# taz.de -- Wohnungspolitik in Berlin: Mehr Wohnungen für Menschen in Not
> Die Grünen wollen das Geschützte Marktsegment mithilfe privater Vermieter
> ausbauen.
IMG Bild: Eine weitere Forderung ist, dass beim Neubau ein Anteil an Wohnungen für das Geschützte Marktsegment eingeplant wird
Berlin taz | Mietschulden angesammelt, die Räumung oder die Entlassung aus
der Haft stehen kurz bevor: Unter solchen Bedingungen ist es unmöglich,
[1][auf dem Berliner Wohnungsmarkt eine Bleibe zu finden]. Es droht die
Wohnungslosigkeit. Seit 1993 gibt es für solche Fälle mit dem Geschützten
Marktsegment ein Sicherungsnetz, um Menschen in akuten Notsituationen in
einer eigenen Wohnungen unterzubringen.
Doch das Angebot kann den Bedarf bei Weitem nicht decken. Die
Grünen-Fraktion im Abgeordnetenhaus hat am Mittwoch einen Vorschlag
vorgelegt, wie das Geschützte Marktsegment ausgebaut werden soll. Die Zahl
der vorgesehenen Wohnungen soll von 1.350 auf 2.500 erhöht werden. Statt
hauptsächlich Einzimmerwohnungen sollen künftig mehr Wohnungen für Familien
und mobilitätseingeschränkte Menschen angeboten werden.
Erreichen wollen die Grünen den Ausbau zusammen mit privaten Unternehmen.
Dafür soll der Verwaltungsaufwand reduziert sowie eine zehnjährige
Mietgarantie eingeführt werden. Damit soll es für private Vermieter
attraktiver werden, sich am Geschützten Marktsegment zu beteiligen.
Gleichzeitig fordern die Grünen, dass zukünftig auch beim Neubau ein Anteil
an Wohnungen für das Geschützte Marktsegment eingeplant wird. Vereinbart
werden soll das in den städtebaulichen Verträgen, die bei größeren
Bauvorhaben abgeschlossen werden. Die Grünen-Fraktion will den Antrag am
Donnerstag in das Abgeordnetenhaus einbringen.
## Mittlerweile gibt es in Berlin 40.000 Wohnungslose
Durch Kooperationsvereinbarungen mit Wohnungsunternehmen konnten seit 1993
durch das Geschützte Marktsegment über 31.000 Berliner in einer eigenen
Wohnung untergebracht werden. Letztmalig wurde es im Jahr 2000 reformiert.
Dabei wurde das Kontingent unter dem Eindruck eines damals entspannten
Wohnungsmarktes abgesenkt.
1993 seien auf 3.500 Wohnungen im Geschützten Marktsegment noch etwa 5.000
Wohnungslose gekommen, [2][mittlerweile gebe es Berlin etwa 40.000
Wohnungslose], verdeutlicht Knut Beyer von der Mieterberatung Asum die
Schieflage. Der Bedarf nehme zu. „Wir verzeichnen einen starken Zuwachs an
Beratungsbedarfen rund um den drohenden und tatsächlichen Wohnungsverlust“,
sagt Beyer.
Um das Geschützte Marktsegment auszubauen, brauche es eine stärkere
Einbindung der Privaten, ist auch Mario Hilgenfeld vom Verband
Berlin-Brandenburgischer Wohnungsunternehmen (BBU) überzeugt. „Dies
benötigt nicht nur schlanke und digitalisierte Vermittlungsprozesse,
sondern vor allem auch einen wertschätzenden Umgang miteinander.“
Bisher werden die Wohnungen im Geschützten Marktsegment fast ausschließlich
von den landeseigenen Wohnungsunternehmen bereitgestellt. Mit der Übernahme
der privatisierten GSW-Wohnungen 2013 hatte sich die Deutsche Wohnen
eigentlich verpflichtet, einen Beitrag von 230 Wohnungen zu leisten.
Bereitgestellt hat das Unternehmen diese nie. Lediglich 50 Wohnungen seien
realistisch, so ein Unternehmenssprecher zur taz. Als Gründe nennt er „die
geringe Fluktuation auf dem Berliner Mietwohnungsmarkt und nicht geeignete
uns zur Verfügung stehende freie Wohnungen“.
[3][Der Vorschlag, das Geschützte Marktsegment auf 2.500 Wohnungen zu
erweitern, ist nicht neu]. 2022 hatte sich der Senat in seinem
Wohnungsbündnis mit der Immobilienwirtschaft ebenfalls vorgenommen, diese
Zielzahl bis 2024 zu erreichen – zur Hälfte durch den Beitrag der privaten
Bündnispartner. Einen Zuwachs hat es seitdem allerdings nicht gegeben.
25 Sep 2024
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## AUTOREN
DIR Yannic Walther
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