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       # taz.de -- Spitzentreffen zur Migration: Kein Mittel gegen Rechtsruck
       
       > Es ist ein Irrglaube, mit Härte in der Asylpolitik die AfD schwächen zu
       > können. Stattdessen gilt es, veränderte Strategien voranzutreiben.
       
   IMG Bild: Nach dem Anschlag in Solingen verhärtet sich die Stimmung gegen die Aufnahme von Menschen in Not
       
       Hört man denen zu, die dieser Tage die politische Debatte beherrschen, ist
       die Welt schön einfach. Egal, ob es um islamistischen Terror geht, um die
       Bedrohung von rechts oder um seit Jahren kaputtgesparte soziale
       Infrastruktur quer durch das Land – schuld sind die Geflüchteten. Und
       entsprechend ist die Welt wieder in Ordnung, wenn man Menschen auf der
       Flucht nur möglichst rigoros den Schutz versagt [1][und jenen, die schon
       hier sind, das Leben zur Hölle macht].
       
       Ein erster Gipfel im Bundesinnenministerium (BMI) mit Vertreter*innen
       von Ampelkoalition, Ländern und Union blieb vorerst ohne konkrete
       Ergebnisse. Es seien „offene und konstruktive Beratungen“ gewesen, heißt es
       aus dem BMI. Man wolle nun Dinge „rechtlich prüfen“. Doch schon vorab war
       die Liste der Schikanen, die nicht nur die Union fordert, lang – und die
       Innenministerin signalisierte „maximale Offenheit für alle Vorschläge“.
       
       So einiges hat die Koalition aus SPD, Grünen und FDP nach dem
       islamistischen Anschlag von Solingen ohnehin schon umgesetzt. Etwa den
       ersten Abschiebeflug nach Afghanistan, seit der frühere
       [2][CSU-Innenminister Horst Seehofer] diese wegen der Sicherheitslage im
       Land 2021 aussetzte. Oder dass es keine Leistungen mehr geben soll für
       Menschen, deren Asylverfahren eigentlich anderswo bearbeitet werden sollen.
       
       [3][Die Union will mehr]: einen Aufnahmestopp für Menschen aus Syrien und
       Afghanistan und Zurückweisungen an der Grenze, ohne den Fall eines Menschen
       überhaupt zu prüfen. Der Deutsche Landkreistag hat noch mehr Ideen, etwa:
       Kein Asylrecht für jene, die sich nicht ausweisen können – Pech für jene,
       die auf der Flucht vor Bomben und Terror ihren Pass verlieren.
       
       Es ist wie ein Rausch: Politiker*innen versuchen, realen Problemen mit
       noch und noch mehr Scheinlösungen zu begegnen. Im August sollte die Härte
       in der Asylpolitik der Bekämpfung von Islamismus dienen. Gleichzeitig
       sollte sie Menschen davon abhalten, [4][in Sachsen und Thüringen die AfD]
       zu wählen. Trotzdem taten genau das über 30 Prozent der Wähler*innen in
       beiden Bundesländern. Es wäre der längst überfällige Moment gewesen, um
       innezuhalten und sich zu fragen: Geht diese Strategie auf? Aber nein, Ampel
       und Union sind sich einig: Der Kurs war bloß noch nicht hart genug.
       
       Weit über 20 Asylrechtsverschärfungen gab es in Deutschland seit 2014.
       Statt rechtsextreme Positionen zu marginalisieren, sind sie so normalisiert
       wie lange nicht mehr. Es ist eine Politik, die den gesellschaftlichen
       Diskurs im Land vergiftet – und Menschenleben gefährdet. Während das Land
       über Menschen aus Afghanistan und Syrien pauschal als Bedrohung für die
       innere Sicherheit spricht, schlagen vier Unbekannte in Sachsen-Anhalt auf
       eine Frau aus Afghanistan ein.
       
       Es sei „wieder Zeit“ für einen Asylkompromiss wie den von 1993, fordert die
       Union. Damals schaffte eine breite politische Mehrheit das Grundrecht auf
       Asyl durch Grundgesetzänderung faktisch ab. Auch damals glaubte man, dem
       Rechtsruck durch Rechtsruck begegnen zu können. Kurz vor der Abstimmung
       tobte und brandschatzte der rassistische Mob vor dem Sonnenblumenhaus in
       Rostock-Lichtenhagen. Kurz nach der Abstimmung wurden fünf türkischstämmige
       Frauen und Mädchen bei einem Brandanschlag ermordet. In Solingen.
       
       4 Sep 2024
       
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