# taz.de -- Zinspolitik der EZB: Der Schaden ist enorm
> Die EZB hat ihre Leitzinsen gesenkt, mit 3,5 Prozent bleiben sie aber
> hoch. Was einst gegen die Inflation notwendig war, spielt nun den
> Populisten in die Hände.
IMG Bild: Christine Lagarde, Präsidentin der Europäischen Zentralbank (EZB), spricht auf der Pressekonferenz nach der Ratssitzung der EZB
Der Schritt war überfällig und daher auch allgemein erwartet worden: Die
Europäische Zentralbank (EZB) hat am Donnerstag ihre Leitzinsen um 0,25
Prozentpunkte gesenkt. Der relevante Einlagenzins liegt jetzt bei 3,5
Prozent. Weitere Zinssenkungen werden wahrscheinlich in den kommenden
Monaten folgen.
Die EZB musste ihre Zinsen senken, weil die europäische Wirtschaft
schwächelt. Im zweiten Quartal ist die Eurozone im Vergleich zum ersten nur
um 0,2 Prozent gewachsen, und die deutsche Wirtschaft schrumpfte sogar – um
minus 0,1 Prozent.
Auch gab es keinen Grund für die Zentralbank, weiter gegen die
Geldentwertung anzukämpfen. Denn die Inflation ist stark zurückgegangen. Im
Oktober 2022 wurden noch sensationelle 10,6 Prozent gemessen, jetzt sind es
seit Monaten [1][nur noch 2,4 bis 2,6 Prozent].
Es ist übrigens kein Zufall, dass die europäische Wirtschaft schwächelt.
Genau das wollte die EZB erreichen, weil sich eine Inflation nur indirekt
bekämpfen lässt – indem man die Wirtschaft abwürgt. Wenn die Leitzinsen
steigen und Kredite teuer werden, wird kaum noch investiert. Stellen fallen
weg, und die Nachfrage geht zurück. In den Fabriken entstehen
Überkapazitäten, sodass irgendwann auch die Preise nachgeben.
[2][Die Inflation] ist besiegt, aber die politischen Folgen sind immens:
Die schwächelnde Wirtschaft drückt auf die Stimmung – und begünstigt die
Populisten.
Dieses Phänomen ist nicht nur in Deutschland zu beobachten, wo AfD und BSW
immer neue Rekorde feiern. Auch in den USA liegen die Leitzinsen immer noch
bei bis zu 5,5 Prozent und damit sehr hoch. Viele WechselwählerInnen
glauben daher, dass Präsident Biden keine Ahnung von Wirtschaft hätte. Also
sind sie geneigt, ihre Stimme Ex-Präsident Trump zu geben – obwohl der am
liebsten faktenbefreit darüber schwadroniert, dass Einwanderer die Katzen
ihrer Nachbarn essen würden.
## Energiepreise sinken
Die weltweite Inflation wurde vor allem durch den Ukrainekrieg ausgelöst,
der Öl- und Gaspreise in die Höhe schnellen ließ. 2022 kostete ein Barrel
Öl (159 Liter) rund 100 Dollar, jetzt sind es nur noch knapp 83 Dollar. Da
die Energiepreise fallen, geht auch die Geldentwertung überall zurück.
Nicht nur die EZB senkt langsam ihre Leitzinsen, auch die
[3][US-Zentralbank Fed] hat angekündigt, dass sie Kredite demnächst
verbilligen wird.
Hohe Inflationsraten lassen sich nicht ignorieren. Aber der Schaden der
[4][drakonischen Zinspolitik] ist enorm: In den USA könnte Trump siegen –
und auch in Deutschland sind die Populisten auf dem Vormarsch.
13 Sep 2024
## LINKS
DIR [1] /Inflationszahlen-fuer-August/!6033389
DIR [2] /Inflation-und-Gierflation/!6019756
DIR [3] /US-Notenbank-vor-der-Zinswende/!6028557
DIR [4] /Rezepte-gegen-Konjunkturflaute/!6032521
## AUTOREN
DIR Ulrike Herrmann
## TAGS
DIR EZB
DIR Inflation
DIR Konjunktur
DIR Leitzins
DIR Populismus
DIR Social-Auswahl
DIR Schwerpunkt USA unter Trump
DIR Konjunktur
DIR Inflation
DIR Inflation
DIR Volkswirtschaft
DIR Wirtschaft
DIR Bauwirtschaft
DIR Ursula von der Leyen
DIR Wirtschaft
DIR Inflation
## ARTIKEL ZUM THEMA
DIR Wegen US-Präsident Trump: EZB zweifelt an US-Notenbank
Bleibt die Fed unter Trump unabhängig? Die Europäer wollen es nicht darauf
ankommen lassen – und beraten über ein Ende von deren Antikrisenprogramm.
DIR Europäische Wirtschaft: EZB senkt Leitzinsen um weitere 0,25 Prozentpunkte
Es ist die dritte Zinssenkung der Währungshüter seit Juni: Sie wollen
Europas Wirtschaft ankurbeln. Die meisten Experten finden das gut.
DIR Inflation sinkt weiter: Gut für alle außer der AfD
Die Inflation ist wieder so niedrig wie weit vor dem Ukrainekrieg. Das
schadet der AfD – Verbraucher, Wirtschaft und Ampelkoalition profitieren.
DIR Teuerung unter Vorkrisenniveau: Inflation, aber normal
Im September sank die Geldentwertung auf 1,6 Prozent – so niedrig wie vor
Beginn der Teuerungswelle. Energie verbilligte sich sogar gegenüber August.
DIR Wirtschaftsprognosen für Deutschland: Nur langsame Erholung erwartet
Erst leichter Rückgang, dann leichtes Wachstum – so blicken
Wirtschaftsinstitute auf die nächsten Monate. Ein Grund: geopolitische
Unsicherheit.
DIR Prognostizierte Wirtschaftsschwäche: Populismus macht ärmer
Die Wirtschaft geht zurück, prophezeien Forschungsinstitute. Das liegt vor
allem an extremen Parteien.
DIR Wohnungsnot in Deutschland: Kaum noch Baugenehmigungen
Selbst ein WG-Zimmer kostet in Deutschland im Schnitt mittlerweile 489 Euro
im Monat. Derweil gerät die Bauwirtschaft immer tiefer in die Krise.
DIR Streit um neue EU-Kommission: Von der Leyen droht Fehlstart
Das Team der EU-Kommissionschefin kommt nicht in Gang und reibt sich an
Genderbalance und Aufgabenzuschnitten auf. Auch die Sozialdemokraten
meckern.
DIR Rezepte gegen Konjunkturflaute: Mario Draghi will EU-Marshallplan
Laut Ex-EZB-Chef Draghi steht es schlecht um die EU-Industrie. Doch seine
Ideen für mehr Wettbewerbsfähigkeit kommen nicht bei allen gut an.
DIR Inflation und Gierflation: Und der Staat unternimmt nichts
Ja, die Regierung kann nichts tun gegen die Ursachen teuren Olivenöls. Aber
sie hätte die Mittel, die Inflation ingesamt besser zu bekämpfen.