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       # taz.de -- +++ Nachrichten im Nahost-Krieg +++: US-Klage gegen Hamas-Chef Sinwar
       
       > Wegen des Massakers vom 7. Oktober geht die US-Justiz gegen Hamas-Chef
       > Sinwar vor. In Israel demonstrieren wieder Tausende für einen Geiseldeal.
       
   IMG Bild: Wird nun auch von den USA angeklagt: Hamas-Chef Jahia al-Sinwar
       
       ## US-Anklage gegen Hamas-Führung
       
       Die US-Regierung geht im Zusammenhang mit dem Massaker am 7. Oktober 2023
       in Israel juristisch gegen den abgetauchten Hamas-Chef Jihia al-Sinwar und
       andere hochrangige Mitglieder der palästinensischen Terrororganisation vor.
       Das US-Justizministerium veröffentlichte am Dienstag (Ortszeit) Unterlagen
       zur Strafverfolgung, die bereits Anfang des Jahres eingereicht und bisher
       unter Verschluss gehalten worden waren.
       
       Nach der Tötung von Hamas-Auslandschef Ismail Hanija Ende Juli in Teheran
       hat die islamistische Hamas Sinwar [1][zu ihrem neuen Anführer ernannt].
       Sein Aufenthaltsort ist unbekannt – es wird vermutet, dass er sich in dem
       [2][weit verzweigten Tunnelsystem] der Organisation unter dem Gazastreifen
       versteckt hält.
       
       Sinwar und den anderen Beschuldigten werden unter anderem Terrorismus,
       Verschwörung zum Mord und Umgehung von Sanktionen vorgeworfen.
       US-Justizminister Merrick Garland sagte in einer von seinem Ministerium
       verbreiteten [3][Videobotschaft], die Anklage richte sich gegen Sinwar und
       andere hochrangige Hamas-Mitglieder, weil sie eine jahrzehntelange Kampagne
       finanziert und geleitet hätten, um amerikanische Bürger zu töten und die
       Sicherheit der USA zu gefährden. „Bei ihren Angriffen in den vergangenen
       drei Jahrzehnten hat die Hamas Tausende Zivilisten ermordet oder verletzt,
       darunter Dutzende amerikanische Bürger.“ Diese Aktionen würden nicht die
       letzten seines Landes gegen die Hamas sein.
       
       „Die von der Hamas am 7. Oktober in Israel begangenen Gräueltaten sind
       nicht hinnehmbar, und das Justizministerium wird nicht ruhen, bis die Hamas
       für ihre Kampagne des Terrors, des Todes und der Zerstörung zur
       Rechenschaft gezogen wird“, wurde Matthew Olsen zitiert, der im
       Justizministerium für die nationale Sicherheit zuständig ist. Das
       Hamas-Massaker, bei dem auch mehr als 40 amerikanische Staatsbürger
       ermordet worden seien, sei nur der jüngste Akt der Grausamkeit, den die
       Hamas verübt habe, hieß es weiter in der Mitteilung.
       
       Der Hamas-Führer gilt als Drahtzieher des Terrorangriffs vom 7. Oktober.
       Damals wurden rund 1.200 Menschen getötet und 250 weitere in den
       Gazastreifen verschleppt. Das beispiellose Massaker löste den Krieg aus:
       Israel begann mit massiven Angriffen im gesamten Küstenstreifen. Seither
       gab es nach palästinensischen Angaben mehr als 40.000 Tote und mehr als
       92.400 Verletzte. (dpa)
       
       ## In Israel demonstrieren Tausende für Waffenstillstand
       
       Am Dienstagabend demonstrierten erneut Tausende Menschen in ganz Israel für
       ein Abkommen, das einen Waffenstillstand in Gaza und eine Freilassung der
       101 dort verbliebenen Geiseln ermöglicht. Auf den Demonstrationen machten
       Angehörigen der Geiseln Regierungschef Netanjahu Vorwürfe. Er habe „wieder
       und wieder ein Abkommen torpediert“, sagte die Tochter einer Geisel laut
       israelischen Medienberichten. Andere Demonstranten trugen Schilder mit der
       Aufschrift, das Blut der Geiseln klebe an den Händen der Regierung.
       
       Der Oppositionspolitiker Benny Gantz kritisierte Netanjahu in einer
       Pressekonferenz. Er warf dem Regierungschef vor, sich immer wieder
       Fortschritten bei den Gesprächen über ein Abkommen zur Freilassung der
       Geiseln entgegengestellt zu haben. Netanjahu konzentriere sich primär auf
       sein politisches Überleben, sagte Gantz bei einer Pressekonferenz am
       Dienstag. Israel sei dazu in der Lage, den sogenannten Philadelphi-Korridor
       zurückzugeben, wenn dies nötig sei. „Philadelphi ist eine operative
       Herausforderung, keine existenzielle Bedrohung“, sagte er. „Wir müssen die
       Geiseln zurückholen, selbst zu einem hohen Preis.“
       
       An der Seite von Gantz befand sich der frühere Militärchef Gadi Eisenkot,
       ein politischer Verbündeter von Gantz. Beide Männer waren im Juni [4][aus
       dem Kriegskabinett zurückgetreten]. Sie warfen Netanjahu vor, den Krieg
       falsch zu führen und sein eigenes politisches Überleben über die Interessen
       des Landes zu stellen. Netanjahus Büro wies die Kritik zurück. „Diejenigen,
       die nicht zum Sieg und zur Rückkehr unserer Geiseln beitragen, sollten sich
       besser nicht einmischen“, hieß es.
       
       Die US-Regierung sieht dennoch weiter Hoffnung auf einen Deal zur
       Freilassung von Geiseln aus den Händen der Hamas und widersprach in der
       Debatte einmal mehr Netanjahu. Eine Einigung sei möglich, „wir glauben,
       dass wir nahe genug dran sind, dass die Lücken eng genug sind, dass es
       geschehen könnte“, sagte der Kommunikationsdirektor des Nationalen
       Sicherheitsrates, John Kirby. US-Präsident Joe Biden sei persönlich
       eingebunden in die Bemühungen.
       
       Mit Blick auf Bidens jüngste Kritik, dass sich Netanjahu nicht ausreichend
       für einen Deal einsetze, sagte Kirby, um eine Vereinbarung zu erreichen,
       brauche es Kompromissbereitschaft und Führungskraft von allen. „Dabei
       möchte ich es belassen.“
       
       Seit Monaten laufen indirekte Verhandlungen zwischen Israel und der Hamas,
       bei denen neben den USA auch Katar und Ägypten vermitteln, um eine
       Waffenruhe und eine Freilassung der Geiseln zu erreichen. Die Gespräche
       scheinen jedoch nicht voranzukommen. (dpa/ap)
       
       ## Dringlichkeitssitzung des Sicherheitsrats
       
       Die Lage in Nahost und die jüngste Tötung von sechs israelischen Geiseln
       stehen an diesem Mittwoch auf der Tagesordnung des Weltsicherheitsrats in
       New York. Der israelische Botschafter Danny Danon hatte in einem Brief
       Beratungen des mächtigsten Gremiums der Vereinten Nationen verlangt. Der
       Sicherheitsrat müsse die „sofortige und bedingungslose“ Freilassung aller
       Geiseln verlangen, schrieb Danon auf X. Auch Ratsmitglied Algerien
       beantragte Diplomaten zufolge mit Blick auf die Lage in Gaza und dem
       Westjordanland eine Sitzung. (dpa)
       
       4 Sep 2024
       
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