Mangelernährung in [1][Entwicklungs- und Schwellenländern]
zu verhindern. Angebliche Gesundheitsgefahren konnten bisher nicht belegt
werden. Er ist eine Gentechpflanze – und trotzdem nützlich.
Doch das trifft auf die große Mehrheit der Gentechniksorten weltweit leider
nicht zu. Fast alle schützen nämlich nicht Kinder vor dem Erblinden,
sondern erleichtern eine umweltschädliche Landwirtschaft mit Monokulturen
und viel Pestiziden. Das zeigt auch ein Blick auf die Liste mit den laut
Europäischer Kommission rund 350 für den Import in die EU zugelassenen
Gentechpflanzen: Sie sind vor allem resistent gegen
[2][Unkrautvernichtungsmittel wie Glyphosat,] manche produzieren ständig
ein Gift gegen bestimmte Schädlinge. Das ermöglicht es Bauern zum Beispiel,
noch mehr Pestizide zu benutzen oder jedes Jahr Mais auf demselben Feld
anzubauen.
Landwirte können auf Gentechniksorten verzichten, wenn sie regelmäßig die
Pflanzenarten auf ihren Feldern wechseln. Denn dann verbreiten sich
Krankheiten und Schädlinge gar nicht erst so schnell. Das erhöht die
Artenvielfalt auf dem Acker und in der Natur, das Wasser wird nicht so
stark durch Chemikalien belastet.
Zugelassene Gentechniksorten stehen in der Regel auch unter Patentschutz.
Patentiertes Saatgut dürfen Züchter nur mit Erlaubnis der
Schutzrechteinhaber weiterentwickeln. Das hemmt den Züchtungsfortschritt.
Am Ende werden Pflanzen nicht schneller, sondern langsamer an die
Klimakrise angepasst. All diese Nachteile haben auch die weitaus meisten
Pflanzen auf dem Markt, die mithilfe neuer [3][Gentechnikmethoden wie
Crispr] verändert worden sind.
## EU-Kommission will Wahlfreiheit aufheben
Deshalb sollte die EU-Kommission ihr aktuelles Vorhaben aufgeben, die
Kennzeichnungspflicht für Lebensmittel mit Pflanzen der neuen Gentechnik zu
streichen. Denn dann könnte sich das Gros der Verbraucher nicht mehr gegen
[4][umweltschädliches „Genfood“] auf ihrem Teller entscheiden. Nicht alle
können sich teurere Bioprodukte leisten, in denen Gentechniksorten verboten
bleiben sollen.
Vor diesem Hintergrund wirkt es unlauter, dass manche Gentechnikbefürworter
jetzt wieder den mehr als 20 Jahren alten Goldenen Reis hervorkramen, um
das Image der Agrogentechnik allgemein zu verbessern. Letztlich benutzen
sie den Reis als trojanisches Pferd, um den Verbrauchern die Wahlfreiheit
zu nehmen. Dem sollte sich auch die Bundesregierung in den Verhandlungen
auf EU-Ebene entgegenstellen.
14 Sep 2024
## LINKS
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## AUTOREN
DIR Jost Maurin
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