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       # taz.de -- Demokratische Republik Kongo: Streit um Ruandas Völkermörder
       
       > Die Demokratische Republik Kongo will sechs frühere ruandische
       > Völkermörder aufnehmen, die ihre Strafe abgesessen haben. Ruanda ist
       > empört.
       
   IMG Bild: Innocent Sagahutu bei seinem Prozess vor dem Internationalen Ruandatribunal in Arusha. Er wurde zu 20 Jahren Haft verurteilt
       
       Kampala taz | Wohin [1][mit Völkermördern], die ihre Freiheitsstrafe
       abgesessen haben? Diese Frage stellt sich aktuell im Fall von sechs
       Ruandern, die im Niger festsitzen. Jetzt hat ausgerechnet die Demokratische
       Republik Kongo ihnen Unterschlupf angeboten.
       
       „Spezial-Mandat“ steht auf dem Dokument, das seit Tagen für Wirbel sorgt.
       Darüber ist das Logo des Kabinettschefs des kongolesischen Präsidenten
       abgedruckt. Das Schreiben beginnt mit dem Satz: „Auf Anweisung seiner
       Exzellenz.“
       
       Im Folgenden wird ein gewisser Ali Dicko beauftragt, sechs ruandische Hutu
       von ihrem derzeitigen Aufenthaltsort in Niger in den Kongo zu begleiten, wo
       sie „eine Aufenthaltsgenehmigung erhalten haben“. Darunter sind sechs Namen
       gelistet. Dabei handelt es sich um hochkarätige Täter des Völkermordes in
       Ruanda 1994.
       
       An erster Stelle steht Innocent Sagahutu. Der 62-jährige Armee-Hauptmann
       soll laut dem Urteil des UN-Sondertribunals für Ruanda (ICTR) von 2011 im
       Vorfeld des Völkermordes die Miliz Interahamwe ausgebildet haben. Auf
       seinen Befehl hin wurde am 7. April 1994 Premierministerin Agathe
       Uwilingiyimana ermordet, sowie zehn belgische Soldaten, die jene als
       Leibwächter bewachten.
       
       ## Als Flüchtling in Dänemark
       
       Nach dem [2][Genozid] ließ sich Sagahutu als Flüchtling in Dänemark nieder.
       Die dänischen Behörden wurden erst im Jahr 2000 auf ihn aufmerksam. Sie
       nahmen ihn fest, als er vom Supermarkt nach Hause radelte.
       
       Der ICTR verurteilte ihn 2011 zu 20 Jahren Haft. Die Strafe wurde auf 15
       Jahre reduziert, letztlich kam er 2014 vorzeitig frei. Als er die
       ICTR-Haftanstalt in Arusha verließ, wusste er nicht wohin, denn er besaß
       keinen Pass. 2017 wurde er von tansanischen Grenzbeamten festgenommen, weil
       er versuchte, illegal auszureisen.
       
       Er wurde in ein „Save House“ einquartiert. Darin lebte er gemeinsam mit
       sieben weiteren Ruandern unter Aufsicht der tansanischen Regierung, bis
       sich Ende 2021 Niger anbot, sie aufzunehmen. Sie wurden nach Niger
       ausgeflogen. Später revidierte die nigrische Regierung ihre Entscheidung.
       Doch Tansania verweigerte die Wiederaufnahme. Seitdem sitzen sie fest. Zwei
       von ihnen starben bereits.
       
       Jetzt will ausgerechnet Kongo sie aufnehmen? Kongos Regierung erklärte das
       Dokument als „Fake“. Doch ein „vertrauliches“ Papier des UN-Mechanismus für
       Sondertribunale, der ICTR-Nachfolgeorganisation, verweist klar auf die
       Vereinbarung zwischen Niger und Kongo.
       
       ## Denkbar schlechter Zeitpunkt
       
       Der Zeitpunkt ist denkbar schlecht. Kongo befindet sich mit Ruanda in
       Friedensverhandlungen. Ruandas Forderung: Kongo soll aufhören, ehemalige
       Völkermörder zu unterstützen. Ein Teil der Täter hat sich nach 1994 im
       Kongo verschanzt und dort die [3][Hutu-Miliz FDLR] formiert.
       
       Erst am Wochenende hat Kongos Regierung zugesagt, die FDLR zu
       „neutralisieren“. Dass im selben Atemzug Völkermörder eingeladen werden,
       erzürnt die ruandische Seite. Sie sollten lieber in ihre Heimat
       ausgeliefert werden, so Ruandas Außenminister Olivier Nduhungirehe.
       
       18 Sep 2024
       
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       ## AUTOREN
       
   DIR Simone Schlindwein
       
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