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       # taz.de -- EU-Gelder für Afrika: Milliarden ohne große Wirkung
       
       > 2016 legte die EU einen milliardenschweren Hilfefonds für Afrika auf.
       > Rechnungsprüfer bemängeln nun die Wirklosigkeit der Gelder.
       
   IMG Bild: Eine geflüchtete Person wird per Bus zu einem Abschiebeflug aus der tunesischen Hauptstadt Tunis gebracht
       
       BERLIN taz | Sechs Jahre ist es her, dass die Rechnungsprüfer der EU Kritik
       an einem zentralen Instrument der Zusammenarbeit mit Afrika übten: dem
       milliardenschweren EU-Nothilfefonds für Afrika (EUTF). Doch die 2018 vom
       Europäischen Rechnungshof erhobenen Vorwürfe blieben folgenlos. Am Dienstag
       verschärfte der nun seine Kritik: Die Gelder „für die Bewältigung der
       Migration werden noch immer nach dem Gießkannenprinzip verteilt“, heißt es.
       
       Noch schwerer wiegt, dass „das Risiko von Menschenrechtsverletzungen nicht
       ausreichend berücksichtigt“ werde, so der Rechnungshof. „Wir konnten kaum
       Änderungen bei der zu breit angelegten Ausrichtung des Fonds feststellen“,
       sagte die zuständige Prüferin Bettina Jakobsen am Dienstag in Brüssel.
       
       Beim EU-Nothilfefonds für Afrika handelt es sich um einen 2016 aufgelegten
       Sonderetat. Vor dem Eindruck der Flüchtlingsankünfte im Sommer 2015 sollte
       er erstmals im großen Stil Armutsbekämpfung, Migrationskontrolle und
       Sicherheits-Zusammenarbeit bündeln und dabei in Afrika die „Root Causes“,
       die Wurzeln irregulärer Migration, eindämmen. Nur eine bestimmte Gruppe von
       Ländern, die als Herkunfts- oder Transitregion irregulärer Migration für
       die EU wichtig sind, kann von dem Fonds profitieren. Alle Staaten südlich
       des Äquators etwa sind ausgeschlossen.
       
       Der Fonds läuft 2025 aus. Bis dahin werden rund 5 Milliarden Euro über das
       Instrument ausgegeben worden sein. Es handelt sich im Wesentlichen um
       umgewidmete EU-Gelder für die Entwicklungszusammenarbeit, die unter der
       Prämisse der Migrationskontrolle in neue Projekte flossen. Die Kommission
       behauptet, dass mit Mitteln des EUTF 311.000 Jobs geschaffen wurden und 28
       Millionen Menschen Grundversorgung erhalten hätten.
       
       ## Afrikanische Staaten ohne Mitspracherecht
       
       Tatsächlich sind die Bilanzen zweifelhaft. Alle untersuchten EUTF-Projekte
       „lösten die dringendsten Probleme nicht“, heißt es im Bericht des
       EU-Rechnungshofs. Die Erfolge des EUTF würden „überschätzt“. Es sei nicht
       erkennbar ob sie dazu beigetragen hätten, „die Ursachen von Instabilität,
       irregulärer Migration und Vertreibung zu bekämpfen.“
       
       Schon früh hatten auch afrikanische Regierungsvertreter:innen das
       EU-Instrument kritisiert – unter anderem, weil die afrikanische Seite bis
       heute im EUTF-Steuerungsgremium nur Beobachterstatus, kein Mitspracherecht
       hat.
       
       Der Fonds dient letztlich vor allem dazu, afrikanische Staaten zur
       Zusammenarbeit bei der Migrationskontrolle zu bewegen. Dafür werden
       Entwicklungsgelder als Anreize geboten. Umgekehrt können Mittel bei
       unzureichender Kooperation, etwa bei Abschiebungen, auch entzogen werden.
       Mit der Einrichtung des EUTF begann eine schleichende Prämissenveränderung
       der EU-Außenpolitik. [1][Die Entwicklungszusammenarbeit ist dabei nicht nur
       auf Armutsbekämpfung, sondern zunehmend auf Migrationskontrolle
       ausgerichtet.] Der damalige EU-Kommissionspräsident [2][Jean Claude
       Juncker] sprach von einer „ehrlichen Antwort auf die Wirklichkeiten unserer
       Zeit“.
       
       Bereits 2018 hatten die EU-Rechnungsprüfer in einem ersten Gutachten eine
       stärkere Fokussierung der EUTF-Projektmittel angemahnt. Die Kommission
       ignorierte dies. Entsprechend fällt nun das Gutachten aus.
       Forschungsberichte zur Wirksamkeit des EUTF seien erst veröffentlicht
       worden „nachdem fast alle Mittel bereits zugewiesen worden waren, sodass
       sie sich kaum auf die Projekte auswirken konnten“, so der Rechnungshof.
       
       ## Besondere Kritik an Libyen-Hilfen
       
       Ein besonders kritischer Fall ist Libyen. Bisher flossen über 500 Millionen
       Euro – rund ein Zehntel der EUTF-Mittel – in das nordafrikanische
       Bürgerkriegsland. Menschenrechtsorganisation kritisieren das seit Jahren
       scharf, [3][weil die in Libyen herrschenden Milizen schwerste
       Menschenrechtsverletzungen an Flüchtlingen begehen.] Auch der Rechnungshof
       übt Kritik an den EUTF-Projekten in Libyen. Er habe „eindeutige Hinweise“
       darauf gefunden, dass eine Situationen eingetreten war, die zum Stopp der
       Projekte hätte führen müssen.
       
       Doch die Kommission lasse die Libyen-Projekte weiterlaufen, um „das Leid
       der Migranten zu lindern.“ Allerdings habe die Kommission gar kein
       formelles Verfahren entwickelt, um dem Verdacht auf
       Menschenrechtsverletzungen nachzugehen, so der Rechnungshof. Es gebe „keine
       systematischen Nachweise darüber, dass entsprechende Vorwürfe ausreichend
       geprüft und bei der Entscheidung über die Fortführung oder Aussetzung der
       EU-Finanzierung berücksichtigt“ wurden.
       
       25 Sep 2024
       
       ## LINKS
       
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       ## AUTOREN
       
   DIR Christian Jakob
       
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