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       # taz.de -- Ausstellung „FLINTA* im Graffiti“: Gegen den Malestream
       
       > Graffiti ist eine Kunstform, in der meist männliche Künstler im Fokus
       > stehen. Die Hamburger Ausstellung „Flinta* im Graffitti“ möchte das
       > ändern.
       
   IMG Bild: Oft doppelt unsichtbar: Nicht-Männer in der Graffiti-Szene. Künstlerin Honey Beebs zeigt jedoch ihr Gesicht
       
       Rolltreppe hoch, einmal ums Eck und der Blick bleibt am Riesenfarbklecks
       hängen: Eine deckenhohe mit Graffiti bemalte Wand im Jupiter in Hamburg
       erinnert an eine unbeobachtete Fassade [1][in einer Großstadt]. Davor
       stehen fünf sorgfältig aufgereihte Roll-up-Banner.
       
       Sie holen das Publikum der Ausstellung „Flinta* im Graffiti“ ab, erklären
       ihren Aufbau: Auf jedem der 22 Banner, die in einem Teil des
       [2][Obergeschosses verteilt sind], findet sich ein Kurzportät eine*r
       Sprayer*in. Wer Mr. Die, Bar B, Planke, PMS Crew oder Rosa163 in Action
       sehen und ihre Geschichte hören will, kann das in kurzen Videos, die über
       QR-Codes erreichbar sind.
       
       Auf den nächsten Roll-ups folgt die obligatorische Einführung: Rap,
       Breaking und Graffiti schwappten nach der Hip-Hop-Geburt 1973 bald nach
       Europa. Danach werden die Banner für Kenner*innen spannender: Frauen
       kommen häufig in der Hip-Hop-Geschichte nicht vor. Dabei war der
       Ausgangspunkt dieser Kultur [3][die „Back to School“-Party] einer jungen
       Frau, der damals 15-jährigen [4][Cindy Campbell].
       
       Das ist die These der Ausstellung: Alle Nicht-Männer in der Szene brauchen
       mehr Aufmerksamkeit, mehr Raum. Die Banner sind zwar platzsparend, aber das
       aufwendige, etwa 100 Minuten lange Videomaterial zeigt die meist
       überdimensionale, nicht transportable Kunst. Einige [5][Sprayer*innen]
       malen vor allem an Zügen, andere an freigegebenen Wänden, wieder andere auf
       U-Bahn-Schilder und an Schaufenstern. Eine Reflexion hierüber erfolgt
       nicht. Die Künstler*innen berichten von einer gewissen Freiheit, die sie
       in [6][Graffiti] für sich entdeckt haben – manchmal auf Kosten der Freiheit
       anderer oder einfach auf Kosten anderer.
       
       „Sporttaschenweise haben wir die Dosen da rausgeholt“, erinnert sich
       Jennifer Kauka an die wilden Diebstähle ihrer Clique in den 1980ern. Als
       sie in der fünften Klasse war, verbreitete sich in Hamburg die
       Hip-Hop-Szene. Ziemlich schnell bemerkte sie: Graffiti faszinieren sie
       nicht mit dem Finger auf der Verschlusskappe der Spraydosen, sondern mit
       dem Finger auf dem Kameraauslöser – bis heute arbeitet sie als Fotografin.
       Die Ausstellung zeigt neben ihr als zentraler Akteurin der Szene andere
       Beispiele wie die bekannte französische Künstlerin Lady K.
       
       Das Patriarchat herrscht auch im Underground. Das verdeutlicht die
       Ausstellung: In den Videos berichten viele von unangenehmen, oft
       sexualisierenden Situationen in der Szene, die sie auf ihr Geschlecht
       zurückführen. Geholfen habe, sich mit anderen Personen zu verbünden, die
       auf Solidarität und Unterstützung statt Konkurrenz und Misstrauen setzen.
       Daraus entstand auch die Ausstellung: 2019 schlossen sich einige
       Graffiti-Künstler*innen zum Sisterhood-Kollektiv zusammen, um für mehr
       Sichtbarkeit nicht männlicher Sprayer*innen zu sorgen.
       
       Wer sich bei einem Besuch inspiriert fühlt, kann sich Stift und Zettel
       schnappen und das auf der Flipchart gezeichnete Graffiti-ABC üben, um
       vielleicht bald selbst zu farbklecksen.
       
       7 Sep 2024
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Graffiti-Boom-durch-Corona/!5761519
   DIR [2] https://www.jupiter.hamburg/
   DIR [3] https://rockthebells.com/articles/dj-kool-herc-intervieew
   DIR [4] https://artsandculture.google.com/story/women-who-impacted-hip-hop-over-the-last-five-decades-pt-1/FAXh4AOT7-hwqQ
   DIR [5] /Sprayer/!t5017949
   DIR [6] /Graffiti/!t5017947
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Luisa Gohlke
       
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