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       # taz.de -- Marode Brücken, Klimakrise und kein Geld: Was die Ampel geerbt hat
       
       > Druckstopp bei der taz! Bloß der Bahn keine Vernunft unterstellen! Und
       > das BSW? Ach: Hauptsache, für Thüringen kommt nichts dabei rum!
       
   IMG Bild: Godfather of Fahrerflucht BuPrä Steinmeier (rechts) setzt auf Gemeinwohl und schwallt von „irregulärer Einwanderung“
       
       taz: Herr Küppersbusch, was war schlecht vergangene Woche? 
       
       Friedrich Küppersbusch: [1][Die taz will aufhören, eine Zeitung zu sein.]
       
       Und was wird besser in dieser? 
       
       Küppersbusch: Damit haben viele längst aufgehört, drucken aber weiter.
       
       taz: Aktion Mensch diagnostiziert, dass die Behindertenfeindlichkeit in
       Deutschland vor allem im Netz zunimmt, insbesondere unter jungen Leuten.
       Ist Deutschland inklusionfeindlicher geworden? 
       
       Küppersbusch: In meiner Generation saß in gefühlt jeder Grundschulklasse
       ein „Contergan“-Opfer. Ich meine, wir haben eher gestaunt, als – Kindermund
       tut Mockridge kund – nach Herzenslust verletzt. Sichtbarkeit und Umgang
       heilen und helfen; „Ableismus“ klingt so abstrakt, wie er auch ist:
       Arschlochbenehmen für Leute, die nicht den Mut haben, es einem Betroffenen
       ins Gesicht zu sagen. Sozial behindert halt.
       
       taz: [2][Die Deutsche Bahn verkauft ihr Logistikunternehmen Schenker an das
       dänische Unternehmen DSV]. Was könnte der DB-Strategie „Starke Schiene“
       jetzt noch im Weg stehen?
       
       Küppersbusch: Die Bahn. Die ursprüngliche Idee: Am Güterbahnhof wartet ein
       Schenker-Brummi, der die Fracht über die letzte Meile karrt, und – ätsch! –
       selbst dadran verdient die Bahn noch mit. Davon ist kaum was über, weil die
       Güter Autobahnen verstopfen, just in time, und die Bahn jedes Jahr fettes
       Geld von Schenker kassierte, um ihre eigene Beerdigung aufzuhübschen. Nun
       kann sie gut 14 Mrd. Erlös in ihre 33 Mrd. Schulden stecken und sieht sich
       dafür einem neuen, gigantischen Wettbewerber gegenüber: Schenker fusioniert
       mit dem Käufer DSV, auch ein Logistiker. Das Geld sollte also eher in einen
       wettbewerbsbrutalen Ausbau der Güterbahn gehen. Sollte. Das klingt so
       vernünftig, dass man’s dem aktuellen Management nicht unterstellen will.
       
       taz: Robert Habeck und Steffi Lemke haben ihre Unterstützung für den
       Wiederaufbau der [3][Dresdner Carolabrücke] zugesagt: „Das Land darf nicht
       zerbröseln.“ Klappt das alles so gut wie bei der [4][Wärmepumpe]? 
       
       Küppersbusch: Na ja, hätten die grünen MinisterInnen es bei einem
       herzlichen „Geschieht euch recht, Ihr Klimaspacken“ belassen, wäre
       deutlich mehr Stimmung in der Bude. Kanzler Scholz hatte vorgeschlagen, für
       Klimaschäden noch ein „Sondervermögen“ herbeizutricksen, das ging nicht
       durch. Dass in Deutschland rund 4.000 Brücken ähnlich marode sind, hat die
       Ampel geerbt. Und das Klimaproblem. Und nicht genug Geld für wenigstens
       eins von beidem. Gerade die Grünen stehen im Verdacht, für spinnerten
       Ökokram der Zukunft die Gegenwart abrauchen zu lassen. Da mussten sie jetzt
       mal was sagen.
       
       taz: [5][Frank-Walter Steinmeier] würdigt das Ehrenamt. Das seien Menschen,
       die „nicht meckern, sondern anpacken“. Kommt das vom Richtigen? 
       
       Küppersbusch: „Mutbürger“ ist schon ein schöner Konter Steinmeiers gegen
       das obwaltende Egofieber im Land. Die Auszeichnung von Ehrenamtlern ist
       präsidiales Grundrauschen, Bundespräsidenten wollen doch immer nur das
       eine. Schwer, da Akzente zu setzen. Steinmeier droht eher, als Godfather of
       Fahrerflucht in die Geschichte einzugehen; setzt auf Gemeinwohl und
       schwallt von „irregulärer Einwanderung“; sagt sich von seiner
       Ausgleichspolitik los und disst die „Kaliberexperten“ aus der
       Siegfrieden-Fraktion, war bei Corona auf Linie und streut nun gern
       Nebensätze voller Verständnis für Abweichler. So eine krisensatte Amtszeit
       hatte allerdings kaum ein BuPrä vor ihm; ist halt kein Ehrenamt.
       
       taz: [6][In Thüringen überlegt die CDU, mit dem BSW zusammenzugehen]. Was
       haben wir zu erwarten? 
       
       Küppersbusch: Großes Mikado – und ein glattes Geständnis von der Linken.
       Wenn CDU, BSW und SPD sich zusammenraufen – und nach zusammen raufen klingt
       diese Dreierkiste eh schon –, fehlt ihnen noch eine Stimme zur Wahl eines
       Ministerpräsidenten. Im dritten Wahlgang – vorher holt sich Höcke zweimal
       ein Patt ab – muss also ein Linker bekennen. Sonst könnte die fehlende
       Stimme auch von der AfD gekommen sein und die Wahl damit für einen
       CDU-Kandidaten nicht annehmbar. Natürlich sollte die Linke versuchen, dafür
       offiziell Koalitionspartner zu werden und die Brandmauer zu schreddern,
       natürlich wird die CDU das ablehnen. Während Wahlsieger AfD gern die
       weltweite Migrationskrise verbieten würde, möchte BSW die CDU überreden,
       den Ukrainekrieg zu beenden. Hauptsache, für Thüringen kommt nichts dabei
       rum. Doch: Die Wagenknechte leben – wie auch die AfD – üppig davon, auf der
       Reservebank die spielende Elf niederzudissen. Das BSW als Designerpartei –
       geboren, um Ärger zu machen – steht vor einem Risiko.
       
       taz: Und was macht der RWE? 
       
       Küppersbusch: 307 Minuten kein Tor, das dritte Heimspiel hintereinander
       nicht gewonnen. Ich habe euch nie einen Rosengarten versprochen.
       
       Fragen: Chantalle El Helou
       
       15 Sep 2024
       
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