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       # taz.de -- Nach Überraschungsrücktritt: Neue Außenministerin in Schweden
       
       > Das schwedische Außenamt wird mit Maria Malmer Stenergard neu besetzt.
       > Warum Tobias Billström zuvor zurückgetreten ist, bleibt unklar.
       
   IMG Bild: Schwedens neue Außenministerin Maria Malmer Stenergard und ihr Premier Ulf Kristersson am Dienstag bei einer Pressekonferenz
       
       Västernorrland taz | Es waren nicht die blumigen Zukunftsversprechen, auf
       die man in Schweden gespannt gewartet hatte, sondern nur ein paar Worte im
       Anschluss an Ulf Kristerssons Regierungserklärung: „Außenministerin wird
       Maria Malmer Stenergard“, verkündete dieser am Dienstagnachmittag. Der
       Ministerpräsident der liberalen Moderaten musste den Posten neu besetzen,
       nachdem Tobias Billström vergangene Woche völlig überraschend seinen
       Rücktritt erklärt hatte. Die neue Sitzungsperiode des Reichstags wurde dann
       mit mehreren Umbesetzungen in der Regierung eröffnet.
       
       Dass Malmer Stenergard (wie Billström ebenfalls Moderate) das
       Außenministerium übernimmt, war anders als die plötzliche Vakanz des
       Postens nun nicht die größte Überraschung. Die 43-jährige Juristin war
       bereits als mögliche Kandidatin gehandelt worden. Bis jetzt war sie
       Migrationsministerin in der konservativen, von den rechtsextremen
       Schwedendemokraten unterstützten Regierung. Wenige Stunden vor ihrem
       Wechsel ins Außenministerium erklärte sie auf Instagram erneut, warum
       Menschen, die Asyl beantragen, auch in Schweden künftig in zentralen
       Unterkünften unterkommen sollen, bis über ihren Antrag entschieden ist.
       
       Ihren nächsten öffentlichen Auftritt absolvierte sie dann als
       Außenministerin: „Schweden befindet sich in [1][der schwierigsten
       sicherheitspolitischen Lage] seit dem Zweiten Weltkrieg“, sagte Malmer
       Stenergard auf einer Pressekonferenz. Dank „harter Arbeit“ ihres Vorgängers
       und des Premierministers, [2][die Schweden zusammen in die Nato gebracht
       hätten], sei das Land nun sicherer und die Nato stärker. Nun werde Schweden
       an der Neugestaltung des Bündnisses im Norden mitarbeiten. Die
       Zusammenarbeit in der EU sei zudem wichtiger als früher, und die
       Unterstützung für die Ukraine – gerade erst hatte die Regierung ein neues
       Hilfspaket angekündigt – bleibe die wichtigste außenpolitische Aufgabe
       dieser Zeit, betonte Schwedens neue Außenministerin.
       
       Auf ihrem alten Posten hatte sie von Beginn an davon gesprochen,
       „migrationsbezogene Gesellschaftsprobleme“ mit einem „Paradigmenwechsel“
       lösen zu wollen. Als eines der größten Probleme in Schweden gilt [3][die
       organisierte Kriminalität]. Konflikte unter Banden aus unterschiedlichen
       migrantischen Gruppen führten zu einer nie gekannten Gewaltspirale.
       Unverblümt koppelte die Migrationsministerin die gesamte bisherige
       schwedische Einwanderungspolitik an dieses Problem. Die regierenden
       Moderaten nennen es ihren Wählerauftrag, „Ordnung in die Migrationspolitik
       zu bringen“.
       
       ## International gut vernetzt
       
       Darauf bezog sich auch das Lob, das Kristersson seiner neuen
       Außenministerin mit auf den Weg gab: Malmer Stenergard sei harte
       Verhandlungen gewöhnt, sagte er. Sie habe etwa eine „zentrale Rolle beim
       Aushandeln des neuen EU-Asylpakts“ gespielt. Außerdem sei sie international
       sehr gut vernetzt.
       
       Neuer Migrationsminister wird nun ein weiterer Moderater: Johan Forssell.
       Bislang war er Entwicklungshilfe- und Außenhandelsminister. Er soll den
       Regierungskurs fortsetzen, die Zahl der ankommenden Asylbewerber zu
       reduzieren und gleichzeitig mehr „hochqualifizierte Arbeitskräfte“ ins Land
       zu locken.
       
       Der Rücktritt von Tobias Billström hatte das politische Schweden vergangene
       Woche kalt erwischt. Mehrere Regierungsmitglieder und hochrangige
       Mitglieder seiner Partei reagierten „sehr überrascht“ bis „geschockt“, wie
       die Zeitung Dagens Nyheter unter Berufung auf Parteiquellen berichtete.
       Billström gilt als sehr überlegt und strategisch vorgehender Politiker. Der
       plötzliche Abgang passte nicht ins Bild. Bis jetzt spekuliert man über die
       Gründe, wobei unter anderem Spannungen mit Premierminister Ulf Kristersson
       vermutet wurden. Dies wies Billström zurück.
       
       Er legte nicht nur den Ministerposten nieder, sondern auch sein
       Reichstagsmandat. Unter anderem sagte er, im Alter von 50 wäre es an der
       Zeit zu überlegen, was er mit dem Rest seines Berufslebens anfangen wolle.
       Alles deutet auf Ambitionen in der freien Wirtschaft hin. Das erstaunte
       Beobachter in Schweden weniger als das Timing – mitten in der vierjährigen
       Legislaturperiode.
       
       ## Hartelius wird höchster Beamter
       
       Seine Nachfolgerin Malmer Stenergard machte nun auch eine weitere
       Personalie öffentlich, um die es Billström-Gerüchte gab: Der Diplomat Dag
       Hartelius, unter anderem früherer Botschafter Schwedens in Polen, Ungarn
       und Estland, wird Kabinettssekretär und damit der höchste Beamte im
       schwedischen Außenministerium.
       
       Der Posten wurde frei, da der bisherige außenpolitische Chef-Beamte Jan
       Knutsson als Nato-Botschafter nach Brüssel geht. Unter den Spekulationen zu
       Billströms Rücktrittsgründen war auch die, dass er nicht selbst den
       Nachfolger Knutssons habe wählen dürfen. Der Eben-noch-Außenminister wies
       dies allerdings als „sehr merkwürdige Behauptung“ zurück.
       
       11 Sep 2024
       
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