URI: 
       # taz.de -- Landtagswahlkampf in Brandenburg: Fünf Männer beim Monopoly
       
       > Ohne AfD und BSW: Bei einem Treffen der Spitzenkandidaten in Potsdam geht
       > es entspannt zu.
       
   IMG Bild: Am 22. September ist Stimmabgabe: Der Wahlkampf in Brandenburg ist in der entscheidenen Phase, die im Sport „crunch time“ heißt
       
       Potsdam taz | Ein paar Sonnenstrahlen tauchen das Ufer der Havel in Potsdam
       in spätsommerliche Wärme. Vor einem einstöckigen Veranstaltungszentrum
       halten fünf Männer nach einem zuvor verregneten Montag sichtlich gern ihre
       Gesichter noch mal kurz in die Sonne, bevor es reingeht. Die
       Spitzenkandidaten [1][zur Landtagswahl am 22. September] sind einer
       Einladung des Deutschen Gewerkschaftsbunds gefolgt, die Atmosphäre ist
       entspannt. Man scherzt, fasst sich an die Schulter. Was einen Grund hat:
       Der AfD-Spitzenmann ist nicht dabei. „Wir Gewerkschafter laden nicht die
       AfD ein“, heißt es vom DGB.
       
       Es gibt Wahlexperten, die einem versichern, dass es generell die letzten
       beiden Wochen vor der Wahl sind, die über deren Ausgang entscheiden. Viele
       seien noch unentschieden. Crunch-Time nennt man diese Phase vor allem im
       Basketball.
       
       Gemessen daran geht es entspannt zu, als die fünf Männer von SPD, CDU,
       Grünen, Linkspartei und Freien Wählern vor gut 120 Zuhörern sitzen – auch
       das BSW fehlt, weil sich der DGB auf die bisher im Landtag vertretenen
       Parteien (minus AfD) beschränkt. Die Gewerkschaft hat sich einen besonderen
       Ablauf ausgedacht. Irgendwann habe man die Nase voll von den immergleichen
       Podiumsdiskussionen. Stattdessen bewegen sich die fünf mit Figuren auf
       einer Art Monopoly-Spielfeld. Die jeweiligen Felder stellen zwar nichts
       anderes als die Fragen dar, die auch andernorts auftauchen – aber das
       Würfeln und Figuren-Weiterschieben gefällt sichtlich auch den Politikern.
       
       Gewerkschaftsthemen stehen beim DGB naturgemäß im Mittelpunkt, von
       Tarifbindung über Betriebsräte bis hin zu einer Ausbildungsplatzabgabe.
       Großen Rückhalt hat hier die Linke mit Sebastian Walter – er war vor seiner
       Zeit als Fraktionschef im Landtag selbst DGB-Funktionär. Anders als Walter
       mag sich Péter Vida von den Freien Wählern nicht auf eine komplette
       Tarifbindung festlegen, folglich geht er mehrfach ohne Applaus aus.
       
       ## Grüner Applaus für CDU
       
       Auch ohne ihren Spitzenkandidaten Christoph Berndt ist die AfD im Saal
       gegenwärtig. Der hatte am Sonntagabend eine solche Gesprächsrunde abrupt
       verlassen, weil er aus seiner Sicht zu wenig zu Wort kam. „Alle zusammen
       gegen den Faschismus“, fordert Sebastian Walter am Tag danach. Und
       tatsächlich herrscht in dieser Hinsicht große Einigkeit. Benjamin Raschke
       von den Grünen etwa – in den vergangenen Jahren in der Kenia-Koalition oft
       im Clinch mit den Christdemokraten – beklatscht klare Worte seines
       CDU-Kollegen gegen Extremisten.
       
       Raschke hatte am Nachmittag noch eine Wahlkampfaktion im Potsdamer Zentrum
       in seinem Programm stehen – mit jener Frau, die angesichts der schwachen
       grünen Umfragewerte von entscheidender Bedeutung den Wiedereinzug der
       Partei in den Landtag sein könnte: Marie Schäffer hat 2019 als erste und
       bisher einzige Grüne in Brandenburg einen Wahlkreis gewonnen. Klappt das
       wieder, gilt [2][dank einer Besonderheit des Landeswahlrechts] die
       5-Prozent-Hürde nicht – die Grünen wären auch mit weniger im Landtag
       vertreten.
       
       Keine Rolle spielt an diesem Abend beim DGB die Zukunft von
       SPD-Spitzenkandidat Dietmar Woidke, der nur dann weiter Ministerpräsident
       bleiben will, [3][wenn seine Partei vor der AfD liegt]. Die
       DGB-Moderatorinnen fragen nicht danach, die Konkurrenz mag auch nicht in
       diese Richtung sticheln. Und Woidke selbst sagt von sich auch nichts dazu.
       
       Insgesamt wirkte die Runde dann doch weniger wie ein Crunch-Time als eine
       Auszeit, bevor es in den entscheidenden Schlagabtausch der nächsten Tage
       geht. Man solle gut auf seine Entscheidung am 22. September aufpassen,
       mahnt DGB-Landeschefin Katja Karger – es werde die Welt verändern, wenn die
       AfD dann vorn liege. Konkret gilt das für einen Mann mit
       Migrationshintergrund, der in einer abschließenden Fragerunde zu Wort
       kommt: Er kündigt an, bei einem AfD-Wahlsieg nicht in Brandenburg zu
       bleiben.
       
       10 Sep 2024
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://wahlen.brandenburg.de/wahlen/de/landtagswahl/aktuelle-informationen/
   DIR [2] /Brandenburg-Wahl-und-die-Gruenen/!6020421
   DIR [3] https://www.wahlrecht.de/umfragen/landtage/brandenburg.htm
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Stefan Alberti
       
       ## TAGS
       
   DIR Landtagswahl Brandenburg
   DIR DGB
   DIR Kenia-Koalition
   DIR Flüchtlinge
   DIR Abgeordnetenhaus
   DIR Die Grünen Brandenburg
   DIR Wahlen in Ostdeutschland 2024
   DIR Dietmar Woidke
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Brandenburger Flüchtlingsrat: „Symbolpolitik statt Problemlösung“
       
       Die Migrations- und Flüchtlingspolitik in Brandenburg sei getrieben von
       populistischem Aktivismus, sagt Vincent da Silva vom Flüchtlingsrat.
       
   DIR Erste Sitzung nach der Sommerpause: Altes Parlament, neue Atmosphäre
       
       Das Abgeordnetenhaus kommt erstmals seit 69 Tagen wieder zusammen.
       Milliardenkürzungen und einen drohenden AfD-Wahlsieg kann niemand mehr
       ausblenden.
       
   DIR Landtagswahl in Brandenburg: Grüne ergreifen Flucht nach vorn
       
       Am 22. September müssen die Grünen um den Einzug in den Landtag bangen. Vor
       allem der Wahlkampf von Dietmar Woidke (SPD) macht ihnen zu schaffen.
       
   DIR Vorschau auf die nächsten Landtagswahlen: Brandenburg kann es besser
       
       Die Chancen für Ministerpräsident Woidke steigen nun und die AfD hat einen
       schwereren Stand: 5 Thesen nach den Wahlen für Brandenburg.
       
   DIR Wahlkampf in Brandenburg: Woidke geht ins Risiko
       
       Die Brandenburger SPD setzt ganz auf ihren Spitzenkandidaten. Wenn die SPD
       nicht vor AfD und CDU liegt, ist Dietmar Woidke weg. Wer könnte ihm folgen?