# taz.de -- Union-Absage an Schwarz-Grün: „Ein bisschen Neunziger“
> Minister Habeck kommentiert die vorläufige Absage von CDU-Chef Merz
> gelassen. Andere Grüne wollen eher in die Opposition, als mit ihm
> regieren.
IMG Bild: Robert Habeck bei einer Veranstatlung in Osnabrück „Bürgerdialog der NOZ“ im Rahmen seiner Nordwest-Tour am 18.09.2024
Osnabrück/Steinfurt taz | Am Mittwochabend blickt Robert Habeck auf den
Bundestagswahlkampf. Der Vizekanzler sitzt in Osnabrück in einer Fragerunde
mit Bürger*innen, die Regionalzeitung NOZ hat zur Veranstaltung eingeladen,
und er spricht über die Frage, die seiner Ansicht nach im nächsten Jahr
entscheidend ist: „Will das Land genügend Kraft aufbringen, dass Probleme
gelöst werden? Oder brüllen wir uns nur gegenseitig nieder?“
Auf welcher Seite sich der designierte Kanzlerkandidat sieht, das ist klar:
Die Grünen seien eine „Problemlöserpartei“. Wenn man dieser Perspektive
folgt, stellt sich aber spätestens nach der Wahl noch eine große Frage: Mit
wem will er die Probleme dann denn noch lösen? Noch mal eine Ampel will
keiner. Null Prozent der Befragten nannten sie im „ZDF-Politbarometer“ als
bevorzugte Konstellation, und eine Mehrheit bekommen SPD, Grüne und FDP
wohl eh nicht. Realistisch sind nach derzeitigen Umfragen zwei
Alternativen: Die Union gewinnt die Wahl und kann sich aussuchen, ob sie
mit SPD oder Grünen regiert.
Diese Woche hat erneut gezeigt, wohin die Präferenz bei CDU und CSU geht.
[1][Markus Söder schloss Schwarz-Grün mal wieder aus]. „Die CSU wird das
verhindern“, sagte er. Vor allem aber: Auch laut Friedrich Merz, [2][gerade
als Kanzlerkandidat ausgerufen], geht so eine Koalition „aus heutiger
Sicht“ nicht. Zwar war auch Merz noch nie ein Grünen-Freund und mit seiner
Formulierung lässt er sich zumindest eine Hintertür offen. Aber
zwischenzeitlich hatte er sich für Schwarz-Grün schon offener gezeigt.
Robert Habeck gibt sich gelassen, als er Donnerstag am Rande eines
Unternehmensbesuchs in Nordrhein-Westfalen darauf angesprochen wird. „Habe
ich zur Kenntnis genommen. Scheint mir ein bisschen Neunziger zu sein“,
sagt er. „Ich jedenfalls buhle nicht um irgendwelche Zuneigungen von der
Union.“
## Unentschieden und unbeliebt
Für die Gelassenheit gibt es einerseits Gründe. Weiterhin gibt es aus der
Union ja auch andere Signale. Die Ministerpräsidenten von
Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein, Hendrik Wüst und Daniel
Günther, regieren erfolgreich mit Grünen. In dieser Woche trafen sie sich
zu einer gemeinsamen Kabinettssitzung. „Wir zeigen, dass Schwarz-Grün gut
zusammenarbeiten kann“, sagte Günther. Aktuell sind sie damit nicht
tonangebend in der Union. Was bis zur Bundestagswahl passiert, ist aber
unvorhersehbar.
Andererseits spricht zumindest im Moment auch die öffentliche Meinung gegen
Schwarz-Grün. [3][In einer Allensbach-Umfrage, über die am Donnerstag die
FAZ berichtete,] sprechen sich nur 12 Prozent der Befragten für eine solche
Koalition aus. Unbeliebter sind nur Ampel, Jamaika und Konstellationen mit
dem BSW. Am populärsten wäre mit 29 Prozent Schwarz-Rot.
Stimmungen können sich natürlich wieder drehen. Von allein passiert das
aber selten. Woraus sich eine zusätzliche Wahlkampfaufgabe für die Grünen
ergibt: die Menschen an die letzte Große Koalition und deren Resultate zu
erinnern. Beziehungsweise: eine veränderungsmüde Gesellschaft davon
überzeugen, dass ein Bündnis aus zwei strukturkonservativen Parteien auch
nicht das Wahre ist. Der Habeck-Sprech von der „Problemlöserpartei“ kommt
nicht von ungefähr.
Am Ende könnte es für Schwarz-Grün aber noch ein anderes Hindernis geben.
So satt die Partei 2021 ihre Oppositionsrolle hatte – mittlerweile gibt es
Grüne, die nicht um jeden Preis noch mal regieren wollen. Lieber Opposition
als Merz: Nach all den Kompromissen der letzten Jahre könne das eine Chance
sein, heißt es bei manchen – um wieder zu sich zu finden, sich mit den
eigenen Themen zu profilieren und den Diskurs stärker mitzubestimmen. So,
wie es die Union aktuell ja auch schaffe. Und wie es den Grünen vor der
Ampel ebenfalls kurz gelang.
19 Sep 2024
## LINKS
DIR [1] /Markus-Soeder-und-die-K-Frage/!6034316
DIR [2] /Friedrich-Merz-und-Markus-Soeder/!6034235
DIR [3] https://www.faz.net/aktuell/politik/inland/allensbach-umfrage-die-waehler-setzen-auf-die-union-19992614.html
## AUTOREN
DIR Tobias Schulze
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