URI: 
       # taz.de -- Strafprozess gegen Donald Trump: Betrug als legitime Amtshandlung?
       
       > Die Immunitätsentscheidung des Obersten Gerichtshofes zeigt Wirkung. Der
       > Sonderermittler passt die Anklageschrift im Wahl-Prozess gegen Trump an.
       
   IMG Bild: Die ehemaligen Anwälte von Donald Trump nach einer Anhörung beim Obersten Gerichtshof am 05.09.2024
       
       Washington taz | Der frühere US-Präsident Donald wird sich für seinen
       Versuch, trotz seiner Wahlniederlage vor vier Jahren die Amtsübergabe an
       Joe Biden zu verhindern, wenn überhaupt erst nach der kommenden Wahl vor
       Gericht verantworten müssen. Dies bestätigte die Vorsitzende Richterin im
       Fall während einer Anhörung im Donnerstag in Washington.
       
       „Wir sprinten hier kaum auf die Ziellinie zu“, sagte die Richterin Tanya
       Chutkan etwas scherzend während der Anhörung. Sie erklärte, dass es
       angesichts der vielen ausstehenden Fragen im Fall „ein sinnloses
       Unterfangen“ wäre, zu diesem Zeitpunkt bereits einen Verhandlungstermin
       festzulegen.
       
       Für Trump und seine Verteidiger ist es ein weiterer kleiner Erfolg in ihrer
       Taktik, die Strafverfahren gegen den Ex-Präsidenten so lange wie möglich
       hinauszuzögern. In den vergangenen Wochen schien in den Rechtsfragen sogar
       so etwas wie Ruhe eingekehrt zu sein. Im Augenblick dominiert vor allem der
       Wahlkampf zwischen Trump und Vizepräsidentin Kamala Harris das Mediale
       geschehen in den USA.
       
       Sonderermittler Jack Smith gibt aber auch über ein Jahr nach der
       offiziellen Anklage gegen Trump im Wahlbetrugsprozess nicht auf. Erst
       vergangene Woche hatte er eine überarbeitete Anklage gegen den 78-Jährigen
       eingereicht. Diese wirft dem Republikaner weiterhin vor, Teil einer
       Verschwörung gewesenen zu sein, die versucht habe, das Ergebnis der US-Wahl
       2020 zu seinen Gunsten zu manipulieren und Auslöser für den Sturm auf das
       Kapitol am 6. Januar 2021 gewesen zu sein.
       
       ## Anklage an die Immunitätsregeln angepasst
       
       Die neue Anklage erhebt dieselben Vorwürfe und Anschuldigungen wie auch
       schon die Originalversion. Doch der Fokus der Anklage wurde geschmälert, um
       die vom US-Supreme Court auferlegten Anforderungen zu erfüllen. [1][Der
       hatte im Juli entschieden, dass Trump für Amtshandlungen als Präsident eine
       weitreichende Immunität vor Strafverfolgung besitze].
       
       Sonderermittler Smith und sein Team sagten in einer Stellungnahme, die neue
       verkleinerte Anklage versuche, „die Auflagen des Supreme Courts zu
       respektieren und umzusetzen“. Die neue Anklage gegen den Ex-Präsidenten
       wurde durch eine Grand Jury bestätigt, die die Anklagepunkte und Beweise
       gegen Trump in diesem Fall zum ersten Mal gesehen und untersucht haben.
       
       In der neuen Anklageschrift fehlt unter Anbetracht der
       Supreme-Court-Entscheidung eine Sektion, die dem Ex-Präsidenten vorwarf,
       seine Weisungsbefugnis gegenüber dem Justizministerium und den nationalen
       Sicherheitsbehörden missbraucht zu haben, um den Amtsantritt des Demokraten
       Joe Biden zu verhindern. Da er als Präsident die Befugnis hatte, das
       Justizministerium für Regierungszwecke zu nutzen, scheint dieser Vorwurf
       unter die Immunität zu fallen.
       
       „Enthielt die erste Anklageschrift noch Dutzende von Verweisen auf das
       Justizministerium und Trumps Kommunikation mit Leuten wie Jeffrey Clark,
       (Anm. d. Red. ein hochrangiger Beamter im Justizministerium, der Trumps
       Lüge einer gestohlenen Wahl unterstützte) wurde all das aus der neuen
       Anklageschrift entfernt.
       
       Jack Smith versucht also, die neue Anklageschrift an die Vorgaben des
       Obersten Gerichtshofs und die Immunität des Präsidenten anzupassen, damit
       der Fall nicht aus diesem Grund abgewiesen werden kann“, sagte der frühere
       Bundesstaatsanwalt Neama Rahmani im Gespräch mit der taz.
       
       ## Wahlkampf als offizielle Amtshandlung?
       
       Die überarbeitete Anklage wurde am 27. August offiziell eingereicht. Die
       Aufgabe des Gerichts ist es nun, zu bestimmen, welche Anklagepunkte unter
       Trumps präsidentielle Immunität fallen und welche nicht. Erst dann könnte
       es zu einer Verhandlung im Fall kommen. Dieser Prozess könnte sich über
       Monate, vielleicht sogar Jahre hinziehen, erklärte Juraprofessor Daniel
       Richman.
       
       Trump selbst reagierte auf die überarbeitete Anklage mit einem Post auf
       Truth Social. Darin bezeichnete er die neue Anklage als einen „Akt der
       Verzweiflung“ und einen „Versuch, eine ‚tote‘ Hexenjagd wiederzubeleben“.
       Er behauptete zudem, dass die neue Anklage „alle Probleme der alten Anklage
       habe und sie daher SOFORT fallengelassen werden sollte“.
       
       Rahmani glaubt, dass trotz der jüngsten Abänderungen noch immer starke
       Argumente in der Anklage vorhanden sind. „Historisch gesehen wurde
       Wahlkampf immer als eine persönliche und nicht als offizielle Handlung
       angesehen. Es geht also jetzt darum zu etablieren, wo genau die Grenze
       zwischen Wahlkampf und offiziellen Handlungen ist“, sagte Rahmani.
       
       Am Ende könnten diese ganzen Bemühungen jedoch völlig umsonst sein. Denn
       sollte Trump die Wahl gewinnen, kann er als Präsident das Justizministerium
       anweisen, die Untersuchungen gegen seine Person einzustellen.
       
       6 Sep 2024
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Oberster-Gerichtshof/!6021265
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Hansjürgen Mai
       
       ## TAGS
       
   DIR US-Wahl 2024
   DIR USA
   DIR Donald Trump
   DIR US-Justiz
   DIR Supreme Court
   DIR Immunität
   DIR GNS
   DIR Donald Trump
   DIR US-Präsidentschaftswahl 2024
   DIR Schwerpunkt USA unter Trump
   DIR Schwerpunkt USA unter Trump
   DIR US-Wahl 2024
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Entscheidung über Urteil vertagt: Trump bleibt verurteilter Verbrecher
       
       Im New Yorker Schweigegeld-Prozess wurde Trump im Mai in allen Punkten
       schuldig gesprochen. Das Strafmaß steht noch aus, nun wurde der Prozess
       vertagt.
       
   DIR US-Präsidentschaftswahl: Dick Cheney unterstützt Demokratin
       
       Nie habe es eine „größere Gefahr“ für die Republik gegeben als Trump, so
       der republikanische Ex-Vizepräsident. Nun folgt er seiner Tochter Liz und
       stellt sich hinter Harris.
       
   DIR Trumps Dokumentenaffäre: Verfahren gegen Trump eingestellt
       
       Eine Bezirksrichterin beendet das Verfahren gegen Trump, bei dem sein
       Umgang mit geheimen Dokumenten beleuchtet werden sollte.
       
   DIR US-Supreme Court zu Straffreiheit: Geschwächtes Immunsystem
       
       Der Oberste Gerichtshof der USA hat Präsident*innen einen Freibrief für
       Verbrechen ausgestellt, sofern es eine Amtshandlung ist.
       
   DIR US-Gerichtshof urteilt zu Trump: Ein gefährlicher Weg
       
       US-Gerichtshof bestätigt Immunität für Amtshandlungen eines Präsidenten.
       Das öffnet Tür und Tor für künftige autoritäre Populisten. Zuallererst
       Trump.